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CNL 2020, 2
 

Compliance-Erleichterung durch die EU-Crowdfunding-Lizenz

Künftig soll Crowdfunding für Unternehmen auf Basis eines einzigen Zulassungsverfahrens für Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister unionsweit vermittelt werden können. Am 20. Oktober 2020 wurde die „European Crowdfunding Service Provider“-Verordnung (ECSP-VO) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Spätestens ab dem 10. November 2021 gilt sie in allen Mitgliedstaaten.

Abbildung 1

Crowdfunding: Eine Lizenz als EU-Schwarmfinanzierungsdienstleister soll dem Flickenteppich uneinheitlicher nationaler Regulierungs- und Compliance-Vorschriften entgegenwirken.

Crowdfunding mit unionsweiter Anlegerbasis ohne sich mit einem Flickenteppich uneinheitlicher nationaler Regulierungs- und Compliance-Vorschriften zu beschäftigen, das ist ein Ziel der neuen Verordnung, beschreiben Dr. Thorsten Kuthe und Meike Dresler-Lenz, Rechtsanwälte bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Köln (siehe auch den ausführlichen Beitrag der beiden Autoren, der am 25. November 2020 im Compliance-Berater erscheint).

In den einzelnen EU-Ländern bisher erlaubte Formen des Crowdfundings sollen zwar weiterhin auf Basis des nationalen Rechts zulässig sein – allerdings nur, soweit sie nicht in den Anwendungsbereich der ECSP-VO fallen. Sonst ist ab dem 10. November 2022 zwingend eine ECSP-Lizenz erforderlich, auch wenn der betroffene Schwarmfinanzierungsdienstleister nicht in anderen EU-Ländern aktiv wird.

Keine Geltung hat die neue Lizenz für die Vermittlung von Verbraucherdarlehen. Die ECSP-VO soll ausschließlich die Finanzierung von Unternehmen erleichtern.

Außerdem gilt die ECSP-VO nur für Schwarmfinanzierungsangebote mit einem Gegenwert bis zu 5 Mio. EUR pro kapitalsuchendem Projektträger, kalkuliert über einen Zeitraum von 12 Monaten – dabei sind unterschiedliche Angebote über verschiedene Plattformen zu addieren und es sind auch prospektfreie Angebote von Wertpapieren nach § 3 Nr. 2 Wertpapierprospektgesetz hinzuzurechnen. Was über den Schwellenwert hinaus geht, soll weiterhin den bisher geltenden Regulierungsvorschriften unterliegen.

Im Kern betreffe die neue Verordnung zwar die eigentliche Vermittlungstätigkeit von Crowdlending- und Crowdinvesting-Plattformen, erläutern Kuthe und Dresler-Lenz, in der Praxis hätten die entsprechenden Plattform-Anbieter jedoch bereits diverse Nebendienstleistungen entwickelt, um sich von Wettbewerbern abzugrenzen und das Konzept Schwarmfinanzierung für die Anleger attraktiver zu machen. Hierzu regle die Verordnung, welche sonst möglicherweise erlaubnispflichtigen Zusatzleistungen von der neuen Lizenz miterfasst sind. Demnach können Schwarmfinanzierungsdienstleister

– eine individuelle Verwaltung des Kreditportfolios anbieten,

– ein Forum betreiben und zulassen, das ihren Kunden darauf ihr Interesse am Kauf und Verkauf von Krediten, übertragbaren Wertpapieren oder sonstigen für Schwarmfinanzierungszwecke zugelassenen Instrumenten, die ursprünglich auf ihren Plattformen angeboten wurden, bekundet. Ein solches Forum darf aber keine Möglichkeit anbieten, unmittelbar über die Plattform verbindliche Verträge abzuschließen.

Eine Lizenz als EU-Schwarmfinanzierungsdienstleister ist bei der zuständigen Behörde des Sitz-Mitgliedstaats zu beantragen, in Deutschland also bei der BaFin. Art. 12 Abs. 2 und 3 sowie Art. 18 ECSP-VO enthalten eine umfangreiche Liste der mit dem Antrag einzureichenden Angaben und Nachweise.

Art. 1 Abs. 3 ECSP-VO regelt flankierend, dass bei der Schwarmfinanzierung auf Basis der ECSP-VO weder Projektträger noch Anleger eine Zulassung als Kreditinstitut oder sonstige individuelle Zulassung, Ausnahme oder Befreiung benötigen. Das nationale Recht ist entsprechend anzupassen. In Deutschland werden dann die Beschränkung auf die Vermittlung qualifiziert nachrangiger Kredite und die Zwischenschaltung von Banken, die bisher verhindern, dass die Projektträger erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft und/oder gewerbsmäßig tätige Anleger erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft betreiben, für die Tätigkeit im Rahmen einer ECSP-Lizenz überflüssig, so Kuthe und Dresler-Lenz.

chk

Crowdfunding

oder zu Deutsch „Schwarmfinanzierung“ bedeutet, dass viele Geldgeber kleine Beträge beisteuern, um den Kapitalbedarf für ein Unternehmen oder Projekt zu decken. Dabei vermitteln heutzutage Betreiber entsprechender Internet-Dienstleistungsplattformen („Schwarmfinanzierungsdienstleister“) zwischen Kapitalsuchendem („Projektträger“) und Geldgebern („Anlegern“). Plattformen, die Fremdkapital, insbesondere Kredite, an Privatpersonen oder Unternehmen („Crowdlending“), Eigenkapital oder zumindest Mezzanine-Kapital (d.h. Investitionen gegen Gewinnbeteiligung), insbesondere in Gestalt von Unternehmensanteilen, stillen Beteiligungen oder Genussscheinen an Unternehmen vermitteln („Crowdinvesting“) benötigen in Deutschland und anderen Ländern eine – je nach Land und angebotenen Investitionstrukturen unterschiedlich ausgestaltete – Erlaubnis. Für diese Crowdlending- und Crowdinvesting-Plattformen führt die Verordnung über European Crowdfunding Service Provider („ECSP-VO“) nun eine europaweit gültige neue Lizenz ein.

CNL 2020 S. 2 (3)

Abbildung 2

 
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