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K&R 2014, 1
Stadler, Thomas 

Bringt das Maut-Gesetz eine neue Vorratsdatenspeicherung?

Der Streit um die Einführung einer PKW-Maut auf deutschen Straßen tobt seit dem letzten Bundestagswahlkampf. Er wurde nunmehr um eine verfassungs- und datenschutzrechtliche Komponente angereichert. Der unlängst vom Bundesverkehrsministerium vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen enthält überraschenderweise nämlich auch eine Befugnis zur elektronischen Kennzeichenerfassung, die u. a. dazu ermächtigt, den Ort und die Zeit der Benutzung von Straßen elektronisch zu erfassen und zu speichern. Daneben darf auch ein Bild des betroffenen Kraftfahrzeugs angefertigt und der Name und die Anschrift des Fahrers erhoben und gespeichert werden.

Das bedeutet nichts anderes, als dass das Gesetz dazu ermächtigt, die gesamte Bewegung aller Personenkraftwagen auf deutschen Bundesstraßen und Autobahnen zu erfassen und zu speichern. Was die Speicherdauer angeht, sieht das Gesetz keine konkrete Frist vor. Die Löschung der Daten soll erfolgen, sobald feststeht, dass die Infrastrukturabgabe entrichtet worden ist und eine Erstattung der bezahlten Maut nicht mehr in Betracht kommt. Das bedeutet dann aber zwangsläufig, dass die betreffenden Daten zumindest teilweise deutlich länger als ein Jahr gespeichert werden.

Man stellt sich unweigerlich die Frage, warum eine elektronische Erfassung dieser Bewegungsdaten überhaupt notwendig sein soll, nachdem für ausländische KFZ eine Vignettenlösung eingeführt wird und für inländische Fahrzeuge die Maut über die KFZ-Steuer als entrichtet gilt. Der Knackpunkt ist die im Gesetzesentwurf vorgesehene Erstattungsregelung. Wenn das Fahrzeug während des Jahres stillgelegt wird, oder wenn nachgewiesen werden kann, dass ein Fahrzeug das ganze Jahr über keine Autobahnen oder Bundesstraßen befahren hat, besteht die Möglichkeit einer Erstattung der Maut. Und zur Prüfung der Erstattungsvoraussetzungen sollen die genannten Daten verwendet und vorgehalten werden.

Nur um also nachträglich einen nur in Ausnahmefällen in Betracht kommenden Erstattungsanspruch prüfen zu können, ist geplant, sämtliche Bewegungsdaten aller Kraftfahrzeuge die in Deutschland eine mautpflichtige Straße befahren haben, zu erfassen und für längere Zeit zu speichern. Damit würde der Staat dann über vollständige Bewegungsprofile eines jeden inländischen Autofahrers verfügen. Es handelt sich hierbei um nichts anderes als um eine Vorratsdatenspeicherung von erheblichem Ausmaß, bei der man im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits die Erforderlichkeit in Frage stellen muss. Für den Fall, dass das Fahrzeug während des Jahres abgemeldet wird, braucht man eine solche Datenspeicherung überhaupt nicht. Es würde genügen, eine Regelung über die zeitanteilige Erstattung der Maut zu treffen. Auf eine Erstattungsmöglichkeit für den Fall, dass ein Fahrzeug nachweislich das ganze Jahr über nicht auf mautpflichtigen Straßen bewegt wurde, könnte mit Sicherheit gänzlich verzichtet werden, zumal vor dem Hintergrund, dass der vom Gesetz vorgesehene Nachweis, der nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, einen Eingriff in die Grundrechte aller inländischen Autofahrer notwendig macht. Alternativ könnte man auch bei der erstmaligen elektronischen Erfassung eines deutschen Kennzeichens die Mautvoraussetzungen als erfüllt ansehen und demzufolge im Gesetz eine anschließende sofortige Datenlöschung anordnen. Eine längerfristige Speicherung aller Bewegungsdaten eines jeden KFZ ist also keinesfalls erforderlich. Es existieren mithin andere, weniger eingriffsintensive Möglichkeiten um das gewünschte Ziel zu erreichen.

Das Gesetz sieht zwar vor, dass diese Daten nicht für andere Zwecke verwendet werden dürfen und die Bundesregierung war sogleich bemüht zu versichern, dass es nicht zu einer Weitergabe der Daten kommen wird. Bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Gesetzesentwurfs hat allerdings das Bundeskriminalamt schon gefordert, dass Polizeibehörden Zugriff auf die Mautdaten erhalten sollten. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Bundeskanzlerin noch im Wahlkampf beteuert hat, es werde mit ihr keine PKW-Maut geben, dann kann man erahnen, was von politischen Beteuerungen dieser Art zu halten ist. Die Datensammelwut des Mautgesetzes bricht außerdem mit einem der wesentlichen Grundsätze des deutschen Datenschutzrechts, der Datensparsamkeit. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sollten sich im Gesetzgebungsverfahren also genau überlegen, ob sie den eingeschlagenen Weg einer ausufernden Datenerfassung und -speicherung mitgehen wollen.

RA Thomas Stadler, Freising
 
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