Licht in der Grauzone: Google Books
Weit über Googles Digitalisierungsgeschäft hinaus strahlt das Licht, das ein US-Bundesgericht1 im Google Books-Fall in die Grauzone des Fair Use-Grundsatzes2 im amerikanischen Urheberrecht3 geworfen hat.
I. Das rechtliche UmfeldDer Copyright Act4 enthält in § 107 eine allgemein als schwammig erachtete Definition von Fair Use. Die Regelung soll das absolute Monopol des Urheberrechtsinhabers beschränken. Dieser muss nicht unbedingt der Schöpfer eines Werkes sein, sondern kann auch ein Rechteverwerter sein, dem im amerikanischen Recht sämtliche Rechte übertragen werden dürfen. Die Grenzen zieht die Bestimmung, dass manche lautere Nutzungen von Urheberrechten trotz mangelnder Nutzungsrechtseinräumung des Inhabers keine Verletzungen darstellen: The fair use of a copyright work ... is not an infringement of copyright ... Insbesondere Kopien gelten nicht als Verletzung, sofern sie bestimmten Zwecken dienen. Diese Zwecke sind gesetzlich als Kritik von und Anmerkungen zu Werken, Berichterstattung, Wissenschaft, Forschung und Lehre katalogisiert: ... criticism, comment, news reporting, teaching (including multiple copies for classroom use), scholarship, or research. Doch weder die Art noch der Zweck der Verwertung sind abschließend definiert. Deshalb erfolgt die Würdigung des Fair Use im Einzelfall mit der Abwägung von Faktoren eines gesetzlichen Katalogs.5
II. Die Parteien, die Streitsache und der ProzessVor dem Bundesgericht des südlichen Bezirks im Staate New York6 verklagte der Schriftstellerverband The Authors Guild, Inc. aus New York City als Sammelklageinitiator den im Staate Delaware gesellschaftsrechtlich eingetragenen und in Kalifornien geschäftsansässigen Internet-Unternehmer Google Inc.7 Neben dem Verband stehen als benannte Kläger die Buchautoren Bouton, Miles und Goulden, deren Werke Google ungenehmigt digitalisierte und als Google-Suchergebnis verbreitet, sowie alle unbenannten geschädigten Verfasser. Google bietet gewerblich über eine Anzeigenfinanzierung den meistbesuchten kostenlosen Internetsuchdienst an, der im Jahre 2011 ein Anzeigenvolumen von über 36 Mrd. US-Dollar einspielte.8
Seit dem Jahre 2004 betreibt Google zwei Digitalisierungsprojekte unter dem Oberbegriff Google Books: das erste begann als Google Print, läuft heute als Partner Program und bietet Verlagen und anderen Urheberrechtsinhabern die Speicherung und Darstellung ihrer Werke an; das zweite Projekt heißt Library Project mit dem Ziel der Digitalisierung von Werken aus Universitätsbibliotheken. Google Books umfasst hauptsächlich verwaiste Werke, erkannte das Gericht, die jedes Genre von Memoiren bis zu Kochbüchern einschließen. Das Partner Program veröffentlicht Werke mit der Zustimmung der teilnehmenden 45 000 Verlage und Rechteinhaber, die die Werke digital oder analog bereitstellen, die den Umfang der Veröffentlichung im Internet bestimmen und denen Google Verkaufs- und Werbeunterstützung leistet. Anfangs teilten sich Google und diese Anbieter die Anzeigeneinnahmen, doch stellte Google im Jahre 2011 die Anzeigenschaltung im Partner Program ein.
