FG München
Keine Anrechnung von Körperschaftsteuer ausländischer Dividenden entsprechend § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG
FG München, Entscheidung vom 26. Januar 1998 - 15 K 3861/93;
FG München
vom 26.01.1998
- 15 K 3861/93
RIW
1998, 651
(Heft 8)
Sachverhalt:Kläger erwarben einige wenige Aktien von dänischen, niederländischen und spanischen Kapitalgesellschaften. Für die Dividenden daraus beantragten sie in den Jahren 1990 und 1991 die Anrechnung von ausländischer Körperschaftsteuer entsprechend § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG auf die deutsche Einkommensteuer. Das Finanzamt lehnte die Einbeziehung der ausländischen Dividenden in das inländische Anrechnungsverfahren ab. Hiergegen richtet sich die Klage. Nach Auffassung der Kläger verstößt der Ausschluß der ausländischen Dividenden vom inländischen Anrechnungsverfahren gegen EU-Recht, da dies zur Folge habe, daß die Rendite bei seinen ausländischen Aktien geringer ausfalle als die bei einer vergleichbaren inländischen Anlage.Aus den Gründen:II. Die Klage kann keinen Erfolg haben.Zur Zulässigkeit der Klage1. Die Klage ist, soweit es den Hauptantrag betrifft, zulässig, aber unbegründet.a) Die Klage ist insoweit auf Festsetzung einer höheren Steuer gerichtet. Dennoch ist hierfür das Rechtsschutzbedürfnis gegeben (§ 40 Abs. 2 FGO).Ziel der Kläger ist die Anrechnung der auf ihren Auslandsdividenden lastenden ausländischen Körperschaftsteuer in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG. Die Anrechnung von Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuerschuld gem. § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG ist Teil des Steuererhebungsverfahrens und erfolgt damit außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens. Sie kann daher an sich nicht durch Anfechtung der Steuerfestsetzung erreicht werden. Voraussetzung für eine Anrechnung ist jedoch, daß die entsprechenden Beträge vorher als Einnahmen aus Kapitalvermögen besteuert werden (vgl. BFH-Urteil v. 27. 3. 1996 I R 87/95, BStBl. II 1996 S. 473; § 36 Abs. 2 Nr. 3 lit. f) EStG n. F.). Da im Streitfall das Finanzamt die Besteuerung der ausländischen Körperschaftsteuerbeträge in entsprechender Anwendung von § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG abgelehnt hat, können die Kläger ihr Anliegen, Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuerbeträge, im derzeitigen Verfahrensstadium nur mit diesem Hauptantrag erreichen (vgl. BFH-Urteil v. 19. 7. 1994 VIII R 58/92, BStBl. II 1995 S. 362).Kein Verstoß nationaler Vorschriften gegen EU-Recht(1) Die hier strittigen ausländischen Dividenden sind nicht wegen eines offenkundigen unmittelbaren Verstoßes gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht in das inländische Anrechnungsverfahren mit einzubeziehen. Eine Vorlage an den EuGH erübrigt sich insoweit.Eine vertragliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, das eigene Anrechnungsverfahren auf ausländische Dividenden auszuweiten und die darauf lastenden Körperschaftsteuerbeträge in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG auf die Einkommensteuerschuld der hier unbeschränkt Steuerpflichtigen anzurechnen, bestand damals erkennbar nicht. Eine solche (unmittelbare) Verpflichtung läßt sich nach Auffassung des Senats auch nicht der sog. Kapitalverkehrsrichtlinie vom 24. Juni 1988 (ABl. v. 8. 7. 