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CNL 2025, 6
Kahlen-Pappas. 

„Unternehmen sollten sich nicht darauf verlassen, dass das LkSG abgeschafft wird“

Das Omnibus-Verfahren der EU-Kommission bringt deutliche Änderungen bei den europäischen Lieferkettensorgfaltspflichten (CSDDD) mit. Gleichzeitig ist in Deutschland schon länger eine Aussetzung des hiesigen Lieferkettengesetzes im Gespräch, während die BAFA weiter Handreichungen hierzu veröffentlicht. Wohin geht die Reise in Sachen CSDDD und LkSG – darüber spricht Sebastian Rünz im Interview mit Compliance.

Abbildung 6

Lieferkettengesetz in der Zerreißprobe: Auch wenn das Gesetz demnächst komplett kippen könnte, sollten Unternehmen es aktuell noch weiter umsetzen.

Compliance: Was sind die deutlichsten Unterschiede zwischen CSDDD und LkSG in der praktischen Umsetzung durch die Unternehmen?

Rünz: Die meisten Unternehmen haben noch nicht mit der praktischen Umsetzung der CSDDD begonnen. Ein Vergleich mit dem LkSG ist derzeit daher eher theoretischer Natur. Vor der Omnibus-Gesetzgebungsinitiative waren die Unterschiede zwischen LkSG und CSDDD deutlich, insbesondere mit Blick auf die Tiefe der Risikoanalyse und die zivilrechtliche Haftung. Sollte die Omnibus-Richtlinie aber so kommen, wie aktuell geplant, gleicht sich die CSDDD sehr an das LkSG an. Inhaltliche Unterschiede würde es dann in erster Linie noch mit Blick auf die geschützten Rechtspositionen geben, die unter der CSDDD umfassender sind, als unter dem LkSG und mit Blick auf das Stakeholder Engagement, das in der CSDDD stärker im Fokus steht, als im LkSG. Kleinere Unterschiede blieben auch im Rahmen der Risikoanalyse und der Präventions- und Abhilfemaßnahmen bestehen. Die CSDDD wird natürlich trotzdem für die Unternehmen einen Mehraufwand bedeuten, die Sorgfaltspflichten auf Grund des LkSG bisher nur in Deutschland implementiert haben, aber auch in anderen europäischen Ländern oder weltweit aktiv sind und auch dort entsprechende Pflichten umsetzen müssen.

Compliance: Wo stehen wir in denn Deutschland angesichts des bevorstehenden Regierungswechsels und der Erleichterungen auf EU-Ebene aktuell mit Blick auf die Lieferkettensorgfaltspflichten?

Rünz: Derzeit gilt das LkSG. Ob das auch in Zukunft noch so sein wird, ist leider noch unklar. Vor der Bundestagswahl haben sich Vertreter mehrerer Parteien gegen das LkSG in seiner jetzigen Form ausgesprochen. Die Stimmung war also eher „kontra“ LkSG. In den Sondierungsgesprächen der neuen möglichen Regierungsparteien findet sich jedoch noch keine klare Aussage zum LkSG. Dort wird nur vom Rückbau überbordender Bürokratie, etwa durch die Abschaffung von Berichts-, Dokumentations- und Statistikpflichten gesprochen. Diese Unsicherheiten sind natürlich frustrierend für Unternehmen, die sich fragen, ob ihre bisherigen Bemühungen vergebens waren oder was nun ab wann gelten wird.

Compliance: Wie sollten Unternehmen dann jetzt aus Ihrer Sicht auf das „Zurückrudern“ hierzulande und in der EU-Regulierung reagieren?

Rünz: Grundsätzlich sollten Unternehmen weiterhin das LkSG umsetzen, da dieses nach wie vor gilt. Sich darauf zu verlassen, dass das LkSG abgeschafft wird, erachte ich als Risiko, gerade vor dem Hintergrund, dass das BAFA, als zuständige Behörde, weiterhin aktiv ist und sowohl Auskunftsersuchen verschickt als auch Handreichungen veröffentlicht. Dass die Motivation auf Grund von mixed signals aus der Politik mitunter teilweise gering ist, kann ich verstehen. Mit Blick auf die CSDDD könnten Unternehmen noch einen Moment abwarten, da die CSDDD auch ohne Omnibus-Initiative erst ab 2027 gelten würde.

Compliance: Wie vermuten Sie, wird das BAFA in Bezug auf die Überprüfung von Unternehmen voraussichtlich mit diesen Entwicklungen umgehen?

Rünz: Das BAFA ist weiterhin aktiv, geht allerdings noch risikobasierter vor als zuvor. Dieser Ansatz wurde durch das Sofortprogramm für untergesetzliche Maßnahmen zur praxisnahen Anwendung des LkSG des Bundesarbeits- und des Bundeswirtschaftsministeriums aus September 2024 forciert und zuletzt durch die FAQ des BAFA zum risikobasierten Vorgehen aus Februar 2025 bekräftigt. Die Behörde versucht dadurch, ihren Teil zur bürokratiearmen Umsetzung des LkSG beizutragen. Für Unternehmen bedeutet das nicht nur, dass ein risikobasierter Ansatz verfolgt werden kann, sondern auch, dass dieser verfolgt werden soll bzw. muss. Denn das BAFA äußerte sich zuletzt mehrfach kritisch gegenüber Maßnahmen LkSG-verpflichteter Unternehmen, die zu pauschal und zu weitgehend gegenüber Lieferanten angewendet werden. Interessant wird sein, wie sich das BAFA mit Blick auf die Berichtspflicht verhalten wird – unter der Annahme, dass das LkSG grundsätzlich bestehen bleibt. Mit der geplanten Verschiebung der CSRD könnte entweder die separate Berichtspflicht unter dem LkSG wieder aufleben oder die Berichtspflicht entsprechend der CSRD weiter verschoben werden.

Das Interview führte Christina Kahlen-Pappas.

Einen ausführlichen Vortrag von Sebastian Rünz zur Entwicklung bei den europäischen und deutschen Lieferkettensogfaltspflichten können Sie auf der Deutschen Compliance-Konferenz am 13. und 14. Mai 2025 in Frankfurt am Main erleben.

Abbildung 7

Sebastian Rünz, LL.M. (Toronto), ist Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskanzlei Taylor Wessing. Er berät Mandanten rund um das Thema Lieferkette, insbesondere zur Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und der EU Deforestation Regulation (EUDR).

 
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