Willkommen zur 9. Ausgabe “Geldwäsche & Recht”
Liebe Leserinnen und Leser,
in den letzten Wochen hat die seit zwei Jahren diskutierte große Reform des europäischen Geldwäscherechts erhebliche Fortschritte erzielt. Nachdem der Rat der Europäischen Union bereits Anfang Dezember 2022 seine Position zu den Entwürfen der EU-Kommission aus dem Sommer 2021 vorgelegt hatte (online abrufbar unter https://t1p.de/1xo2p), zog im Laufe des April nun auch das EU-Parlament nach (abrufbar hier https://t1p.de/egciq, hier https://t1p.de/g7gj2 und hier https://t1p.de/pq6xj). Ab Mitte Mai werden die drei Akteure dann in das sog. Trilog-Verfahren einsteigen und die finalen Textfassungen der neuen EU-Geldwäscheverordnung, der 7. EU-Geldwäscherichtlinie sowie der Verordnung über die Errichtung der europäischen Geldwäscheaufsichtsbehörde AMLA vereinbaren. Wie Ilka Brian in diesem Heft am Beispiel der avisierten Regeln über den Umgang mit wirtschaftlich Berechtigten zeigt, sind zwischen den Akteuren des Trilogs noch viele Punkte umstritten. Einigkeit erzielt wurde dagegen bei der Überarbeitung der EU-Geldtransferverordnung, die künftig auch für den Transfer von Kryptowerten Geltung haben wird (zur Diskussion s. Tönningsen, GWuR 2022, 56). Nach einem Beschluss des EU-Parlaments vom 20. April 2023 (https://t1p.de/9mr58) fehlt zur Veröffentlichung dieses Reformakts im EU-Amtsblatt nur noch die formelle Zustimmung des Rates, die in Kürze zu erwarten ist. Über die Details der neuen Regelungen berichtet die GWuR in einem der kommenden Hefte.
Obwohl angesichts der Fortschritte in Brüssel und Straßburg also schon absehbar ist, dass große Teile des deutschen Geldwäschegesetzes bald außer Kraft treten, muss die Praxis sich fürs erste weiter mit seinen offenen Auslegungsfragen befassen. Ein Dauerbrenner, der in der Praxis immer wieder erhebliche Kopfschmerzen bereitet, ist dabei das Thema (Fern-)Identifizierung im KYC-Prozess. Hierzu haben wir in diesem Heft gleich zwei Beiträge eingeworben: Zum einen befassen sich Christian Lange-Hausstein und Tim Kremer mit Problemen bei der Identifizierung von Personen mittels eID und Smart-eID. Zum anderen haben Peter Frey und Felipe Virgüez einen Text zum Rückgriff auf Videoidentifizierungs-Anbieter zur Erfüllung kundenbezogener Sorgfaltspflichten bei Banking-as-a-Service-Angeboten beigesteuert.
Wie im letzten Heft angekündigt, setzt Joachim Kaetzler seinen Beitrag zum gruppenweiten Risikomanagement i. S. v. § 9 GwG in dieser Ausgabe fort. Während im ersten Teil des Textes (GWuR 2023, 21 ff.) Funktion, Normadressat und Reichweite der Anwendung des § 9 erörtert wurden, nimmt der Autor nun rechtspraktische Fragen bei der Errichtung des gruppenweiten Risikomanagements und der Durchführung von gruppenweiten KYC-Prozessen in den Blick und geht auf die in der Rechtsanwendungspraxis vorherrschenden Modelle der gruppenweiten Geldwäsche-Funktionen ein.
Die regelmäßig erscheinende Rechtsprechungsübersicht hat Mohamad El-Ghazi diesmal gemeinsam mit Alina Hoffmann verfasst. Zudem hat Martin Thelen eine gesonderte Anmerkung zu der Entscheidung BGH, Beschl. v. 14. November 2022 – NotBZ 1/22, übersendet, in der es um die Frage geht, welches Gericht bei Rechtstreitigkeiten über Mitwirkungspflichten eines Notars gegenüber der Dienstaufsicht zuständig ist. Nach Auffassung des Autors lässt sich die in der Entscheidung zum Ausdruck kommende Position des BGH-Senats, wonach in diesem Fall die Berufsgerichtsbarkeit zuständig sei, auch auf Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte übertragen.
Zuletzt noch ein Hinweis in eigener Sache: Wir freuen uns mit Herrn Hans Martin Lang ein neues Mitglied im Beirat dieser Zeitschrift begrüßen zu dürfen. Hans Martin Lang ist Jurist und hat Rechtswissenschaft an der Universität zu Köln studiert. Er war u. a. in mehreren Abteilungen des Bundesfinanzministeriums tätig und leitete in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht von 2002 bis 2019 das Grundsatzreferat für Geldwäscheprävention und anschließend zunächst das neugegründete Referat für Geldwäsche-Intensivaufsicht und dann das GW-Aufsichtsreferat für Wertpapiere. Seit März 2022 ist er Leiter des Referats für nationale Zusammenarbeit. Er hat mehrere Prüfungen für die FATF durchgeführt und ist Mitglied der Anti-Money Laundering Expert Group des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!
Gleichzeitig verabschieden wir uns von unserem Beiratsmitglied, Herrn Dr. Dirk Scherp, der mit dem Eintritt in den Ruhestand auch sein Engagement bei GWuR beendet. Herr Dr. Scherp war lange Zeit als Staatsanwalt in Frankfurt a. M. unter anderem im Bereich Geldwäsche und Korruption tätig. Zudem war er Chief Compliance Officer sowie Konzerngeldwäschebeauftragter bei der Dresdner Bank AG und beriet zuletzt als Of Counsel bei der Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz Unternehmen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, insbesondere in Compliance-Fällen und bei der Prävention von Wirtschaftskriminalität. Unsere Zeitschrift hat Herr Dr. Scherp seit ihrer Gründung mit seinem breiten Wissen und seiner vielfältigen Erfahrung engagiert unterstützt. Dafür bedanken wir uns herzlich und wünschen alles erdenklich Gute für die Zukunft!
Ihre Redaktion
Dr. Jacob Wende - Penelope Schneider - Prof. Dr. Kilian Wegner