1988 Nr. L 178/5) entnehmen. Nach Art. 1 Abs. 1 der Kapitalverkehrsrichtlinie waren bis zum 1. Juli 1990 für alle wesentlichen Kapitalbewegungen lediglich die Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen in den Mitgliedstaaten zu beseitigen (vgl. hierzu näher Schön, in Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk 1997, S. 743, 755). Eine Verpflichtung für die einzelnen Mitgliedstaaten, ihr Steuerrecht zu harmonisieren, war damit nicht verbunden.Im übrigen konnten die Kläger jederzeit am freien Markt ausländische Aktien kaufen und haben dies offensichtlich auch getan.Beurteilung dänischer Dividenden(2) Die hier strittigen dänischen Dividenden sind auch nicht wegen des von den Klägern behaupteten mittelbaren Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsrichtlinie in das deutsche Anrechnungsverfahren mit einzubeziehen. Dies ergibt sich nach Auffassung des Senats aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil v. 28. 1. 1992 Rs. C-204/90, EuGHE 1992, 249, Slg. 1992 I-276 (Bachmann), RIW 1992, 334, C-300/90, Slg. 1992 I-314 (Kommission/Belgien); v. 14. 2. 1995 Rs. C-279/93, EuGHE 1995, 225, Slg. 1995 I-249 (Schumacker), RIW 1995, 336; v. 11. 8. 1995 Rs. C-80/94, EuGHE 1995, 2493, Slg. 1995 I-2508 (Wielockx), RIW 1995, 869; v. 14. 11. 1995 Rs. C-484/93, EuGHE 1995, 3955, Slg. 1995 I-3971 (Svensson-Gustavsson); v. 27. 6. 1996 Rs. C-107/94, EuGHE 1996, 3089, Slg. 1996 I-3113 (Asscher), RIW 1996, 696; v. 15. 5. 1996, Rs. C-250/95, EuGHE 1996, 3089, Slg. 1997 I-2492 (Futura/Singer)). Eine Vorlage an den EuGH ist daher auch insoweit entbehrlich.Der Senat ist zwar - wie der Kläger - der Auffassung, daß wegen der derzeitigen steuerlichen Behandlung von Auslandsdividenden die Rendite ausländischer Aktien gegenüber der bei einer vergleichbaren inländischen Anlage - soweit es eine solche gibt (wohl verneinend Herzig, in Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk 1997, S. 636) - durchaus geringer ausfallen kann. Nach Auffassung des Senats ist jedoch - entgegen den Klägern - bei der Prüfung, inwiefern bei der einen Anlage gegenüber der anderen gerade durch die inländische oder ausländische Besteuerung mit einer höheren Rendite zu rechnen ist, nicht allein auf die Möglichkeit zur (inländischen) Körperschaftsteueranrechnung abzustellen. Die Möglichkeit zur Körperschaftsteueranrechnung bei einem Engagement in inländische Aktien mag bei einem Renditevergleich zwar mit eine Rolle spielen, nach Ansicht des Senats jedoch nicht die ausschlaggebende. Primär entscheidend für den Anleger wird vielmehr der von der Anlagegesellschaft selbst nachhaltig erzielbare Gewinn sein. Denn davon hängt deren Ausschüttungspolitik ab, die wiederum die Höhe der Dividende bestimmt.Der von einer Kapitalgesellschaft nachhaltig erzielbare Gewinn ist aber das Ergebnis eines Konglomerats wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, die gerade in den Streitjahren von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat zum Teil noch stark divergierten (z. B. unterschiedliches Arbeitsrecht, Löhne, Kapitalmarktzinsen, Bilanzrecht etc.; vgl. Herzig, a. a. O., S. 636). Zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Einfluß auf den von der Kapitalgesellschaft nachhaltig erzielbaren Gewinn haben, rechnen nach Auffassung des Senats auch die wesentlichen betrieblichen Steuern wie die Gewerbesteuer und die Vermögensteuer (vgl. Beschluß des BVerfG v. 22. 6. 1995 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995 S. 655; § 32 c EStG, sowie die Gesetzesbegründung hierzu BT-Drucks. 