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CNL 2021, 5
 

Praxisseminar Geldwäsche: „Gerade in Deutschland hat Geldwäsche Konjunktur“

Das Praxisseminar zum Geldwäschegesetz am 28.1.2021 veranstaltete die Deutsche Fachverlag GmBH als Live-Stream-Übertragung mit insgesamt acht hochkarätig besetzten Vorträgen. Die Referenten des Seminars waren größtenteils gleichzeitig Autoren des jüngst in 2. Auflage erschienenen GwG-Kommentars von Zentes/Glaab. So auch Jacob P. E. Wende und Dr. Marcus Sonnenberg, in deren Vorträge dieser Beitrag einen kurzen Einblick gibt.

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Wirecard-Skandal: Deutschland steht nicht in dem Ruf, zeitig genug die Schranken gegen Geldwäsche runterzulassen.

Jacob P. E. Wende, Vorstand Recht und Innovation bei der e.pliance AG, hielt den erstend Vortrag des Tages mit dem Titel „Befugnisse und Grenzen der Aufsichtsbehörden im Geldwäscherecht“. Seit 2017 gelten verschärfte Sanktionen wie „Naming and Shaming“ oder höhere Bußen“. „Doch was ist eigentlich in den vergangenen drei Jahren passiert?“, leitete Wende seinen Überblick über Maßnahmen und Sanktionen, die verhängt wurden, ein.

„Bei der BaFin haben die Vor-Ort-Prüfungen und auch die sonstigen Prüfungsmaßnahmen stark zugenommen und es gibt ebenfalls eine deutliche Zunahme von festgestellten Pflichtverletzungen“, so Wende. Im Jahr 2017 resultierte daraus aber nur ein Bußgeldverfahren, das durch die BaFin durchgeführt wurde. 2018 und 2019 waren es deutlich mehr. Doch vor allem die Höhe der Bußgelder stieg rasant: Von 1.000 Euro im Jahr 2017 auf mehr als 5 Mio. Euro im Jahr 2019. Im Nicht-Finanz-Sektor sei die Zahl der Vor-Ort-Prüfungen und sonstigen Maßnahmen ähnlich angestiegen – ebenso nahmen dort auch die Pflichtverletzungen und daraus resultierenden Bußgeldverfahren zu.

Wende kam dann zu seinem eigentlichen Thema, den „Grenzen der Aufsichtsbehörden“: „Wann kann eigentlich die Behörde eine Sanktion verhängen? Das ist im Geldwäschegesetz nicht ganz unkompliziert“, stellte er fest. Für die Verpflichteten sei es schwierig, das GwG in Gänze zu durchdringen. „Und auch die Auslegungs- und Anwendungshinweise helfen nicht immer weiter und sind teilweise widersprüchlich.“ Wende erläuterte, dass diese Hinweise vergleichbar seien mit den Rundschreiben der BaFin: „Hier gibt es viele Parallelen. Auch in ihren Rundschreiben legt die Aufsichtsbehörde ein Gesetz aus und gibt Hinweise.“ Diese Rundschreiben seien aber nach herrschender Meinung lediglich Verwaltungsvorschriften, die die Verwaltung binden, aber nicht die einzelnen Verpflichteten. „Auch die Gerichte sind nur an Rechtsnormen gebunden, nicht an norminterpretierende Hinweise“, ergänzte Wende. Die Auslegungs- und Anwendungshinweise sind also für die Verpflichteten nur praktische Empfehlungen. „Wir laufen Gefahr, dass das GwG früher oder später dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird“, resümierte Wende zum Schluss seines Vortrags und zielte mit dieser Einschätzung vor allem auf die Unbestimmtheit des Gesetzes auf der einen Seite und die möglichen hohen Geldbußen und den Mechanismus des Naming and Shaming auf der anderen Seite.

„Setzen, sechs!? Die Deutschlandprüfung der FATF – Was ist zu erwarten?“, lautete die Fragestellung des Vortrags von Dr. Marcus Sonnenberg, Syndikusrechtsanwalt bei einem kreditwirtschaftlichen Verband.

„Gerade in Deutschland hat Geldwäsche Konjunktur“, erklärte Sonnenberg und verwies auf die vielfältigen Pressemeldungen, in denen Deutschland zum Teil als Geldwäsche-Paradies bezeichnet wird. Auch der Fall Wirecard habe einiges zu diesem Image beigetragen. Neu ist dieses Bild nicht. Schon 2010 kam Deutschland nicht gut weg, als die BRD von einem internationalen Expertenteam ein schlechtes Zeugnis erhielt, erinnerte Sonnenberg.

Seit September 2020 läuft eine neue Prüfung der FATF (Financial Action Taskforce), in der die Umsetzung internationaler Geldwäschestandards begutachtet wird.

Die FATF habe keine völkerrechtliche Verbindlichkeit und demzufolge auch keine Durchsetzungskraft. „Da sich aber mehr als 200 Staaten ihren Regelungen unterworfen haben, ist die Bedeutung trotzdem hoch“, erläuterte Sonnenberg. Aktuell hat die FATF eine deutsche Präsidentschaft. „Das wirkt auf den ersten Blick schon seltsam, wenn gleichzeitig Deutschland in der Prüfung ist. Aber es scheint nur ein unglücklicher Zufall zu sein. Die FATF-Prüfer sind jedenfalls keine deutschen Prüfer“, erklärte Sonnenberg.

„Der Fall Wirecard hätte im Rahmen der laufenden Prüfungen nicht ungünstiger kommen können. Wir wollen hoffen, dass nicht verallgemeinerungsfähig ist, was dort gelaufen ist.“ Doch Sonnenberg räumte ein, das Deutschland nicht ganz ohne Grund ein „geldwäschefreundlicher“ Ruf vorauseile. Im Vergleich zu anderen Staaten käme harte Sanktionierung in Deutschland durchaus weniger vor. Und das hierzulande so beliebte Bargeld eigne sich auch gut, um die Herkunft krimineller Vermögenswerte zu verschleiern.

Außerdem sei Geldwäsche ein „Wirtschaftsfaktor“: „Auch inkriminiertes Geld wird investiert, schafft Arbeitsplätze und die Erträge unterliegen der Besteuerung.“ Das erkläre vielleicht auch, warum die Geldwäschebekämpfung in Deutschland teils eher wenig enthusiastisch betrieben werde.

Dass Deutschland nach der FATF-Prüfung auf einer grauen oder schwarzen Liste der Geldwäscherisikostaaten lande, glaubt Sonnenberg trotzdem nicht: „Bevor die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt auf so einer Liste landet, muss noch viel passieren.“

Wahrscheinlich sei aber, dass die Bargeldobergrenze komme: „Viele EU-Länder haben diese Grenzen schon. Es bedeutet nicht die Abschaffung des Bargelds, sondern dient der Minimierung des Geldwäscherisikos. Wir sollten uns schon fragen: Wer muss denn ein Auto mit 10.000 Euro Bargeld kaufen?“

Eine Stärkung der Aufsichtsbehörden hält Sonnenberg für opportun, aber ob das passiere, stehe „in den Sternen“. „Ich rechne mit mehr Leuchtturmverfahren der Aufsichtsbehörden. Das ist ein vergleichsweise effektiver Weg für Abschreckung zu sorgen“.

chk

Weitere Auszüge aus den Beiträgen des Seminartages lesen Sie in der März-Ausgabe von Compliance. Ein ausführlicher Tagungsbericht zum Praxisseminar Geldwäsche wird außerdem in der April-Ausgabe des Compliance-Beraters veröffentlicht.

CNL 2021 S. 5 (6)

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