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CNL 2020, 2
 

Die Wechselwirkung zwischen Compliance und Integrität

„Compliance kann nur aus einer interdisziplinären Sicht richtig adressiert werden“, ist Prof. Dr. Martin R. Schulz sicher. Dabei seien vor allem die Rechtswissenschaften und Wirtschaftswissenschaften wichtige Disziplinen, um Beiträge für Aufbau und Implementierung von Compliance im Unternehmen zu leisten. Für den Erfolg des Compliance-Managements sei vor allem die nachhaltige Entwicklung einer eigenen Compliance- und Integritätskultur ein zentraler Faktor.

Abbildung 1

„Es bedarf eines Wertebezugs als Kompass für Compliance“, ist Prof. Dr. Martin R. Schulz überzeugt.

„Ein integrierter Ansatz von Compliance- und Integritätsmansagement verspricht deutlich mehr Erfolg als ein rein regel- und kontrollbasierter Ansatz“, hob Prof. Dr. Martin R. Schulz in seinem Vortrag zur Online-Tagung CIL Symposium 2020 „Compliance- und Integritätsmanagement“ der German Graduate School of Management and Law, Heilbronn, am 27. November 2020 hervor.

Nicht umsonst adressiere die Präambel des Deutschen Corporate Governance Kodex neben der Legalität auch ethisch fundiertes, eigenverantwortliches Verhalten. Zwar sei diese Formulierung in der Präambel mit der Nennung des Leitbilds des Ehrbaren Kaufmanns nicht unumstritten, aber die Integrität als wichtiger Bestandteil von Compliance-Management stehe außer Frage.

„Es geht hier auch um das Management von Reputationsrisiken“, verdeutlichte Schulz. Dies könne beispielsweise bei der Steuergestaltung relevant werden: Auch wenn maximale Steueroptimierung legal sein möge, könnten der Realisierung im Einzelfall Aspekte des Reputations- und Imageschutzes entgegenstehen. Den Zusammenhang zwischen den Legalitätserfordernissen einerseits und Legitimitätsanforderungen der Stakeholder andererseits, zeige unter anderem auch die aktuelle Diskussion um ein Gesetz für „Compliance in der Lieferkette“ zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen. Für ein effektives Compliance-Management verspreche die Fundierung durch ein Werte- und Integritätsmanagement eine höhere Erfolgsaussicht als rein regelbasierte Ansätze.

Gerade die Effektivität von Compliance-Maßnahmen sei – auch mit Blick auf das geplante „Verbandssanktionengesetz“ – entscheidend. Der derzeitige Regierungsentwurf sieht u.a. Sanktionsmilderungen bei funktionierenden Compliance-Maßnahmen vor. Die entscheidende Frage sei darum: Sind die Compliance-Maßnahmen wirklich wirksam? „Ein reiner Papiertiger und Lippenbekenntnisse reichen nicht“, stattdessen sei ein „lebendes System“ wichtig, erklärt Schulz: „Es kann nicht jeder Regelverstoß verhindert werden, aber wichtig ist, Compliance ernsthaft zu betreiben, auf Compliance-Fälle umgehend zu reagieren sowie das System kontinuierlich anzupassen und fortzuentwickeln. Das wird von Rechtsprechung und Gesetzgebung honoriert.“

Compliance Management im Unternehmen

(2. aktualisierte und erweiterte Auflage) Prof. Dr. Martin R. Schulz ist Herausgeber des Handbuchs „Compliance Management im Unternehmen – Erfolgsfaktoren und praktische Umsetzung“. Die in Kürze erscheinende Neuauflage greift aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Rechtswissenschaft auf und zeigt am Beispiel zentraler Compliance-Fragen, wie ein erfolgreiches Compliance-Management gelingen kann.

Der Titel beinhaltet:

  • Vorstellung eines ganzheitlichen strategischen Ansatzes

  • Integration zentraler Management-Aspekte

  • Erweiterungen u.a. zu Geldwäscheprävention, Selbstreinigung im Vergaberecht sowie dem geplanten Verbandssanktionengesetz

  • Zahlreiche Erfahrungswerte, Anwendungsbeispiele sowie Gestaltungsempfehlungen aus der Praxis

  • Besondere Kombination von Autoren aus den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften mit erfahrenen Rechtsanwälten, Unternehmensjuristen und Compliance Officers

  • Zahlreiche Praxisbeispiele

Die Wechselwirkung zwischen Compliance und Integrität sei hierbei entscheidend, betonte Schulz. Denn Regeln haben Grenzen: Es können immer wieder Lücken und Graubereiche entstehen. Darüber hinaus sei auch das Durchsetzungsdefizit nicht zu vernachlässigen: „Trotz bester Regeln ist die Durchsetzung von Normen oft nicht ausreichend.“

Wie wichtig die Akzeptanz von Regeln sei, zeige auch die aktuelle Diskussion der Corona-Maßnahmen, führte Schulz aus: „Akzeptanz für den Sinn von Regeln zu erreichen funktioniert nur über Wertebezug – wie im Fall der Corona-Pandemie auf die Werte Verantwortung, Rücksichtnahme und Solidarität für die Mitmenschen“.

chk

Abbildung 2

Prof. Dr. Martin R. Schulz, LL.M. (Yale), ist Professor für Privat- und Unternehmensrecht sowie Leiter des Instituts für Compliance und Unternehmensrecht an der German Graduate School of Management and Law (GGS) in Heilbronn.

 
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