12/4487 S. 23). Nach Auffassung des Senats ist es nicht möglich, aus dem gesamten Korb der wesentlichen betrieblichen Steuern eine einzelne herauszupicken, um diese zum Maßstab einer angeblichen Diskriminierung zu machen. Alle wesentlichen Steuern haben Einfluß auf den von einer Kapitelgesellschaft nachhaltig erzielbaren Gewinn und sind, da sie zwischen den beiden Ländern unterschiedlich ausfallen, in den Renditevergleich mit einzubeziehen. Die Grundlagen für den aus Sicht eines Aktionärs gebotenen umfassenden Renditevergleich stellen sich daher wie folgt dar:Besteuerungsregeln in DänemarkSoweit feststellbar, unterlagen die dänischen Kapitalgesellschaften in den Streitjahren 1990 und 1991 anders als die deutschen Gesellschaften keiner Gewerbesteuer (vgl. BMF-Informationsdienst zur Finanzpolitik des Auslands v. 23. 9. 1991 Az. I A 7 - Vw 9035 - 9/91, S. 11; Muuss, in Mennel, Steuern in Europa, USA, Kanada und Japan, NWB-Verlag; Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, DBA/Dänemark Art. 2, Anhang Steuerübersicht I/E). Die dänischen Kapitalgesellschaften waren außerdem (anders als die natürlichen Personen) nicht vermögensteuerpflichtig (vgl. BMF-Informationsdienst, a. a. O., S. 9; Debatin/Wassermeyer, a. a. O., Steuerübersicht VII; Muuss, a. a. O., Rz. 6. 1.) und unterlagen einer Tarifbelastung von nur 38% (vgl. BMF-Informationsdienst, a. a. O., S. 7; Muuss, a. a. O. (Stand 1996), Rz: 126), die zudem noch niedriger ausfiel, wenn steuerfreie Einnahmen erzielt wurden. Die inländische tarifliche Körperschaftsteuer war dagegen mit 56% deutlich höher. Sie erhöhte sich durch den Abzug der sog. nichtabziehbaren Betriebsausgaben i. S. des § 31 Abs. 1 Nr. 4 KStG (insbesondere der damals noch erhobenen Vermögensteuer) vom sog. EK 56 auf effektiv 112%, da dadurch Anrechnungspotential vernichtet wurde.Zur Abmildung der doppelten Besteuerung ausgeschütteter Gewinne einer Kapitalgesellschaft (Besteuerung bei der Kapitalgesellschaft und dann nochmals beim Anteilseigner) praktizierte Dänemark damals ein modifiziertes Teil-Anrechnungsverfahren. Danach erhielten in Dänemark ansässige Anteilseigner, die eine Dividende von einer dänischen Gesellschaft bezogen, einen Teil der von der ausschüttenden Gesellschaft vorweg entrichteten Steuer vergütet. Die »Steuergutschrift« betrug 25% der bezogenen Dividende und war vom Dividendenempfänger zu versteuern. Ein nach Verrechnung mit der Einkommensteuerschuld verbleibender Überhang wurde erstattet (vgl. Debatin/Wassermeyer, a. a. O., Art. 2, Steuerübersicht II/B/; BMF-Informationsdienst, a. a. O., S. 7). In Deutschland wurde damals die Doppelbesteuerung der von einer inländischen Kapitalgesellschaft ausgeschütteten Gewinne vollständig beseitigt, wenn Dividendenempfänger ein Inländer war. Hierzu wurde bei der ausschüttenden Gesellschaft zunächst festgestellt, wie hoch die Körperschaftsteuerbelastung des für Ausschüttungen verwendeten Eigenkapitals in einzelnen ist (Tarifbelastung). Anschließend wurde die Körperschaftsteuerbelastung für die für die Ausschüttung verwendeten Eigenkapitalanteile auf 36% vereinheitlicht (sog. Ausschüttungsbelastung), so daß der Anteilseigner bei jeder Gewinnausschüttung einen festen Bruchteil der Dividende auf seine persönliche Einkommensteuer anrechnen konnte.Damit errechnete sich aus Sicht des Aktionärs die Netto-Kapitalrendite bei einer dänischen bzw. deutschen Aktie unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorwegbelastung der Kapitalgesellschaft wie folgt:Dividenden aus DKaus BRDBest. in DKBest. in BRDBest. in BRDGewinn Kap. Ges. vor Steuern GewSt., VSt KSt-BelastungBar-Dividende anrechenbare KStEink aus Kap-Vermögen pers. Steuer 