„Too big to fail“ – das Risikoreduzierungsgesetz soll dem entgegenwirken
„Too big to fail“ bedeutet gerade in Krisenzeiten, dass systemrelevante Banken übermäßige Risiken eingehen können, ohne die vollen Konsequenzen daraus zu tragen. Das Problem wird durch mangelnde Proportionalität in der EU-Bankenregulierung noch verstärkt. Dem soll der Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung von Risiken und zur Stärkung der Proportionalität im Bankensektor (Risikoreduzierungsgesetz – RiG) entgegenwirken, den das Bundeskabinett Ende Juli beschlossen hat. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Gläubiger und Eigentümer einer Bank sowie der Bankensektor insgesamt die Kosten etwaiger Bankenrettungen tragen, nicht die Steuerzahler.
In der Krise konnten sich bislang vor allem große Finanzinstitute auf Hilfe verlassen.
Mit dem Risikoreduzierungsgesetz setzt die Bundesregierung die Richtlinien (EU) 2019/878 und (EU) 2019/879 des EU-Bankenpakets zur Reduzierung von Risiken und zur Stärkung der Proportionalität im Bankensektor um. Zur Risikoreduzierung sollen die Kapital- und Liquiditätsanforderungen für Banken im Einklang mit internationalen Standards gestärkt werden. Dadurch sollen Banken in Stressphasen besser abgesichert sein, heißt es in einer Mitteilung des Bundesfinanzministeriums.
Konkret geht es in dem Gesetzesentwurf um den Schutz der Steuerzahler und Kleinanleger vor Bankenkrisen, Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Banken, die zielgenaue Regulierung kleiner und mittlerer Banken, die Förderung „volkswirtschaftlich sinnvoller“ Investitionen sowie die Beaufsichtigung der Förderbanken nach nationalen Regelungen.
Große Banken müssen künftig Verlustpuffer von mindestens 8 Prozent ihrer Bilanzsumme vorhalten, die im Krisenfall Verluste abfedern. Besonders von Verlustrisiken betroffene Anleihen dürfen nur in einer Stückelung von mind. 50.000 EUR vertrieben werden. Damit werde ein im Bankenpaket vorgesehenes nationales Wahlrecht der Mitgliedstaaten genutzt und der Anlegerschutz erhöht.
In der Bankenkrise seien Banken vor Jahren durch eine zu hohe Verschuldung und eine zu kurzfristige Refinanzierung hohe Risiken eingegangen. Mit dem Bankenpaket soll eine verbindliche Verschuldungsquote, definiert als das aufsichtliche Kernkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme, von 3 Prozent eingeführt werden. Für die größten globalen systemrelevanten Banken gelten mit Mindestquoten von 3,5 bis 4 Prozent der Bilanzsumme dabei zukünftig höhere Anforderungen.
Beim Prinzip der Proportionalität gehe es um zielgerichtete, passgenaue Konzepte für Banken mit wenig komplexen Geschäftsmodellen, auf die einige der für Großbanken ausgearbeiteten Regeln schlichtweg nicht passen. So könnten sich diese Banken besser auf ihre Kernaufgabe, die Kreditversorgung mittelständischer Unternehmen, konzentrieren.
Zur Stärkung der Proportionalität wird erstmals eine klare Definition für „kleine und nicht komplexe Institute“ geschaffen. Mit dem Risikoreduzierungsgesetz wird festgelegt, dass alle Institute unter 5 Mrd. Euro Bilanzsumme von diesen Erleichterungen profitieren können – damit wird der europarechtliche Spielraum zur Stärkung der Proportionalität in Deutschland vollständig ausgeschöpft. Diese Institute profitieren beispielsweise von Erleichterungen durch eine vereinfachte Berechnungsmethode bei den neuen Liquiditätsvorgaben (simplified Net Stable Funding Ratio, NSFR).
Um „volkswirtschaftlich sinnvolle Investitionen“ zu erleichtern, wird die Eigenkapitalentlastung für Darlehen an kleine und mittlere Unternehmen – der sogenannte KMU-Unterstützungsfaktor – gestärkt. Das Anwendungsdatum des KMU-Unterstützungsfaktors wurde vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie von Mitte 2021 auf Mitte 2020 vorgezogen.
chk