Mit Planungsbeschleunigung zu einer neuen Ausbauoffensive für die Verkehrsinfrastruktur
Bernd Reuther, MdB*
Unsere Verkehrsinfrastruktur ist das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft: Ein zuverlässiger Güterverkehr auf der Straße, Schiene und Wasserstraße ist die Grundvoraussetzung für funktionierende Wertschöpfungs- und Logistikketten und damit für unseren gesamtgesellschaftlichen Wohlstand. Auch jeder Einzelne profitiert von ihr: Mobilität ist Freiheit und der Schlüssel zur persönlichen Selbstverwirklichung.
Nachrichten über bröckelnde Autobahnbrücken, verspätete Züge und die Lähmung der Binnenschifffahrt aufgrund von Niedrigwasser im Rhein zeigen uns, dass unsere Infrastruktur viel zu lange auf Verschleiß gefahren worden ist. Die Sperrung der Rahmede-Talbrücke der A45 in Lüdenscheid ist inzwischen ein trauriges Mahnmal für das ganze Land, wie sehr nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit und der Wohlstand, sondern auch die Lebensqualität in einer ganzen Region leidet, wenn eine wichtige Verkehrsader plötzlich wegbricht.
Dabei mangelt es nicht an Plänen, sondern an der Umsetzung. Das Planungsrecht ist über Jahrzehnte hinweg, nicht zuletzt durch immer höhere Umweltauflagen, immer komplexer geworden. Gleichzeitig zeigen Prognosen, dass der Verkehr in Deutschland auch in Zukunft weiter zunehmen wird, insbesondere der Güterverkehr. Aus diesem Grund müssen wir unsere bestehende Infrastruktur sanieren und auch zukunftsweisende Ausbauprojekte schnellstmöglich umsetzen.
Ein Beispiel aus meiner Heimat am Niederrhein macht aber leider deutlich, dass diese inzwischen zu regelrechten Generationenaufgaben geworden sind: 1992 beschlossen Deutschland und die Niederlande den Bau der Betuwe-Linie, um das Ruhrgebiet besser mit Rotterdam und seinem wichtigen Hafen zu verbinden. Während die notwendige Neubaustrecke auf niederländischer Seite bereits 2007 in Betrieb gegangen ist, steckt Deutschland 30 Jahre nach der Vertragsunterzeichnung immer noch in Planfeststellungsverfahren fest.
Auch der Klimawandel drängt uns zur Eile: Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Wenn wir den Verkehrsträger Schiene attraktiver machen wollen – dabei sind sich wohl alle demokratischen Kräfte in diesem Land zumindest grundsätzlich einig –, können wir es uns schlichtweg nicht leisten, dass es selbst bei kleineren Ausbauprojekten Jahrzehnte dauert, bis sie umgesetzt sind. So wie bisher kann es nicht weitergehen!
Deshalb hat sich die Ampel-Koalition vorgenommen, die Dauer von Genehmigungsverfahren mindestens zu halbieren. Mit dem Genehmigungsbeschleunigungsgesetz (GBeschlG) lassen wir diesen Worten nun Taten folgen. Durch den Einbezug digitaler Instrumente und die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden wollen wir die Planung neuer Projekte effizienter machen. Die Genehmigung von Ersatzneubauten wird vereinfacht, weil die erneute Umweltverträglichkeitsprüfung wegfällt. Besonders wichtige Vorhaben sollen als „im überragenden öffentlichen Interesse“ eingestuft werden können und auch der Bau von Windenergie- und Solaranlagen entlang von Bundesfernstraßen wird vereinfacht. Damit modernisieren wir Deutschland und legen den Grundstein für eine neue Infrastrukturausbauoffensive.
* | Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag. |