50%Netto-Kap RenditeAus dieser Gegenüberstellung ist ersichtlich, daß für den Inländer die Kapitalrendite bei einer inländischen Anlage zwar nur unwesentlich höher ist als die einer dänischen Aktie für den Dänen, für ihn jedoch die inländische Anlage gegenüber einer vergleichbaren ausländischen deutlich gün-stiger ist. Der Senat ist daher wie die Kläger der Auffassung, daß dies die Entscheidung eines inländischen Investors, der überlegt, ob er inländische oder ausländische Aktien erwerben oder behalten soll, zugunsten einer inländischen Anlage beeinflussen kann. Ob darin eine Behinderung des freien Handels mit Aktien zu sehen ist (so wohl EuGH-Urteil Svensson-Gustavsson, Rdnr. 10), kann der Senat ebenso dahingestellt sein lassen wie die Frage, ob dies bejahendenfalls einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsrichtlinie darstellt, d. h. ob die Kapitalverkehrsrichtlinie überhaupt »mittelbare Behinderungen« des freien Kapitalverkehrs durch nationales Steuerrecht untersagte (vgl. Ress/Ukrow, in Grabitz/Hilf, EUV/EGV, Rz. 4 zu Art. 73 a EGV; Weber, in Lenz, EG-Vertrag 1994, Rz. 2 zu Art. 73 b EGV; aber auch Art. 73 d EGV, der es den Mitgliedstaaten nunmehr ausdrücklich erlaubt, weiterhin die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln, soweit diese nicht willkürlich diskriminierend sind). Selbst wenn man von einer mittelbaren Behinderung des freien Kapitalverkehrs i. S. obiger Richtlinie ausgeht, ist diese entsprechend der vorliegenden Rechtsprechung des EuGH nicht auf eine Diskriminierung durch das deutsche Steuerrecht zurückzuführen, die es rechtfertigen würde, die dänischen Dividenden des Klägers in das deutsche Anrechnungsverfahren mit einzubeziehen.Zum Gleichheitsgrundsatz innerhalb der EUNach ständiger Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteile v. 28. 1. 1986 Rs. 270/83 (avoir fiscal), EuGHE 1986, S. 273, 305, RIW 1986, 739; v. 8. 5. 1990 Rs. C-175/88 (Biehl), EuGHE 1990 S. I-1779, 1792, RIW 1990, 846; v. 12. 4. 1994 Rs. C-1/93 (Halliburton), EuGHE 1994 S. I-1137, 1056, RIW 1994, 523; sowie die Urteile Schumacker, Wielockx, Asscher) verletzt eine inländische Norm dann den Gleichheitsgrundsatz, wenn durch sie im wesentlichen gleiche Situationen ungleich oder wesentlich ungleiche gleich behandelt werden. Dabei geht der EuGH davon aus, daß sich Gebietsfremde gegenüber Gebietsansässigen i. d. R. nicht in einer gleichartigen Situation befinden und es daher - soweit es die direkten Steuern betrifft - i. d. R. nicht diskriminierend ist, wenn ein Mitgliedstaat Gebietsfremden bestimmte Steuervergünstigungen versagt, die er Gebietsansässigen gewährt. Befinden sich jedoch beide Gruppen von Steuerpflichtigen in einer gleichartigen Situation und schließt ein Mitgliedstaat ohne objektive Rechtfertigungsgründe Gebietsfremde von einer Steuervergünstigung aus, liegt nach der Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung vor, wenn nach internationalem Steuerrecht die Regelungskompetenz für die Steuervergünstigung auch bei diesem Staat liegt (vgl. EuGH-Urteil Asscher: Einkommensteuer-Tarif). Eine Diskriminierung liegt jedoch i. d. R. dann nicht vor, wenn die Regelungskompetenz für eine Steuervergünstigung nach internationalem Steuerrecht dem anderen Staat obliegt. In diesem Fall hat der in Anspruch genommene Mitgliedstaat, der Gebietsfremde von einer Vergünstigung ausschließt, die eigene Vergünstigung nur dann einem in dem anderen Staat Ansässigen zu gewähren, wenn dieser die Gesamtheit oder praktisch die Gesamtheit seines