R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
 
 
NUR 2025, 193
Kämpfer 

Transformation ermöglichen, nicht verhindern: die Rolle der Regulierung in der Zeitenwende

Dr. Ulf Kämpfer*

Abbildung 1

Die Klimaziele sind gesetzt – in Kiel wie bundes- und europaweit. Unsere Landeshauptstadt verfolgt ein klares Ziel: Klimaneutralität – so schnell wie möglich. Das ist mehr als ein Leitspruch. Es ist ein täglicher Anspruch an Politik und Verwaltung, aber auch ein Appell an die Institutionen unseres Staates, die den Rahmen für diesen Wandel gestalten.

Denn die Transformation findet vor Ort statt – in Stadtwerken, in Verteilernetzen, in Quartieren. Hier müssen Wärmepumpen integriert, Ladeinfrastruktur für Elektroautos ausgebaut und neue Gasanwendungen – perspektivisch auf Wasserstoffbasis – ermöglicht werden. Und hier entscheidet sich, ob die Energiewende gelingt – oder im Dickicht der Paragraphen und Verfahren steckenbleibt.

In diesem Kontext kommt der Bundesnetzagentur eine zentrale Rolle zu. Sie ist nicht nur Aufsichts- und Genehmigungsbehörde, sondern längst zu einem der wichtigsten Taktgeber für die Umsetzung der Energie- und Klimaziele geworden. Doch mit dieser Verantwortung geht auch eine neue Erwartungshaltung einher: Wer über die Anreizregulierung für Verteilernetze, Investitionsbedingungen oder sektorübergreifende Steuerung entscheidet, trägt auch Mitverantwortung dafür, ob die nötigen Milliardeninvestitionen in die kommunale Energieinfrastruktur ausgelöst oder gebremst werden.

Gerade bei der Finanzierung der Energiewende muss jetzt regulatorisch umgesteuert werden. Das bedeutet konkret: ausreichende Eigenkapitalzinssätze für Netzbetreiber, investitionsfreundliche Verfahren, technologieoffene Bewertungsmaßstäbe und ein klares Bekenntnis zu regionaler Infrastruktur in kommunaler Hand. Denn kommunale Netzbetreiber sichern nicht nur die Daseinsvorsorge, sie sind auch das Rückgrat einer dezentralen, resilienten Energieversorgung.

Der Verbraucherschutz ist ein hohes Gut. Aber Regulierung darf auch kein Selbstzweck und nicht einseitig sein. Sie muss Zukunft möglich machen. Dazu gehört auch die Anerkennung von Innovation und Gemeinwohlorientierung als Elemente einer modernen Regulierungskultur. Was wir jetzt brauchen, ist regulatorischer Gestaltungsmut – im Einklang mit Investitionssicherheit und Nachhaltigkeit.

Die Kommunen und ihre Unternehmen stehen bereit. Sie investieren, planen, koordinieren – oft unter schwierigsten Bedingungen. Was sie brauchen, ist kein regulatorischer Bremsklotz, sondern ein Ermöglichungsrahmen. Die Bundesnetzagentur kann diesen Rahmen mitgestalten – im Dialog, mit Blick für die Realität vor Ort und mit einem klaren Ziel vor Augen: eine klimaneutrale Energiezukunft – bezahlbar, sicher, dezentral. Hier sehe ich bei den aktuellen Festlegungsentwürfen der Bundesnetzagentur zu „Regulierungsrahmen und Methode der Anreizregulierung für Elektrizitätsverteilernetzbetreiber“ (RAMEN) sowie für „Netze. Effizient. Sicher. Transformiert.“ (NEST) noch sehr deutlichen Korrekturbedarf im Konsultationsverfahren – sonst werden die Verteilernetzbetreiber vor Ort nicht in dem notwendigen Maße investieren können und die dezentrale Energiewende droht zu scheitern.

*

Oberbürgermeister der Stadt Kiel und Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU).

 
stats