Im Library Project digitalisierte Google mehr als 20 Mio. Bücher unter Einsatz neuentwickelter Techniken. Jede Bibliothek erhält eine Digitalkopie jedes Werkes aus ihrer Sammlung, verzichtet auf den Zugriff auf Werke aus dem Bestand anderer Teilnehmer, und verpflichtet sich zur Beachtung des Urheberrechts. Manche Büchereien beschränken die Digitalisierung auf Werke ohne Urheberschutz. Google fertigt für eigene Zwecke mehrere Kopien an. Die Erlaubnis etwaiger Urheberrechtsinhaber der Werke holte Google nicht ein und bot ihnen auch keine Kopier- oder Veröffentlichungsvergütung an.9
K&R 2014, 16Die digitalisierten Bücher aus dem Library Project gelangen in eine Wortsammlung, die jedes Wort und jede Wortkombination aus jedem Buch im Gesamtkorpus von Google Books katalogisieren und für Suchmaschinennutzer unter Eingabe ihrer eigenen Suchformulierungen auffindbar machen. Nutzer erhalten Verweise auf Bücher, und nach Auswahl eines bestimmten Buches Hinweise auf Verlage und andere Anbieter, wie Büchereien, sowie Auskünfte über das Buch. Zudem zeigt Google maximal die den Suchbegriff enthaltenden Wortfolgen im Umfang eines Achtels jeder Seite, dabei insgesamt jedoch nicht mehr als drei Seiten. Anzeigen schaltet Google nicht. Mit technischen Vorkehrungen verwehrt Google dem Besucher die Sammlung aller Ausschnitte eines Werkes. Bei bestimmten Sachbüchern und Poesie erhält der Nutzer keinen Ausschnittszugriff, wenn der Ausschnitt den wesentlichen Inhalt des Werkes offenlegen würde.
Den Streit entzündete die Auffassung des Klägers, Google kopiere die Werke rechtswidrig ohne Nutzungseinräumung von Rechteinhabern. Der Prozess begann am 20. 9. 200510 und erreichte am 14. 11. 2013 das Ziel einer abschließenden erstinstanzlichen Entscheidung, mit der das Gericht11 die Ansprüche des Klägers abwies. Der Kläger bezeichnete die von der Beklagten vorgenommene Digitalisierung und ausschnittsweise Verbreitung von Werken seiner Mitglieder ohne deren Rechteeinräumung als Urheberrechtsverstoß und verlangte unter anderem die Einziehung digitalisierter Kopien und das Verbot der weiteren Digitalisierung und Verbreitung.12
Der Kläger beantragte auch die Anerkennung aller betroffenen, gleichgelagerten Opfer der angefochtenen Google-Techniken als Klasse und unterlag darin am 1. 7. 2013, als das Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City die erfolgte Sammelklageanerkennung13 als voreilig aufhob: Zuerst müsse das Untergericht entscheiden, ob nicht der Fair Use-Grundsatz eine klagevernichtende Einwendung darstelle.14 Nach diesem Revisionsbeschluss folgte am 14. 11. 2013 nun die Abweisung des Bundesgerichts der ersten Instanz.15
III. Das UrteilDie Abweisung einer weiteren Digitalisierungsklage im Fall The Authors Guild, Inc. v. HathiTrust im selben Gericht, doch vor einem anderen Richter, brachte die Ansprüche des Klägers bereits am 10. 10. 2012 ins Schwanken. Ohne die Präzedenzfallbindung eines Revisionsgericht hatte Richter Harold Baer die Fair Use-Doktrin selbständig ohne Einschaltung der Geschworenen nach seiner Subsumtion der unstrittigen Tatsachen als anspruchsvernichtend anwendbar auf die vergleichbare Digitalisierung bezeichnet, die Google für die beklagten Universitätsbibliotheken16 vornahm.17 Richter Baer verzeichnete zahlreiche positive Wirkungen der Digitalisierung, die die für einen Fair Use erforderliche Transformierung des reinen Buchangebotes ausmachen.
Auch sein Richterkollege Denny Chin stützt im Urteil vom 14. 11. 2013 die Feststellung des Fair Use auf die transformierende Wirkung der Digitalisierung i. V. m. den von Google ermöglichten neuen Nutzungsangeboten. Schon in der Sachverhaltsdarstellung verwendet er unter der Überschrift The Benefits of the Library Project and Google Books vier Seiten auf die ausführliche Beschreibung der vor Google Books unbekannten Nutzungsarten. Leser können Bücher auf neue, effiziente Weise entdecken. Inhalte werden über Worte und Sätze auffindbar. Ein Index verbindet über Worte jedes Buch mit jedem anderen Buch mit denselben Begriffen. Google Books ist daher ein Werkzeug für die Forschung geworden, das Bibliothekare unterstützt, Buchleihdienste effizienter macht, Fundstellensuchen vereinfacht und deshalb in Studiengänge eingebunden wurde.
