Geldwäscheprävention: Eckpunktepapier soll Banken bei Verdachtsmeldungen entlasten
Eine neue Hilfestellung soll Unternehmen bei Verdachtsmeldungen entlasten. Die Financial Intelligence Unit (FIU) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) haben hierzu in Zusammenarbeit mit dem Expertenstab der Anti Financial Crime Alliance (AFCA) ein entsprechendes Eckpunktepapier entwickelt.
Geldwäsche? Die Frage, wann eine Verdachtsmeldung nötig ist, bleibt schwierig zu beantworten.
Dieses Papier soll bei der Bestimmung von Sachverhalten unterstützen, die grundsätzlich nicht der Meldepflicht nach § 43 Absatz 1 Geldwäschegesetz unterliegen. Zu finden ist das Dokument ausschließlich im geschützten Bereich der FIU-Website.
Das Eckpunktepapier listet in Form einer Negativabgrenzung verschiedene Sachverhaltskonstellationen auf, bei denen grundsätzlich keine Verdachtsmeldungen abgegeben werden müssen. Nur wenn den Verpflichteten zusätzliche Informationen vorliegen, die einen Verdacht begründen, muss ein solcher Fall doch gemeldet werden.
Warum braucht es überhaupt eine Eingrenzung der Meldepflicht? Die Schwelle für die Abgabe einer Verdachtsmeldung liegt gesetzlich bewusst sehr niedrig. So kann für eine Meldung schon ausreichend sein, dass ein bestimmtes Verhalten eines Kunden darauf hindeutet, dass die Gelder aus einer Straftat stammen. Für eine Meldung muss daher keine Gewissheit darüber bestehen, dass das in Frage stehende Vermögen tatsächlich aus einer Straftat stammt. Auch spielt die Höhe des Vermögens keine Rolle, so dass ein Verdacht auch schon ab 1 Cent zu melden ist.
Angesichts dieser niedrigen Anforderungen wundert es nicht, dass Verdachtsmeldungen zu möglichen Geldwäschefällen in Deutschland keine Seltenheit sind. Vielmehr steigt die Anzahl der Meldungen seit Jahren. Ein besonders starker Anstieg war im Jahr 2021 zu verzeichnen. Dort verdoppelte sich die Meldeanzahl auf knapp 300.000 Meldungen laut dem FIU-Jahresbericht. Allein für das Jahr 2022 sollen 337.186 Meldungen bei der zuständigen Financial Intelligence Unit (FIU) eingegangen sein, wie die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion mitteilte.
Der hohe Meldeaufwand ist für die betroffenen Unternehmen und nicht zuletzt für deren Geldwäschebeauftragte sehr zeitaufwendig und belastend. Umso ernüchternder sind die Resultate des massenhaften Meldens. Im Gegensatz zur immensen Steigerung der Fallzahlen sank im Jahr 2021 die Quote der an andere Behörden abgegebenen Meldungen deutlich im Vergleich zum Vorjahr und lag laut FIU-Jahresbericht 2021 bei nur 13,5%. Damit wurde für das Jahr 2021 nur ca. jede 7. Meldung als werthaltig eingestuft und weitergeleitet.
Hauptgrund hierfür: Die verstärkte risikobasierte Arbeitsweise der FIU. Seit Jahresbeginn 2020 wertet die Behörde Verdachtsmeldungen danach aus, welche Informationen aufgrund des festgestellten Risikos für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung weiterbearbeitet werden. Dabei werden nur die Verdachtsmeldungen vertiefter bearbeitet, bei denen die FIU auf Basis des risikobasierten Ansatzes weiteren Analysebedarf sieht. Die Flut an Meldungen bekam die FIU damit jedoch nicht in den Griff. Vielmehr wurde das Chaos bei der Meldebearbeitung noch größer.
Die Unternehmen sind jedoch weiterhin – unabhängig vom tatsächlichen Geldwäscherisiko – bei einem Verdacht immer zur Meldung verpflichtet. Das Geldwäschegesetz räumt hier kaum Spielraum ein.
Das Eckpunktepapier der FIU soll nun den Verpflichteten dabei helfen, den Meldeaufwand zu reduzieren. Schaut man sich jedoch die dort genannten Fälle an, macht sich zunächst Ernüchterung breit. So enthält das Papier hauptsächlich Sachverhalte, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen einer Meldung nicht vorliegen. Auch Feststellungen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, werden dort aufgeführt. So wird in dem Papier z.B. darauf hingewiesen, dass nicht jede Transaktion über Kryptowährungen automatisch ein Verdachtsfall ist. Erfreulich ist hingegen die Feststellung, dass zukünftig auf Doppelmeldungen verzichtet werden kann.
Der Titel des Eckpunktepapiers schürt Erwartungen, die der Inhalt leider nicht liefert und auch nicht liefern kann. Die Pflicht zur Verdachtsmeldung ist im Geldwäschegesetz bewusst weit ausgestaltet worden. Weder die FIU noch Aufsichtsbehörden können sich hierüber hinwegsetzen.
Also viel Lärm um Nichts? Im Gegenteil! Das Eckpunktepapier zeigt, dass die Probleme von der Aufsicht sehr wohl gesehen werden. FIU und BaFin haben auch bereits erklärt, dass es sich hier lediglich um eine erste Version handelt. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass sich diese Thematik noch weiterentwickelt.
Wie aber sollte nun mit dem Eckpunktepapier umgegangen werden? Die BaFin weist darauf hin, dass das Eckpunktepapier ab sofort bei der Abgabe von Verdachtsmeldungen zu berücksichtigen ist. Geldwäschebeauftragte sollten das Dokument daher auf keinen Fall ignorieren. Dies gilt selbst für den Fall, dass die beschriebenen Fälle auch schon zuvor nicht als Meldefälle eingestuft wurden.
Vielmehr sollte dokumentiert werden, ob und wenn ja welche Sachverhaltskonstellationen künftig nicht mehr gemeldet werden müssen. Wird kein entsprechender Anpassungsbedarf des Meldewesens gesehen, sollte dies ebenfalls festgeschrieben werden.
Dr. Marcus Sonnenberg
Dr. Marcus Sonnenberg ist Rechtsanwalt im Bereich Compliance und Mitautor des Frankfurter Kommentars zum Geldwäschegesetz. Daneben bildet er seit mehreren Jahren im Rahmen eines Zertifizierungslehrgangs Geldwäschebeauftragte im Finanzbereich aus. Privat betreut er einen Blog für Geldwäschebeauftragte: https://www.hilfssheriff.de/newsletter/