Studie zu den Auswirkungen des HinSchG auf die mittelständische Wirtschaft
Eine Studie, durchgeführt von PRO HONORE e.V. mit Unterstützung des Instituts für Compliance im Mittelstand sowie der Handelskammer Hamburg und der Versammlung Ehrbarer Kaufleute zu Hamburg e.V., hinterfragt, wie das HinSchG von den Adressaten, also vor allem der mittelständischen Wirtschaft, wahrgenommen wird. Eine Einordnung der ausführlichen Ergebnisse finden Sie in CB 2025, 382. Welche Auswirkungen das HinSchG auf mittelständische Unternehmen hat, lesen Sie in Auszügen auch hier.
Unternehmenskultur und soziales Miteinander: Fallen die Würfel anders mit dem Hinweisgeberschutzgesetz?
Grundlage der Studie ist eine Online-Umfrage, die durch zahlreiche persönliche Gespräche und Befragungen flankiert, in der Zeit von November 2024 bis Mai 2025 durchgeführt wurde. An der Umfrage haben rund 270 Unternehmen teilgenommen. Die Umfrage ist zwar nicht repräsentativ, aber sehrt aussagekräftig, da bei einem Großteil der Fragen individuelle Antworten und Stellungnahmen – mit gewissem Unterhaltungswert – abgegeben werden konnten (nachzulesen in CB 2025, 382.
Erfreulicherweise hat an der Umfrage ein breites Spektrum von Unternehmen teilgenommen, sowohl hinsichtlich der Größe als auch hinsichtlich der Branchen. So verfügen 22 % (alle Prozentangaben gerundet) der befragten Unternehmen über eine Mitarbeiterzahl von 101-500 Mitarbeitern, 19 % verfügen über mehr als 500 Mitarbeiter, 16 % der befragten Unternehmen haben zwischen 51 und 100 Mitarbeitern. Die übrigen verfügten über weniger als 50 Mitarbeiter, demnach war das HinSchG nicht auf sie anwendbar, die Befragten nahmen aber dennoch an der Studie teil. Hintergrund ist der Umstand, dass viele Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern bereits vor Einführung des HinSchG über eine Hinweisgeberstelle verfügten.
Bei den Branchen der teilnehmenden Unternehmen sticht der Handel mit 20 % heraus, es folgen Transport und Logistik mit 8 %, Lebensmittel mit 5 %, dann Chemie mit 3 % und der Rest verteilt sich auf die verschiedensten anderen Branchen. Das Teilnehmerfeld ist also vielfältig und gewährt einen breiten Überblick über die Wahrnehmung und Meinungen zum HinSchG.
Die Umfrage bearbeitet haben Geschäftsführer mit 62 % während 18 % der Teilnehmer Compliance-Beauftragte sind und 15 % leitende Mitarbeiter waren.
Von den befragten Unternehmen hatten 52 % eine Hinweisgeberstelle eingerichtet, 47 % nicht. Von den Teilnehmern, die angegeben hatten, eine Meldestelle eingerichtet zu haben, gaben rund 76 % an, im vergangenen Jahr keine Meldungen erhalten zu haben, immerhin 21 % haben eine bis fünf Meldungen erhalten, während immerhin 3 % 10-20 Meldungen erhalten haben.
Dabei wurde die Qualität der Meldungen als mittelmäßig hilfreich eingeordnet. Auf einer Skala von 1 (ungeeignet) bis 5 (sehr geeignet) haben immerhin 41 % 4 (29 %) und 5 Punkte (12 %) vergeben. Demgegenüber war für 12 % der Hinweis ungeeignet, das Mittelfeld belief sich auf 47 %.
Besonders interessant ist nun die Frage, auf welche Bereiche sich die Meldungen bezogen haben (Mehrfachnennungen möglich). Der Großteil der Meldungen bezog sich mit 56 % auf Fehlverhalten von Mitarbeitern und 44 % auf Fehlverhalten von Führungspersonal. Unzulässige Geschäftspraktiken waren Gegenstand von 33 %. Es folgen allgemeine Meldungen zu Straftaten zu Lasten des Unternehmens mit 22 % und dann jeweils mit 11 % Korruption und Verstöße gegen das Vergaberecht. Im Freifeld „Sonstiges“ wurde eingegeben: Verstoß gegen AGG, Arbeitszeitregelungen, Mehrarbeit und Datenschutz.
Abgegeben wurden 47 % der Meldungen von Mitarbeitern, 21 % von Kunden und 16 % vom Führungspersonal. Rund 37 % der Meldungen erfolgten anonym.
In 39 % der Fälle wurden auf eine Meldung hin arbeitsrechtliche Konsequenzen ergriffen, bei 6 % wurde eine Strafanzeige erstattet. Die Geschäftsbeziehung wurde in 17 % der Fälle aufgegeben und bei etwa 11 % wurden Schadensersatzansprüche geltend gemacht.
Zu etwaigen Problemen bei der Umsetzung der Vorgaben der HinSchG gaben erfreulicherweise 43 % der Befragten an, bei der Umsetzung der Vorgaben des HinSchG keine Probleme gehabt zu haben. 38 % wiesen auf einen hohen bürokratischen Aufwand bei der Umsetzung hin. Weitere 16 % sahen ein Problem in den hohen Kosten und 24 % gaben an, dass ihnen das entsprechende Personal zur Umsetzung fehlte, während 8 % auf technische Hürden hinwiesen.
Eine der entscheidenden Fragen für die Zweckmäßigkeit des Gesetzes ist die Frage, ob die Einrichtung der Hinweisgeberstelle zur Verbesserung der Unternehmenskultur beiträgt. Hier gaben 25 % an, dass sie diese als ungeeignet bezeichnen würden. 22 % sahen sie als eher ungeeignet an. Dagegen sprachen nur 14 % von einer deutlichen Verbesserung durch die Einrichtung der Hinweisgeberstelle und 7 % sahen die Stelle als „eher geeignet“ an.
Eine hohe Zahl der individuellen Angaben und teilweise ausführlichen Stellungnahmen zur Hinweisgeberstelle/Unternehmenskultur (in Teilen nachzulesen in CB 2025, 382 macht deutlich, dass dieses Thema die Teilnehmer der Umfrage sehr bewegt. Von mehreren Teilnehmern wurde auch betont, dass eine offene Betriebskultur entscheidend ist, nicht aber bürokratische Lösungen.
Dr. Malte Passarge
Dr. Malte Passarge ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Partner in der Kanzlei HUTH DIETRICH HAHN Rechtsanwälte PartGmbB, Vorstand des Instituts für Compliance im Mittelstand (ICM) und Geschäftsführer von Pro Honore e.V. sowie Herausgeber des Compliance-Beraters.