Zudem treibt das System die Forschung durch Data Mining und Text Mining voran, weil riesige Mengen von geisteswissenschaftlichen Texten auswertbar werden. Außerdem verbessert es den Zugang zu Büchern, weil das System ihre Verbreitung in Großschrift-, Braille- und Tonformaten ausweitet und den Austausch mit Büchereien in unzugänglichen und armen Gebieten erleichtert. Die Digitalisierung schützt Bücher, die sonst in Regalen vermodern. Schließlich vermittelt Google Books Verfassern und Verlagen neue Leserkreise und Einkommensquellen.18
Nach diesen Feststellungen und einem Rückblick auf die Prozessgeschichte beginnt die Subsumtion, der Richter Chin als Grundlage die Vermutung vorausschickt, Google habe das Urheberrecht des Klägers verletzt: Neben der Anfertigung digitaler Kopien von Millionen Werken habe die Beklagte Kopien für andere und sich geschaffen und gespeichert,19 Digitalkopien der Library Project-Beteiligten zum Download bereitgestellt20 sowie Buchausschnitte der Öffentlichkeit zur Ansicht gegeben21 - ohne Erlaubnis oder Genehmigung der Rechteinhaber.
Zu Beginn der Subsumtion legt Richter Chin das anwendbare Recht, seine geschichtliche Entwicklung und die Kodifizierung von Fair Use in 17 USC § 107 dar und betont, dass die Ermittlung eines Fair Use "open-ended and context-sensitive" ist, während die vier gesetzlichen Faktoren nur als nichtausschließliche Leitlinien gelten und einer Abwägung im Lichte der Urheberrechtszwecke bedürfen. Als Einrede wirkt Fair Use anspruchsvernichtend. Die Beklagte trägt die Beweislast. Besonderes Gewicht hat die transformierende Nutzung eines geschützten Werkes. Sie bemisst sich daran, ob das neue Werk lediglich das K&R 2014, 17 Original ersetzt oder etwas Neues mit über das Original hinaus wirkendem Zweck oder von anderer Natur schafft, sodass es das Original auf neue Weise in Ausdruck, Bedeutung oder Information verändert. Die vom Gericht zu klärende Frage lautet, ob und in welchem Maße das neue Werk transformierend wirkt.22 Die Transformierung allein ist nicht unverzichtbar, erklärt Richter Chin, doch werden die Zwecke des Urheberrechts in ihrer Förderung von Wissenschaft und Künsten durch die Schaffung transformierender Weise vorangetrieben. Daher erörtert er die vier Faktoren, um sie abschließend abzuwägen:
1. Zweck und Art der NutzungDas Gericht merkt eine überaus transformative Wirkung in Googles Werknutzung an, die Lesern, Forschern, Wissenschaftlern und anderen durch ihren Index dient und die Arbeit von Büchereien bei der Buch- und Zitatsuche erleichtert. Die Abschnittsdarstellung ist ebenso transformierend wie sie bereits in Präzedenzfällen für Thumbnail-Bilder23 bestätigt ist. Wie bei Bildern vermitteln die Ausschnitte den Weg zum vollständigen Werk, ohne es insgesamt preiszugeben. Die Datenfunktion der aus den Werken gesammelten und verzeichneten Worte liegt den Werken selbst nicht inne - sie folgt aus der neuen Nutzungsweise Googles und eröffnet neue Forschungsgebiete, da Worte wie nie zuvor nutzbar werden. Beispiele sind Wortfrequenz- und Worttrendstudien. So ersetzt das System nicht das Buch, zumal es sich nicht zum Lesen von Büchern eignet. Stattdessen schafft es zusätzlich zum Werk einen Mehrwert, der die "Creation of new Information, new Aesthetics, new Insights and Understandings" ermöglicht.24
Googles gewerbliche Ausrichtung ist ein gegen die Beklagte wirkendes Merkmal. Doch selbst bei gewerblicher Nutzung kann ein Fair Use vorliegen, erörtert das Gericht: Google verkauft die Digitalisierungen der Bücher nicht, verlangt kein Entgelt für die Darstellung der Ausschnitte und verbindet die Ausschnittsseiten nicht mit einkünftegenerierenden Anzeigen. Somit verzichtet die Beklagte auf eine direkte Kommerzialisierung der Werke. Selbst wenn sie gewerbliche Motive verfolgt, indem sie Besucher zur Google-Suche animiert, und damit einen kommerziellen Wert erzielt, wiegen die vielfältigen Bildungsförderungszwecke des Systems mehr. So folgert das Gericht, dass diese Merkmale klar für einen Fair Use sprechen.
