Verbraucherfreundliche Netzwirtschaften: Erwartungen an die neue Bundesregierung
Klaus Müller*
Lichtbild: Gert Baumbach, vzbv
Internetzugang, Strompreise und Heizkosten – politische Entscheidungen in den Bereichen Telekommunikation und Energie haben unmittelbare Auswirkungen auf das Leben von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Deshalb muss sich die neue Bundesregierung in den kommenden vier Jahren für Verbraucherrechte im Bereich Netzwirtschaften starkmachen. Ziel muss es sein, ein wirtschaftlich ausgewogenes Verhältnis zwischen Anbieter und Nachfrager herzustellen. Hier gibt es noch viel zu tun.
So muss der Ausbau einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Breitbandversorgung eine hohe Priorität haben. Die erheblichen Versorgungslücken im ländlichen Raum müssen geschlossen werden. Das ist gerade im Hinblick auf digitale Chancengleichheit und Teilhabemöglichkeit aller Bevölkerungsgruppen wichtig. Dass die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag einen rechtlichen Anspruch auf „Zugang zu schnellem Internet“ festgeschrieben hat, ist zu begrüßen. Es darf aber nicht bei einer bloßen Absichtserklärung bleiben. Hier muss der Gesetzgeber endlich liefern – hoffentlich lange vor Ablauf dieser Legislaturperiode.
Damit der Breitbandausbau vorankommt, muss außerdem ein investitionsfreundlicher Regulierungsrahmen geschaffen werden. Die Deregulierung marktbeherrschender Unternehmen und Remonopolisierung des Marktes wären hierbei die denkbar schlechteste Wahl. Denn für Verbraucher würde dies steigende Preise und ein eingeschränktes Leistungsangebot bedeuten. Um den Wettbewerb anzukurbeln, sollte daher weiterhin auf eine sektorspezifische Regulierung gesetzt werden, die auch neuen Marktteilnehmern Investitionssicherheit bietet. Das kommt am Ende auch Verbrauchern zugute.
Eine weitere Herausforderung für die neue Bundesregierung liegt im Energiebereich. Im Koalitionsvertrag wurde festgeschrieben, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 zwei Drittel betragen soll. Um den dafür notwendigen Um- und Ausbau von Stromnetzen verbraucherfreundlich zu gestalten, müssen dabei insbesondere zwei Punkte berücksichtigt werden: Zum einen dürfen private Verbraucher finanziell nicht noch einmal stärker belastet werden als Unternehmen und die Industrie. Zum anderen ist sicherzustellen, dass eine zunehmende Zahl der Verbraucher als Prosumenten Strom produzieren, speichern und ins Netz einspeisen kann. Dabei muss auch der Ausbau der Elektromobilität berücksichtigt werden.
Gleichzeitig rückt die Fernwärme wieder stärker in den Fokus: Hier planen Union und SPD den weiteren Ausbau des Fernwärmenetzes. Gleichzeitig gelten in diesem Sektor immer noch Verbrauchervorschriften aus den 1980er Jahren. Einmal für die Fernwärme entschieden, sind private Haushalte Preisforderungen der Anbieter weitgehend ausgeliefert. Der Verbraucherzentrale Bundesverband setzt sich deshalb für die Schaffung wettbewerblicher Strukturen ein. Außerdem bedarf es einer Preisregulierung wie auf dem Strom- und Gasmarkt, einer Stärkung der Verbraucherrechte sowie mehr Transparenz.
Die Bundesregierung hat viel zu tun. Wir werden sie an ihren Taten messen.
* | Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). |