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CNL 2021, 4
 

Pandora Papers: Heilmittel Transparenzregister?

Die Veröffentlichung der Pandora Papers hat Anfang Oktober erneut Offshore-Geschäfte offenbart, in die außer einer Reihe von Prominenten auch hochrangige Politiker verwickelt sind. Bereits vor etwa fünfeinhalb Jahren hatte der Rechercheverbund ICIJ mit der Veröffentlichung der „Panama Papers“ für Aufregung gesorgt. Als Reaktion war damals das Transparenzregister eingeführt worden. Dass Jahre später immer noch verdeckte Konten möglich sind, hat seine Gründe.

Abbildung 4

Weltweite Transparenz: Kann nur funktionieren, wenn alle mitmachen – aber selbst manchen EU-Mitgliedstaaten fehlt dazu noch der politische Wille.

Die Crux an den neuen Enthüllungen: Ausgerechnet Machthaber, die dazu beitragen könnten, das Offshore-System zu beenden, profitieren stattdessen davon. Sie transferieren Vermögenswerte auf Briefkastenfirmen. Ihre Regierungen tun gleichzeitig nichts oder nur wenig, um die globalen Verschiebungen illegalen Geldes zu unterbinden. Eine Erhebung des Recherchenetzwerks ICIJ benennt 956 Offshore-Unternehmen, die mit 336 hochrangigen Politikern und Amtsträgern in Verbindung standen.

Nach Angaben der EU-Steuerbeobachtungsstelle belief sich der Betrag des Finanzvermögens, das in Steueroasen gehalten wird, im Jahr 2017 auf 7.900 Milliarden Euro. Dieser Betrag entspreche 8 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP), sodass weltweit jährlich Steuereinnahmen in Höhe von rund 155 Milliarden Euro verlorengehen. Allein die Steuereinnahmen, die in der EU aufgrund von Steuervermeidung durch Unternehmen ausfallen, beliefen sich damit bereits auf 50 bis 70 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Zahl steige auf fast 190 Milliarden Euro, wenn andere Faktoren, wie besondere Steuerregelungen und Ineffizienz bei der Steuererhebung, einbezogen werden.

Die Komplexität des Offshore-Systems lasse es aber nicht zu, nachzuweisen, wie viel von diesem Vermögen aus legitimen Quellen stammt und wie hoch der Anteil an „gewaschenem Geld“ ist, räumt das Recherchenetzwerk ICIJ ein.

„Offshore-Konten sind nicht per se illegal, sie sind aber heutzutage unüblich. Immer geht es um die Verschleierung des Kontoinhabers“, erläutert dazu Dr. Björn Demuth, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht und Partner bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Die Gründe für Offshore-Konten seien vielfältig. Illegal seien natürlich Ziele wie Geldwäsche, Steuerhinterziehung oder schwarze Kassen etwa für Bestechungsgelder. Aber auch legale Hintergründe wie Angst vor Kidnapping und kriminellen Angriffen wegen der Existenz des Vermögens könnten Motive sein, den Kontoinhaber zu verschleiern.

„In der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, in denen ausländische Banken und Vermögensberater im Übereifer für ihre Kunden Offshore-Gesellschaften errichteten, um die verwalteten Konten und Depots zu verschleiern. Manche Kunden wussten davon nichts oder verstanden die Gestaltung nicht. Das waren aber eher Ausnahmen“, erklärt Demuth und weist darauf hin, dass europäisches und deutsches Recht zur Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten verpflichten: „Dazu gibt es auch das Transparenzregister, das nun europaweit vereinheitlicht wird. So sollen Behörden über die wirtschaftlich Berechtigten von Gesellschaften informiert sein.“ Ein Fehler daran sei aber der mangelnde Schutz Verpflichteter vor der Öffentlichkeit. „Zugriff auf das Register haben viel mehr Personen als nötig. Das Transparenzregister konterkariert damit die Datenschutz-Grundverordnung und mag Betroffene zu Fehlverhalten verleiten“, vermutet Demuth.

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums hatte als erste Reaktion auf die Veröffentlichung der Pandora Papers Anfang Oktober die Durchsetzungskraft des Transparenzregisters und dessen im Sommer beschlossene europäische bzw. perspektivisch auch weltweite Vernetzung ins Feld geführt. Unter der deutschen FATF-Präsidentschaft gebe es eine Initiative, mit der eine Vernetzung dieser Transparenzerfordernisse weltweit auf den Weg gebracht werden solle.

Die effektive Vernetzung dürfte aktuell jedoch schon daran scheitern, dass selbst bei den EU-Mitgliedstaaten die Transparenzregister teils nur halbherzig eingeführt wurden. Das Europäische Parlament hatte in einer Entschließung vom 21. Oktober zu den Pandora Papers festgestellt, dass ein Jahr nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die fünfte Geldwäscherichtlinie neun Länder noch keine öffentlichen Register eingerichtet hatten. Andere Mitgliedstaaten hätten geografische Zugangsbeschränkungen eingeführt, was gegen die Vorschriften der EU verstoße. Die meisten EU-Mitgliedstaaten hätten zudem einen kostenpflichtigen Zugang zu den Angaben des Transparenzregisters im Internet und eine Registrierung eingeführt. Das widerspräche zwar nicht unbedingt dem EU-Recht, erschwere aber die Nutzung der Register.

In der Entschließung wird zudem deutlich ausgesprochen, dass es einigen Mitgliedstaaten am politischen Willen fehle, die Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ordnungsgemäß umzusetzen und durchzuführen.

Das Europäische Parlament setzt nun auf das von der Kommission im Juli 2021 vorgeschlagene neue Paket zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, das insbesondere neue Vorschriften zur Transparenz des wirtschaftlichen Eigentums enthält.

chk

 
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