2. Art der WerkeDie Art der Werke spielt nach Ansicht beider Parteien und des Gerichts keine besondere Rolle. Sachbücher machen die Mehrzahl der betroffenen Werke aus, und sie verdienen weniger Schutz nach dem Copyright Act als Belletristik. Die betroffenen Bücher sind veröffentlicht und erhalten geringeren Schutz als unveröffentlichte Werke. Auch diese Merkmale lassen Googles Nutzung lauter wirken.
3. Umfang und Wesentlichkeit der genutzten TeileDieser Faktor stellt auf die Verhältnismäßigkeit ab, die im amerikanischen Recht weniger Bedeutung als im deutschen einnimmt, und in 17 USC § 107(3) die Buchausschnitte ins Verhältnis zum Gesamtumfang des Werkes setzt. Google digitalisiert das ganze Werk und kopiert verbatim seine Aussage, weshalb dieser Faktor die Nutzung unlauter machen sollte. Doch wägt das Gericht auch Präzedenzfälle ab, die Kopien ganzer Werke als Fair Use erlauben, und berücksichtigt die technische Notwendigkeit, erst jedes Wort durch die Digitalisierung zu erfassen, bevor der transformierende Index entstehen und Google die allumfassende Suche schaffen und Ausschnitte von für Rechteinhaber verhältnismäßig unschädlichem Umfang anzeigen kann. Die Entscheidung für mäßige Ausschnitte wichtet das Gericht zugunsten der Beklagten, sodass der dritte Faktor knapp für Google in die Waagschale fällt.
4. Auswirkungen auf den potentiellen Markt oder WertDer Kläger behauptet eine Entwertung der Werke durch das Google Books-System. Es ersetze den Buchmarkt, und Nutzer könnten durch Mehrfachsuchen ein gesamtes Werk lesen. Diese Argumente weist das Gericht als unsinnig zurück.25 Google verkaufe die digitalisierten Werke nicht, und diese würden keine Bücher ersetzen. Auch wenn die Partnerbibliotheken ihre Bücher vollständig kopieren, gehören sie ihnen bereits, bevor sie bei Google eintreffen. Die Mehrfachsuche wäre nur sinnvoll, wenn der Suchende enormen Aufwand triebe. Selbst dann erhielte er wegen der vorhandenen technischen Vorkehrungen nicht das ganze Werk. Zudem müsste er das Werk bereits besitzen, um die aufgefundenen Ausschnitte in die Reihenfolge des Buches fügen zu können.
Eine vernünftige Beweiswürdigung führe einzig zum Schluss, dass Google Books zum Vorteil der Rechteinhaber den Buchverkauf vermehre, resümiert das Gericht. Erst die Entdeckung eines Buches löse den Verkauf aus. Die Beklagte lege dafür ebenso wie Buchläden das Fundament. Sowohl Bibliothekare als auch Kunden ermitteln über Google Books, welche Bücher sie kaufen. Auch Autoren wissen, dass Recherchen im Internet und insbesondere bei Google Books Lesern zur Kaufentscheidung verhelfen und Interessenten wecken. Zudem wird dank der Verlags- und Vertriebsverweise im System der Bucherwerb bequemer. Ohne Zweifel verbessert das System den Buchumsatz, schließt Richter Chin.26 Deshalb fällt der vierte Faktor deutlich zugunsten der Beklagten aus.
