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Reinholz 

Influencerwerbung und keine Aussicht auf Klarheit über Kennzeichnungspflicht

Abbildung 1

RA Fabian Reinholz, Berlin

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat einen Vorschlag zur Unterscheidung kommerzieller von nichtkommerzieller Kommunikation veröffentlicht. Es sollen Unschärfen in der gesetzlichen Regelung zur Schleichwerbung ausgeglichen werden. Dies soll die Feststellung erleichtern, wann Werbung in der Kommunikation zu kennzeichnen ist und wann nicht. Dabei geht es dem Ministerium vor allem um produktbezogene Äußerungen in den sozialen Medien.

Bei Umsetzung des Vorschlags würde die Abgrenzung von kennzeichnungs- zu nicht kennzeichnungspflichtiger Kommunikation künftig danach erfolgen, ob Produktempfehlungen “ohne Entgelt oder ähnliche Gegenleistung” erfolgen und “vorrangig der Information und Meinungsbildung” dienen. Die Kr_iterien des BMJV sollen vor allem Influencern Klarheit darüber verschaffen, wann sie eigene Beiträge in den sozialen Medien als kommerziell kennzeichnen müssen.

Das Verbot der Schleichwerbung ist sowohl im Rundfunk- und Telemedienrecht als auch im Presserecht und im Wettbewerbsrecht gesetzlich geregelt. Zugrunde liegt der gesetzgeberische Wille, dass Verbraucher beim Medienkonsum erkennen können, wenn sie beworben werden. Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass sie keine unbefangene Kaufentscheidung treffen. Werden in der Kommunikation mit Verbrauchern redaktionelle oder private Inhalte mit werbenden Inhalten vermischt, wird das schwierig. Anders als in den linearen Medien mit ihren Werbeblöcken oder in den Printmedien mit ihren Anzeigenseiten, sind in den sozialen Medien private und kommerzielle Äußerungen nicht immer klar zu unterscheiden. Vielfach wissen die Postenden selbst nicht, wann sie ihre Posts kennzeichnen müssen.

Das liegt vor allem an der Unschärfe des wettbewerbsrechtlichen Schleichwerbeverbots aus § 5 a Abs. 6 UWG. Während die medienrechtlichen Bestimmungen (§ 7 Abs. 3 RStV, § 6 Abs. 1 TMG) für eine Kennzeichnungspflicht voraussetzen, dass der Werbende nicht selbstlos handelt, insbesondere vergütet wird oder eine ähnliche Gegenleistung für seine Posts bekommt, verlangt § 5 a Abs. 6 UWG, dass eine geschäftliche Handlung vorliegt, deren kommerzieller Zweck nicht kenntlich gemacht wird.

Der weite Tatbestand soll berücksichtigen, dass der Werbende nicht nur dann kommerzielle Interessen verfolgt, wenn er bezahlt wird. Dies führt aber zu erheblicher Unsicherheit. Denn erfasst werden streng genommen auch die Eigenwerbung und Verlinkungen zu kostenpflichtigen Angeboten. Unterfallen daher twitternde Anwälte oder Posts zu Presseartikeln, die hinter einer Bezahlschranke liegen, der Kennzeichnungspflicht?

Auch die Rechtsprechung zur Influencerwerbung, die den gesetzlichen Tatbestand mit Leben füllen sollte, hat bislang nicht für Klarheit gesorgt. Zuletzt tendierten Gerichte zu der Auffassung, dass Influencer wie Cathy Hummels oder Vreni Frost über ihre Instagram-Accounts stets kommerzielle Posts absetzen, ganz gleich ob sie dafür bezahlt werden oder nicht. Denn der Social-Media-Auftritt diene auch der Selbstvermarktung der Influencer. Im Fall Cathy Hummels entschied das LG München allerdings, dass doch nicht gekennzeichnet werden müsse, weil die Werbeabsicht des Social-Media-Auftritts offensichtlich sei.

Influencern ist daher bis heute nicht klar, ob sie (a.) jeden Post ihres Social-Media-Profils kennzeichnen müssen, nur die Posts, die (b.) eine Empfehlung für ein Produkt enthalten oder (c.) für die sie eine Gegenleistung bekommen oder ob (d.) am Ende gar keine Kennzeichnung nötig ist. Im Zweifel wird derzeit jeder Post gekennzeichnet, was nicht die Lösung sein kann.

Um der Gefahr der Überkennzeichnung von Beiträgen zu begegnen, sieht der Vorschlag des BMJV vor, § 5 a Abs. 6 UWG um eine Definition des “kommerziellen Zwecks” zu ergänzen. Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung sei danach “in der Regel nicht anzunehmen, wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde.”

Was gut gemeint ist, wird die Probleme in der Praxis freilich nicht lösen. Abgesehen davon, dass es nicht für gesetzgeberische Klarheit sorgt, Tatbestände zu schärfen, indem man formuliert, was nicht darunter fällt, würde die Unschärfe im geltenden Recht nur durch eine weitere unklare Definition ergänzt. Die erwähnten Unsicherheiten der Influencer werden allenfalls marginal beseitigt, denn die Trennlinie, wann eine Äußerung vorrangig der Information und Meinungsbildung dient, und wann nicht, ist nicht leichter zu ziehen als bei der Frage “wann liegt ein kommerzieller Zweck vor?”.

Auch die Erläuterungen des BMJV zum Änderungsvorschlag überzeugen nicht. So könne der hinter Äußerungen stehende Zweck an objektiven Faktoren nachgeprüft werden, so dass die Ausnahme z. B. bei stark werblich klingenden Äußerungen wie übertriebenem Lob nicht greife. Eine Beurteilung nach diesen Kriterien lässt vor allem außer Betracht, dass Influencerwerbung eben ganz häufig nicht plump stattfindet, sondern durch dezente Produktplatzierung. Auch die Beweisführung des Merkmals “kein Entgelt oder ähnliche Gegenleistung” stellt sich das BMJV einfacher vor als es tatsächlich sein dürfte. Denn welches Unternehmen wird bereitwillig solche Negativatteste erstellen, insbesondere bei Konstellationen in Graubereichen, in denen keine direkte Gegenleistung geflossen ist, der Influencer aber von anderen Vorzügen, wie z. B. dem Zutritt zu einem Netzwerk, profitiert.

Ob es zu der Gesetzesänderung überhaupt kommt, ist angesichts des engen Umsetzungsspielraums, den die UGP-Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber lässt, noch offen. Anderenfalls wird die Klärung, ob Posts vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen, wiederum der Einzelfallrechtsprechung überlassen bleiben.

RA Fabian Reinholz, Berlin

 
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