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CNL 2020, 8
Scheben 

Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2020

Inwieweit sehen Unternehmen in Wirtschaftskriminalität ein ernstzunehmendes Risiko? Mit welchen Delikten sehen sich Unternehmen am häufigsten konfrontiert? Und in welchen Themen sehen Unternehmen für die Zukunft ein hohes Risiko? Die Studie zur „Wirtschaftskriminalität in Deutschland 2020“ der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, in deren Rahmen Vertreter von 1.000 repräsentativ nach Branche, Mitarbeiterzahl und Umsatz ausgewählten Unternehmen in Deutschland zu ihren Erfahrungen im Bereich Wirtschaftskriminalität befragt wurden, gibt Antwort auf diese und viele weitere Fragen.

Abbildung 10

Ein Wirtschaftskrimineller kommt selten allein: Nahezu jedes dritte Unternehmen wurde in den letzten zwei Jahren Opfer von Wirtschaftskriminalität.

Nicht nur in der aktuellen Corona-Krise wird von Unternehmen höchste Flexibilität hinsichtlich des Umgangs mit und der Mitigation von wirtschaftskriminellen Risiken abverlangt. Gerade die letzten Jahre waren von immer neuen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen sowie von sich dynamisch entwickelnden Wirtschaftsdelikten und Fraud-Mustern geprägt.

Unternehmen sind gefragt, zügig und situationsgerecht auf die damit einhergehenden Herausforderungen zu reagieren. Gleichzeitig sollten sie eine passgenaue Allokation von Präventions-, Detektions- und Reaktionsmaßnahmen sicherstellen. Auch die immer strenger werdenden regulatorischen Anforderungen, wie bspw. das Geldwäschegesetz, die Umsetzung der EU-Hinweisgeberrichtlinie und der Entwurf zum Verbandssanktionengesetz erfordern die Verbesserung von Präventionsmechanismen und sehen bei Verstößen hohe Sanktionen vor.

Über drei Viertel der befragten Unternehmen sind sich einig: Sie sehen ein hohes oder sehr hohes Risiko hinsichtlich möglicher wirtschaftskrimineller Handlungen oder Compliance-Verstöße in deutschen Unternehmen. Somit sprechen sie dem Thema Wirtschaftskriminalität einen hohen Stellenwert in der Governance zu. Auffällig ist die Diskrepanz zur Einschätzung des Risikos, selbst Opfer wirtschaftskrimineller Handlungen zu werden. Diesbezüglich sehen lediglich 34 Prozent der befragten Unternehmen ein hohes Risiko. Insbesondere Unternehmen, die ein positives Bild von ihrem Schutzniveau haben, schätzen das Risiko, von Wirtschaftskriminalität betroffen zu sein, deutlich seltener als hoch oder sehr hoch ein als diejenigen, die sich selbst keine sonderlich geeigneten Schutzvorkehrungen attestieren (28 gegenüber 52 Prozent).

Die tatsächliche Betroffenheit der befragten Unternehmen zeigt: Nahezu jedes dritte Unternehmen wurde in den letzten zwei Jahren Opfer von Wirtschaftskriminalität. Große Unternehmen traf es dabei fast doppelt so häufig, wie kleine Unternehmen. Und auch hinsichtlich monetärer Schäden waren die Folgen für große Unternehmen besonders einschneidend: 10 Prozent der befragten großen Unternehmen gaben an, dass ihnen in 30 Prozent der Fälle ein Gesamtschaden in Höhe einer Million Euro oder mehr entstanden sei. In Zukunft dürften die Gesamtschäden unter Umständen noch höher ausfallen, bedenkt man beispielsweise die im Entwurf des Verbandssanktionengesetzes vorgesehene Verbandsgeldsanktion von bis zu 10 Prozent des durchschnittlichen weltweiten (Konzern-) Jahresumsatzes.

Am häufigsten betroffen waren die befragten Unternehmen von Diebstahl und Unterschlagung (46 Prozent), Betrug und Untreue (43 Prozent) sowie Datendiebstahl und Datenmissbrauch (31 Prozent). Die Verletzungen von Schutz- und Urheberrechten und der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen folgen mit jeweils 19 Prozent. Über die Hälfte der befragten Unternehmen sehen für die Zukunft ein zunehmendes Risiko hinsichtlich Wirtschaftskriminalität. Im Fokus stehen dabei insbesondere die Themen Datendiebstahl/Datenmissbrauch (86 Prozent), Verletzung von Schutz- und Urheberrechten (65 Prozent) sowie Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (64 Prozent).

Barbara Scheben

Abbildung 11

Barbara Scheben ist Rechtsanwältin, Partnerin und Head of Forensic der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sie beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Durchführung unternehmensinterner Untersuchungen sowie der Beratung zu compliancerelevanten Themen im Rahmen der Prävention, Aufdeckung und Aufklärung von Wirtschaftskriminalität.

 
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