Welteinkommens in seinem Gebiet erzielt und die in dem anderen Staat zu versteuernden Einnahmen daher nicht hoch genug sind, um die dort vorgesehenen vergleichbaren Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen zu können (vgl. EuGH-Urteil Schumacker: Berücksichtigung der persönlichen Lage und des Familienstandes).Die hier strittigen Steuervergünstigungen zielen - sowohl in Dänemark, wie auch in Deutschland - darauf ab, die steuerliche Doppelbelastung des von einer Kapitalgesellschaft ausgeschütteten und von ihr (vorweg) versteuerten Gewinns zu mildern bzw. zu beseitigen. Auf welche Weise und in welchem Umfang eine Entlastung vorgenommen wird, liegt wegen des fehlenden Harmonisierungsauftrages in der Rechtssetzungskompetenz jedes einzelnen Mitgliedstaates (vgl. Urteil des BVerfG v. 20. 12. 1966, BVerfGE 21, 12, 39 ff.; v. 3. 11. 1982, BVerfGE 61, 319, 354 ff.). Nach dänischem bzw. deutschem Steuerrecht wurde damals die Entlastung dadurch hergestellt, daß die bei der Kapitalgesellschaft erhobene Körperschaftsteuer (teilweise) an die Anteilseigner weitergeleitet wurde, soweit sie auf dem ausgeschütteten Gewinn lastete. Mit der »durchgereichten Körperschaftsteuer« (vgl. BFH-Beschluß v. 24. 3. 1987, BStBl. II 1987 S. 508) wurde (mittelbar) auf die bei der Kapitalgesellschaft (vorweg) erfolgte Besteuerung des ausgeschütteten Gewinns ganz bzw. teilweise verzichtet. Ein derartiger Verzicht ist aber nach internationalem Steuerrecht - wie die Besteuerung selbst - nur die Angelegenheit des Staates, in welchem die Kapitalgesellschaft mit ihrem Gewinn steuerpflichtig ist (Art. 21 OECD-Musterabkommen). Für die hier strittigen Steuervergünstigungen liegt daher, soweit es die dänischen Dividenden betrifft, die Regelungskompetenz bei Dänemark. Diese sind dort auch steuerbar und unterliegen dem Quellensteuerabzug (Art. 12 Abs. 2 DBA-Dänemark 1962). Nach Auffassung des Senats wäre es daher, z. B. im Rahmen des Erstattungsverfahrens (vgl. hierzu Debatin/Wassermeyer, a. a. O., III/B/3), technisch wohl möglich, die dänische Körperschaftsteuer auch an Gebietsfremde durchzureichen.Ob daher entsprechend der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH-Urteil Asscher) der Ausschluß deutscher Anteilseigner vom dänischen Teil-Anrechnungsverfahren objektiv gerechtfertigt ist oder ob dies eine verstecke Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstellt, kann dahinstehen (vgl. hierzu den Vorlagebeschluß des FG Köln v. 30. 6. 1997, EFG 1997 S. 1056, Az. EuGH C-307/97). Sollte es keine Rechtfertigungsgründe geben, läge ohnehin keine Diskriminierung vor, da dann die Rendite einer dänischen Aktie gegenüber der einer deutschen Aktie nicht aus steuerlichen Gründen geringer ausfallen würde. Sollte es objektive Gründe dafür geben, die mit dem Anrechnungsverfahren verbundenen Vorteile nur Gebietsansässigen zu gewähren, müßte nach Auffassung des Senats entsprechendes auch aus deutscher Sicht gelten.Davon abgesehen hält der Kläger nur eine unwesentliche Beteiligung an einer dänischen Kapitalgesellschaft. Seine Dividenden hieraus bewegen sich bezogen auf sein Welteinkommen lediglich im Promillebereich. Auch aus diesem Grund ist Deutschland nach Auffassung des Senats entsprechend der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH-Urteile Schumacker, Asscher) nicht verpflichtet, die hier strittigen dänischen Dividenden, die zu begünstigen nach internationalem Steuerrecht in die Regelungskompetenz Dänemarks fällt, in das deutsche Voll-Anrechnungsverfahren einzubeziehen.Dem Einbezug der