5. Abwägung der FaktorenAbschließend wägt das Gericht diese vier Faktoren und sonstige relevante Erkenntnisse im Lichte der Urheberrechtszwecke ab. Ohne nachteilige Auswirkungen auf die Rechte der Rechteinhaber fördere Google Books den Fortschritt in Wissenschaft und Kunst mit Respekt vor den Rechten der Autoren und anderen Kreativen. Das Gericht wiederholt die im Sachverhalt verzeichneten Vorteile des Systems für Ausbildung, Lehre und Forschung, den Zugang zu und die Erhaltung von vergriffenen und vergesse-K&R 2014, 18 nen, nun zu neuem Leben erweckten Werken, und die Verbreitung von Werken für gesundheitlich und regional benachteiligte Leserkreise, während es neue Einkunftsquellen für Verfasser und Verlage aufdecke und insgesamt der Gesellschaft diene.
6. Erstreckung der Abwägung auf BibliothekenAuch das Library Program basiere auf Fair Use, erkennt das Gericht. Selbst wenn die Bibliotheken nach ihrem Bucherwerb überhaupt Rechte durch die Digitalisierung verletzen könnten, sei die Nutzung der Werke aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Digitalisierung mit dem Urheberrecht vereinbar, weil die Nutzung der Bibliotheken transformativ sei. Sie bestehe im von ihnen geschaffenen Indexsystem, dem Schutz und Erhalt der Buchinhalte und in der Bereitstellung der Inhalte für Leserkreise ohne Zugang zu Druckschriften. Google Books ermögliche Bibliotheken auf lautere Weise die Förderung der Wissenschaft und Künste.
Soweit der Kläger eine Sekundärhaftung der Beklagten für die behaupteten Verletzungen der Bibliotheken behauptet, verweist Richter Chin auf die Analyse seines Kollegen Baer im HathiTrust-Fall27 über den unschätzbar wertvollen Beitrag, den das Library Program zur Förderung von Kunst und Wissenschaft und die Erweiterung der Leserkreise auf Behinderte leiste.28 Die auf Google Books anwendbare Abwägung der Faktoren von 17 USC § 107 gelte auch für das Library Program. Wenn schon die Bibliotheken nicht haften, gelte dies erst recht für die Beklagte.
IV. FolgerungWährend sich das Gericht mit den marktwirtschaftlichen Aussichten der Digitalisierung auseinandersetzt, ignoriert es zu Recht ihre gesellschaftlichen Auswirkungen, wenn die Macht allen Wissens in der Hand eines dominanten Anbieters konzentriert ist. Das Gericht ist für diese Frage bei der vorliegenden Klage unzuständig, und Google steht mit einem Digitalisierungsvorhaben nicht allein, sondern ist lediglich außerordentlich erfolgreich. Ob Google aufgehalten werden kann, hängt jetzt vorrangig vom Bundesberufungsgericht des zweiten Bezirks der USA in New York City und dem Bundesgesetzgeber ab.
