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RdF 2014, 89
Fahrenschon 

Bankenunion: Mannigfache Herausforderungen für das deutsche Kreditgewerbe

Die EZB sollte sich bei der Bankenaufsicht zunächst einmal auf die größten, tatsächlich systemrelevanten Institute beschränken

Abbildung 1

Als erster Schritt auf dem Weg zu einer Europäischen Bankenunion steht derzeit die Schaffung eines Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) für alle Kreditinstitute der Eurozone sowie ggf. weiterer teilnehmender EU-Mitgliedstaaten an. Am 4.11.2014 übernimmt die Europäische Zentralbank (EZB) die operativen Aufgaben der Bankenaufsicht für die als “bedeutend” eingestuften Institute innerhalb des SSM.

Damit die EZB die ihr anvertrauten Institute quasi “besenrein” übernehmen kann, werden derzeit die Bilanzen von 128 Banken der Eurozone auf mögliche Kapitallücken hin durchleuchtet und anschließend einem Stresstest unterzogen. Dabei stoßen die teilnehmenden Institute an die Grenze der Belastbarkeit und Zumutbarkeit. Der Datenhunger der EZB kennt diese Grenzen offenbar nicht. So müssen die Institute im Schnitt für Stichproben rund 1250 Kreditakten wälzen und nachträglich auswerten. So werden teilweise Daten abgefragt, die bisher nie erhoben wurden und auch nicht erhoben werden mussten. Es drängt sich der Verdacht auf, dass EZB diese Vielzahl an Daten weniger aus aufsichtlichen Erwägungen heraus tatsächlich benötigt, sondern vielmehr ihrem “Sammeltrieb” als Notenbank folgt. Wenn das so ist, dann ist das ein erster Hinweis darauf, dass die versprochene Trennung zwischen der Aufsichtsfunktion der EZB und ihren währungspolitischen Aufgaben schon vor der operativen Übernahme der Aufsicht im November nicht eingehalten wird.

Sorge bereitet in diesem Zusammenhang darüber hinaus die Ankündigung der EZB, sich auch intensiv um die als weniger bedeutend eingestuften Institute kümmern zu wollen – “indirekte Aufsicht” ist hier das Stichwort. Aber schon die sofortige Übernahme der Aufsicht über die bedeutenden Institute stellt für die erst im Aufbau begriffene Behörde, die derzeit Mitarbeiter mit Erfahrung in der Bankenaufsicht händeringend sucht, eine gravierende Herausforderung dar. Hier sollte die EZB schrittweise vorgehen und nicht alles auf einmal wollen. Anstatt alle 128 “bedeutenden Institute” von Anfang an voll zu beaufsichtigen, sollte sich die Zentralbank zunächst einmal auf die größten, tatsächlich systemrelevanten Institute beschränken. Das wäre für die EZB bedeutend sinnvoller, als heute schon ihr Augenmerk darauf zu richten, zusätzlich auch sämtliche 7000 Banken in Europa zumindest indirekt beaufsichtigen zu wollen.

Aber auch mit Blick auf die zweite Säule der Bankenunion, die Bankenabwicklung, die am 15.4.2014 vom Europäischen Parlament beschlossen wurde, kommen harte Zeiten auf die deutschen Institute zu. Bankenabwicklung ist zwar grundsätzlich eine sinnvolle Sache – ein geordnetes Ausscheiden von Marktteilnehmern ist Teil unseres Verständnisses von Marktwirtschaft. Eine reine Umverteilung von angesparten Sicherungsmitteln im europäischen Bankensektor kann dagegen nicht als wirksames Mittel für ein zukunftsfähiges Bankensystem in Europa angesehen werden. Die jetzt beschlossene schnelle Vergemeinschaftung des Abwicklungsfonds ist eine solche Umverteilung. Damit werden die zugrundeliegenden Probleme, die aus zu hohen Risiken, zu geringem Kapital einzelner Banken oder der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen resultieren, nicht gelöst. Wenn es – wie abzusehen – dazu kommt, dass auch ausschließlich regional tätige Institute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken zur Mitfinanzierung der Abwicklung großer systemrelevanter Banken herangezogen werden, dann muss dafür Sorge getragen werden, dass die hieraus resultierende finanzielle Belastung dieser Institute risikogerecht verteilt wird und tragbar bleibt – und ihre funktionierenden Sicherungssysteme unangetastet bleiben. Die teilweise als “Endstufe” der Bankenunion bezeichnete etwaige Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa ist deshalb weiterhin eine rote Linie, die keinesfalls überschritten werden darf. Ein solcher Schuss ginge eindeutig nach hinten los und würde das Vertrauen der Einleger in die bisher als stabil geltenden Banksysteme untergraben.

Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV)

 
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