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CNL 2024, 2
Hagel/Wiedmann 

Laden BMWK, BMAS und BAFA zum Rechtsbruch ein?

Der Deutsche Corporate Governance Kodex definiert Compliance als die in der Verantwortung des Vorstands liegende Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und unternehmensinternen Richtlinien. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gibt Unternehmen vor, jährlich, spätestens vier Monate nach Geschäftsjahresschluss, einen Bericht zu erstellen und diesen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einzureichen. Doch am Vortag des Fristablaufs wurden die FAQ zum LkSG geändert: Das BAFA prüft eingereichte Berichte erst ab 1. Januar 2025.

Abbildung 1

Berichtspflicht? Die Haltung von BMWK, BMAS und BAFA zur Compliance könnte bei Unternehmen Skepsis hervorrufen.

Unternehmensinterne Richtlinien enthalten häufig, zumeist im Verhaltenskodex, folgendes klares Unternehmensbekenntnis: „Wir halten uns an das geltende Recht!“ Das LkSG trat für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitende am 1. Januar 2023 in Kraft. Diese hatten ihren Bericht spätestens am 30. April 2024 zu erstellen, einzureichen und zu veröffentlichen, falls das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht.

Am 29. April 2024, dem Vortag des Fristablaufs, wurden die FAQ zum LkSG, die gemeinsam vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und dem BAFA herausgegeben werden, in Frage XIII.2 dahingehend geändert, dass das BAFA eingereichte Berichte erst ab 1. Januar 2025 prüft. Die Pflicht der Unternehmen, einen Bericht zu erstellen, einzureichen und zu veröffentlichen, wird damit nicht geändert. Allerdings enthält die Antwort zu Frage XIII. 2 folgenden Zusatz: „Auch wenn die Übermittlung eines Berichts an das BAFA und dessen Veröffentlichung nach dem LkSG bereits vor diesem Zeitpunkt fällig war, wird das BAFA die Überschreitung der Frist nicht sanktionieren, sofern der Bericht zum 31.12.2024 beim BAFA vorliegt.“ Auch diese Meldung kann man als rein informatorisch werten. Tatsächlich wird sie aber anders verstanden: „Berichte müssen erst bis Jahresende 2024 eingereicht werden.“

Zugegeben, aus Unternehmenssicht ist es verlockend, den umfangreichen Bericht verspätet einzureichen, wissend, dass eine Fristüberschreitung nicht geahndet wird. Zudem fällt es gesetzeskonformen Unternehmen schwer, den Bericht einzureichen und zugleich zu wissen, das BAFA prüft ihn sowieso nicht, obwohl es dazu gesetzlich verpflichtet ist. Man fragt sich, warum die Ministerien und das BAFA Unternehmen in diese Entscheidungssituation gebracht haben.

Anfang des Jahres verhinderte die FDP die Zustimmung Deutschlands zur CS3D und trat eine öffentliche Diskussion zur generellen Erforderlichkeit der Richtlinie und zum Bürokratismus im Besonderen los. Die CS3D wurde dennoch in abgeschwächter Form verabschiedet, wird im Rückblick aber als Bürokratiemonster in Erinnerung bleiben. Um dem entgegenzuwirken, will die Bundesregierung eine parallele Berichtspflicht nach LkSG und CSRD verhindern. Im Referentenentwurf vom 22. März 2024 zur Umsetzung der CSRD wird daher die LkSG-Berichtspflicht bis 31. Dezember 2024 ausgesetzt (siehe auch den Beitrag auf Seite 8 in dieser Ausgabe). Ab dem 1. Januar 2025 sollen Unternehmen ihre Berichtspflicht nach dem LkSG durch Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts gemäß CSRD erfüllen können.

Da ein Referentenentwurf aber Unternehmen nicht von ihren Pflichten befreien kann, sehen nun die aktualisierten FAQ vor, dass das BAFA eingegangene Berichte erst ab 1. Januar 2025 prüfen wird. Zielvorstellung der Politik scheint die Bürokratieentlastung der Unternehmen zu sein. Dies ist zu begrüßen. Allerdings ist die Art und Weise und insbesondere die dahinterliegende Haltung unter Compliance-Gesichtspunkten desaströs. Die Ministerien und das BAFA scheinen davon auszugehen, dass Unternehmen Gesetze nur dann einhalten, wenn ihre Nichtbefolgung auch geahndet wird. Das widerspricht dem Grundgedanken der Compliance, wonach gilt: „Non-Compliance is not an option“.

Gehen BMAS, BMWK und BAFA bei Frage XIII.2 hier mit schlechtem Beispiel voran und motivieren Unternehmen zum Rechtsbruch? Eine Bürokratieentlastung könnte auch durch die Reduzierung des BAFA-Fragenkatalogs auf das gesetzliche Minimum erfolgen. Dies wäre entlastend und gesetzeskonform zugleich.

Dr. Ulrich Hagel und Michael Wiedmann

Dr. Ulrich Hagel und Michael Wiedmann sind Autoren des Buchs „Menschenrechtsbeauftragte“, das in 1. Auflage 2024 im Verlag Fachmedien Recht und Wirtschaft erscheint. Das Buch vermittelt die notwendigen Grundlagen zur Ausgestaltung und Erfüllung des weiten Aufgabenfelds der Überwachung des Managements menschenrechtlicher und umweltbezogener Risiken in der Lieferkette des Unternehmens. Das Werk nimmt bereits Bezug auf die Übereinkunft der Mitgliedstaaten der EU zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D) vom 15. März 2024.

Abbildung 2

Dr. Ulrich Hagel, Rechtsanwalt und Wirtschaftsmediator in Berlin.

Abbildung 3

Michael Wiedmann, Rechtsanwalt in Essen.

 
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