* | Mehr über den Autor erfahren Sie auf S. VIII. |
1 | Die Bundesgerichte erster Instanz sind für Fragen des Bundesrechts, zu dem das Urheberrecht zählt, sowie Ansprüche nach einzelstaatlichem Recht zuständig, wenn im Rahmen der Diversity Jurisdiction die Parteien aus verschiedenen Einzelstaaten im Bund stammen. Die Bundesgerichtsbarkeit existiert parallel zu den einzelstaatlichen Gerichtsbarkeiten der Staaten und sonstiger Rechtskreise im US-Bund und ist mithin nicht als Superrevisionsinstanz der einzelstaatlichen Gerichtsbarkeiten zu verstehen. |
2 | Fair Use gilt in abgewandelter Form auch im Markenrecht, vgl. 15 USC § 1125 (a)(3)(C). |
3 | Wie das Patentrecht ist das Urheberrecht durch die Bundesverfassung allein dem Bundesgesetzgeber vorbehalten. Jedoch gilt der Vorbehalt, dass einzelstaatliche Regelungen aus der Kolonialzeit weitergelten, solange sie nicht im Widerspruch zum Urheberrecht stehen. In der Praxis finden sich kolonialurheberrechtliche Ansprüche nach einzelstaatlichem Recht öfter in Klagen, doch überstehen sie fast nie bis zur Urteilsreife eines Prozesses. Das Markenrecht mit seinem eigenen Fair Use existiert parallel auf Bundes- und Einzelstaatsebene sowie als Common Law Trademark-Recht. |
4 | Für die Verwaltung des Copyright Act ist das Copyright Office in der Library of Congress, einem Arm der Legislative in Washington, DC, zuständig, bei dem auch Eintragungen beanspruchter Urheberrechte als Klagevoraussetzung zur prozessualen Durchsetzung von Urheberrechtsverletzungsansprüchen erfolgen. http://www.copyright.gov/title17/. |
5 | § 107. Limitations on exclusive rights: Fair use. Notwithstanding the provisions of sections 106 and 106 A, the fair use of a copyrighted work, including such use by reproduction in copies or phonorecords or by any other means specified by that section, for purposes such as criticism, comment, news reporting, teaching (including multiple copies for classroom use), scholarship, or research, is not an infringement of copyright. In determining whether the use made of a work in any particular case is a fair use the factors to be considered shall include(1) the purpose and character of the use, including whether such use is of a commercial nature or is for nonprofit educational purposes;(2) the nature of the copyrighted work;(3) the amount and substantiality of the portion used in relation to the copyrighted work as a whole; and(4) the effect of the use upon the potential market for or value of the copyrighted work.The fact that a work is unpublished shall not itself bar a finding of fair use if such finding is made upon consideration of all the above factors. http://www.copyright.gov/title17/92chap1.html#107. |
6 | Die örtliche Zuständigkeit des Bundesgerichts beurteilt sich nach dem Recht des Staates New York. Während des Digitalisierungsprozesses hatten sowohl das Oberste Gericht des Staates als auch das für das Prozessgericht zuständige Bundesberufungsgericht im Fall Penguin Group Inc. v. American Buddha Inc. geklärt, dass die örtliche Zuständigkeit im Sinne einer personal Jurisdiction nach dem Long Arm Statute des Staates bei Internetverbreitungen urheberrechtlich geschützter Werke bestehen kann; s. United States Court of Appeals for the Second Circuit, Beschl. v. 12. 5. 2011, http://ius.tv/1j4. |
7 | The Authors Guild, Inc. and Betty Miles, Joseph Goulden and Jim Bouton, on behalf of themselves and all others similarly situated v. Google Inc., Az. 05 Civ 8136. |
8 | Diese Sachverhaltsdarstellung kompiliert im Wesentlichen die Abschnitte 1 bis 3 des nachfolgenden Urteils vom 14. 11. 2013. |
9 | Bei der Sachverhaltsbeschreibung spricht das Gericht nicht von der Veröffentlichung von Kopien, sondern von der Darstellung wortwörtlicher Wiedergaben des Buchinhalts. Jedoch schreibt es "digital copies of in-copyright books scanned from their collections" bei der Abgabe der digitalisierten Werke an die Büchereien. |
