Zwischen Wettbewerb, Transparenz und Finanzmarktstabilität: die Revision der MiFID-Richtlinie
Ein Mehr an Transparenz ist notwendig, um Licht ins Dunkel zu bringen
Als Folge der Finanzkrise haben wir uns auf europäischer Ebene ein Ziel gesetzt, das ganz im Einklang mit den Beschlüssen des G 20-Gipfels von Pittsburgh im September 2009 steht: Um die Stabilität der Finanzmärkte zu garantieren und Investoren ausreichend zu schützen, soll kein Finanzinstitut und kein Finanzprodukt unreguliert bleiben. Dementsprechend wurden neue Rechtsakte, wie etwa zu Alternativen Investmentfondsmanagern, bereits verabschiedet, andere befinden sich aktuell in der Diskussion. Außerdem werden schon existierende Rechtsakte überarbeitet und an die aktuellen Verhältnisse sowie die neu geschaffene Aufsichtsstruktur auf europäischer Ebene angepasst.
In Zuge dessen steht auch die Revision der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rats vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) an. Was ist das Ziel der Überarbeitung? Natürlich muss an erster Stelle überprüft werden, inwiefern die Ziele von MiFID seit Inkrafttreten erreicht werden konnten und an welchen Stellen Anpassungen notwendig sind. Brauchen wir aber eine komplette Überarbeitung, und müssen wir neue Vorschriften einführen, oder reicht es aus, wenn die bereits existierenden Regelungen besser umgesetzt werden?
Es gibt mehrere zentrale Fragen, die wir uns zu beantworten haben: Haben wir mehr Wettbewerb zwischen den einzelnen Handelsplattformen bei gleichen Wettbewerbsbedingungen geschaffen? Sind die Transparenzvorschriften ausreichend und die Investoren angemessen geschützt, ohne gleichzeitig den Wertpapierhandel zu sehr einzuschränken? Wo gibt es noch unregulierte Bereiche, die ein hohes systemisches Risiko bergen? MiFID hat zu einer Fragmentierung des Markets und mehr Wettbewerb zwischen den Handelsplattformen geführt, das steht außer Frage. Wenn wir uns aber den Marktanteil des außerbörslichen OTC-Handels anschauen, der von den MiFID-Vorschriften ausgenommen ist, stellen wir fest, dass es seit Inkrafttreten der MiFID keine Veränderung gegeben hat und dieser immer noch bei etwa 40 % liegt. Aber eigentlich sollten durch Definition und Einführung von zwei neuen Kategorien von Handelsplattformen – Mulitlateral Trading Facilities (MTF) und Systemic Internaliser (SI) – mehr Wertpapiere über die regulierten Plattformen gehandelt werden. Das war ebenso ein ursprüngliches Anliegen der MiFID und das wurde augenscheinlich nicht erreicht. Hinzu kommt noch ein relativ junges Phänomen, dessen Marktanteil immer weiter gestiegen ist in den letzten Jahren: Dark Pools. Diesen von der Vorhandelstransparenz ausgenommenen MTF müssen wir auch besondere Beachtung schenken und überprüfen, inwiefern es einer Überarbeitung dieser Ausnahmen bedarf, um am Ende eine Verschiebung des Handels auf regulierte und transparente Handelsplätze zu erreichen. Das alles zeigt uns aber auch, dass wir ein Mehr an Transparenz noch nicht erreicht haben und an diesem Punkt müssen wir ansetzen, um Licht ins Dunkel zu bringen und die Schwachpunkte der bestehenden Vorschriften aufzudecken und abzuschaffen. Daneben wird auch häufig die Frage aufgeworfen, ob die existierenden Kategorien MTF und SI ausreichend sind oder ob eine neue geschaffen werden muss. Other Trading Facilities (OTF) wurde hier schon als Begriff in die Diskussionen eingebracht. Aber ist es sinnvoll, noch mehr Kategorien zu definieren, anstatt die vorhandenen Definitionen anzupassen?
Wir stehen vor keiner leichten Aufgabe. Das zeigt sich schon allein daran, wie lange die Europäische Kommission braucht, um einen Vorschlag zu erarbeiten. Bereits die Konsultation wurde über mehrere Monate verschoben, und so verhält es sich jetzt auch mit dem Entwurf über die überarbeitete Richtlinie. Die ehrgeizigen Pläne, den Vorschlag im Mai vorzulegen, wurden bereits früh verworfen. Mittlerweile können wir davon ausgehen, den Richtlinienvorschlag erst im September oder Oktober zu bekommen. Auf dieser Grundlage werden wir spannende und vermutlich auch sehr kontroverse Diskussionen im Europäischen Parlament führen. Denn das Interesse an diesem Dossier ist groß, daher werden wir im Europäischen Parlament auch ein Verfahren für die Bearbeitung des Kommissionsvorschlags wählen, dass uns ein vollständiges Bild von allen Beteiligten und Betroffenen gibt, damit uns alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Als Berichterstatter für das Europäische Parlament ist das eine Herausforderung, der ich mich sehr gerne stelle.
Markus Ferber, MdEP, Berichterstatter des Europäischen Parlaments zu MiFID und Vorsitzender der CSU-Europagruppe