dänischen Dividenden in das inländische Voll-Anrechnungsverfahren steht nach Auffassung des Senats außerdem die Kohärenz des deutschen Steuersystems entgegen. Wie der EuGH bereits mehrfach entschieden hat, kann die Notwendigkeit, die Kohärenz einer Steuerregelung zu wahren, eine Ungleichbehandlung rechtfertigen (Urteile Bachmann (Rdnr. 21), Kommission/Belgien (Rdnr. 14), Svensson-Gustavsson (Rdnr. 16), Asscher (Rdnr. 55)). Eine solche Kohärenz nimmt der EuGH dann an, wenn sich aus den Steuerregelungen eines Mitgliedstaates eindeutig ergibt, daß einer Ausgabe des Fiskus (geringere Steuer z. B. durch den Abzug von Sonderausgaben) unmittelbar eine Einnahme (anderweitige Besteuerung) gegenüberstehen soll. Dies ist hier der Fall.Das System der »durchgereichten Körperschaftsteuer« setzt voraus, daß der Fiskus, der insoweit nur als Zahlstelle fungiert, die Beträge auch einnimmt. Nach dem deutschen Voll-Anrechnungsverfahren wird daher die Körperschaftsteuer-anrechnung nur vorgenommen, soweit der ausgeschüttete Gewinn überhaupt mit Körperschaftsteuer belastet ist. Ob und inwieweit dies der Fall ist, wird mittels der sog. Eigenkapitalgliederung für jeden einzelnen Einkommensteil festgestellt. Wird danach nicht belastetes Eigenkapital ausgeschüttet (sog. EK 01 und EK 04), kommt es nicht zur Körperschaftsteueranrechnung (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 S. 1 EStG a. E., sowie in Verb. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG). Wird Körperschaftsteuer von der Kapitalgesellschaft definitiv nicht bezahlt, entfällt - aus Vereinfachungsgründen nur beim wesentlich Beteiligten - die Anrechnung (§ 36 a EStG). Diesem Regelungsmechanismus widerspräche es, die auf den dänischen Dividenden lastende ausländische Körperschaftsteuer beim Kläger zu versteuern und anschließend auf dessen Einkommensteuer anzurechnen. Diese ausländischen Körperschaftsteuerbeträge werden vom deutschen Fiskus nicht vereinnahmt. Es würde sich daher nicht um eine »durchgereichte Körperschaftsteuer« handeln. Für Steuern eines anderen Staates fehlt aber Deutschland die Dispositionsbefugnis.Dem steht nicht entgegen, daß z. B. französische Körperschaftsteuer über die Grenze hinweg auch an deutsche Aktionäre »durchgereicht« wird (DBA/Frankreich, Art. 20 Abs. 1 b/bb). Dies beruht auf einer bilateralen Vereinbarung mit Frankreich, das u. a. den hierzu aus deutscher Sicht notwendigen Finanzausgleich vorsieht, so daß dem deutschen Fiskus wiederum nur die Funktion einer Zahlstelle zukommt und das System der »durchgereichten Körperschaftsteuer« gewahrt bleibt. Auch die Verfügungskompetenz Frankreichs über die französische Körperschaftsteuer bleibt bestehen. Mit Dänemark besteht jedoch kein entsprechendes Abkommen. Ein solches kann auch nicht durch einen Spruch des EuGH verwirklicht werden (vgl. Art. 177 EWGV; Schön, a. a. O., S. 775).Beurteilung spanischer Dividenden(3) Die spanischen Kapitalgesellschaften unterlagen damals keiner Vermögensteuer, wohl aber einer Art Gewerbesteuer in Form eines festen Betrages, der sich nach Art, Umfang und Ort der Tätigkeit richtet und der 15% eines Durchschnittsertrags nicht übersteigen soll (vgl. Selling, in Mennel, a. a. O., 6.2.; Debatin/Wassermeyer, DBA/Spanien, Art. 2 Anhang Steuerübersicht I/E/2; anders BMF-Informationsdienst, a. a. O., S. 11). Der Körperschaftsteuertarif betrug 35%. Zur Milderung der steuerlichen Doppelbelastung der von einer spanischen Kapitalgesellschaft ausgeschütteten Gewinne wurde dem in Spanien ansässigen Anteilseigner Körperschaftsteuer