10 | Complaint bei https://www.eff.org/files/filenode/authorsguild_v_google/complaint.pdf. |
11 | United States District Court for the Southern District of New York als erste Instanz der Bundesgerichtsbarkeit. |
12 | Die Revision ist bereits angekündigt, s. The Authors Guild, Round One to Google: Judge Chin Finds Mass Book Digitization a Fair Use. Guild Plans Appeal. 14. 11. 2014; http://www.authorsguild.org/general/round-one-to-google-judge-chin-finds-mass-book-digitization-a-fair-use-guild-plans-appeal/. |
13 | Erst lehnte das Untergericht eine für Vergleichszwecke gebildete Klasse ab: Authors Guild Inc. v. Google Inc., Beschl. v. 22. 3. 2011, 770 F. Supp. 2d 666, 686 (S.D.N.Y. 2011). Dann erkannte es eine veränderte Klasse an: Authors Guild v. Google, Inc., Beschl. v. 11. 6. 2012, 282 F.R.D. 384, 393 (S.D.N.Y. 2012). |
14 | United States Court of Appeals for the Second Circuit, Beschl. v. 1. 7. 2013, http://www.ca2.uscourts.gov/decisions/isysquery/13b80a97-9f79-4860-97ed-dffa4428a4c3/2/doc/12-3200_opn.pdf. |
15 | http://www.nysd.uscourts.gov/cases/show.php?db=special&id=355 (hiernach "Urteil"). |
16 | Vgl. dazu die BGH-Lösung im Urt. v. 28. 11. 2013 - I ZR 76/12 - Meilensteine der Psychologie; Pressemitteilung: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=66067&linked=pm&Blank=1. |
17 | The Authors Guild, Inc. v. HathiTrust, United States District Court for the Southern District of New York, 10. 10. 2012, http://www.scribd.com/doc/109647049/HathiTrust-Opinion. |
18 | Richter Chin stellt seinen Fünfpunktekatalog der Vorteile als unbestrittene Tatsachen nach dem Vortrag der Parteien dar und schließt mit dem Hinweis des Bibliothekarverbandes auf eine Belebung des Interesses an Büchern, die sonst in Forschungsbibliotheken vergraben wären. Unbestrittene Tatsachen erlauben dem Gericht, schon vor dem Geschworenenstadium des Prozesses ein Urteil als "Summary Judgment" zu erlassen. Vgl. Verf., Der US-Prozess, http://ius.tv/fp, S. 8. |
19 | Verletzung von 17 USC § 106(1). |
20 | Verletzung von 17 USC § 106(3). |
21 | Verletzung von 17 USC § 106(5). |
22 | A key consideration is whether, as part of the inquiry into the first factor, the use of the copyrighted work is "transformative," that is, whether the new work merely "supersedes" or "supplants" the original creation, or whether it: instead adds something new, with a further purpose or different character, altering the first with new expression, meaning, or message; it asks, in other words, whether and to what extent the new work is "transformative." Urteil S. 18. |
23 | Mittelstädt, Googles Haftung für Urheberrechtverletzungen durch seine Bildersuchmaschine, http://amrecht.com/mittelstaedtgoogle2008.shtml. |
24 | Urteil S. 21, verweist auf Leval, Toward a Fair Use Standard, 103 Harv. L. Rev. at 1111. |
25 | Bei diesem Faktor setzt sich das Gericht ausnahmsweise mit bestrittenen Tatsachen auseinander. Diese fallen in die Beweiswürdigungsverantwortung der Geschworenen, wenn der Richter nicht feststellt, dass die Würdigung nur ein bestimmtes Ergebnis herbeiführen kann. |
26 | Bei jedem verwerteten Tatbestandsmerkmal bezieht sich das Gericht auf eidliche Zeugenerklärungen und Stellungnahmen. Die Hinzuziehung der Geschworenen zur Würdigung ist nicht erforderlich, weil diese nur zu einem einzigen Ergebnis gelangen können, belegt es. Deshalb ist ein Urteil im "Summary Judgment"-Prozessabschnitt zulässig, s. Fn. 18. |
27 | Fn. 17. |
28 | "I cannot imagine a definition of fair use that would not encompass the transformative uses made by Defendants' [Mass Digitization Project] and would require that I terminate this invaluable contribution to the progress of science and cultivation of the arts that at the same time effectuates the ideals espoused by the [Americans with Disabilities Act]." Urteil, S. 27. |