in Höhe von 10% der Dividende - ohne vorherige Besteuerung - von seiner Einkommensteuer abgesetzt (Debatin/Wassermeyer, a. a. O., Steuerübersicht II/B/d; BMF-Informationsdienst, a. a. O., S. 7).Die steuerliche Belastung der spanischen Dividenden entspricht damit trotz des etwas anders ausgestalteten Teil-Anrechnungsverfahrens (geringere Anrechnung, dafür keine Besteuerung des Anrechnungsbetrages) annähernd der einer dänischen Dividende. Es kann daher auf obige Ausführungen verwiesen werden. Eine Vorlage an den EuGH ist damit ebenfalls nicht erforderlich.Beurteilung niederländischer Dividenden(4) Die niederländischen Kapitalgesellschaften unterlagen damals weder einer Gewerbesteuer noch einer Vermögensteuer (BMF-Informationsdienst, a. a. O., S. 9, 11; Debatin/Wassermeyer, DBA/Niederlande, Art. 1 I/E; Müssener, in Mennel, a. a. O., S. 4. und 6.). Die Tarifbelastung betrug 35%. Eine Entlastung von der Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gewinne einer Kapitalgesellschaft fand nicht statt (BMF-Informationsdienst, a. a. O., S. 7). Damit stellt sich hier der Renditevergleich wie folgt dar:Dividenden aus NLaus BRDBest. in DKBest. in BRDBest. in BRDGewinn Kap. Ges. vor Steuern GewSt., VSt KSt-BelastungBar-Dividende anrechenbare KStEink aus Kap-Vermögen pers. Steuer 50%Netto-Kap RenditeDie auf den niederländischen Dividenden lastende Körperschaftsteuer kann bereits aus Gründen der Kohärenz nicht in das deutsche Voll-Anrechnungsverfahren mit einbezogen werden. Insoweit kann auf obige Ausführungen verwiesen werden. Eine Vorlage an den EuGH ist danach nicht erforderlich.Eine Vorlage an den EuGH ist nach Auffassung des Senats auch deshalb nicht erforderlich, da eine Anrechnung niederländischer Körperschaftsteuer (nur) beim inländischen Anteilseigner die niederländischen Mitaktionäre offensichtlich diskriminieren würde und auch aus diesem Grund nicht möglich ist. Da die Niederlande damals für die von einer niederländischen Kapitalgesellschaft ausgeschütteten Gewinne keine Entlastung von der Doppelbesteuerung vorsehen, erhielt keiner der niederländischen Mitaktionäre die auf diesen Dividenden lastende Körperschaftsteuerbeträge angerechnet oder einen sonstigen steuerlichen Vorteil. Soweit es die Besteuerung der niederländischen Dividenden betrifft, wurden somit die Kläger in der Bundesrepublik Deutschland steuerlich nicht anders behandelt wie alle ihre Mitaktionäre. Der Antrag der Kläger auf Versteuerung und anschließende Anrechnung der auf ihren niederländischen Dividenden lastenden Körperschaftsteuerbeträge liefe demgegenüber darauf hinaus, gegenüber den Mitaktionären eine Besserstellung oder »Privilegierung« zu erreichen. Dies ist nach Auffassung des Senats mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar (ebenso Schön, a. a. O., S. 776).Die von den unterschiedlichen Besteuerungssystemen vorgegebene geringere Kapitalrendite niederländischer Aktien läßt sich damit durch den Einbezug niederländischer Dividenden in das deutsche Anrechnungsverfahren nicht beseitigen, ohne daß es an anderer Stelle zur Diskriminierung kommen würde. Ob deshalb das deutsche Körperschaftsteuer-Vollanrechnungsverfahren selbst EU-widrig ist, da dieses nur für die gebietsansässigen Kapitalgesellschaften und Dividendenbezieher gilt, von den Niederlanden (wie auch der Mehrheit der Mitgliedstaaten) ein vergleichbares System nicht praktiziert wird und daher die möglicherweise mit dem Voll-Anrechnungssystem verbundene Benachteiligung ausländischer Steuersubjekte von Deutschland durch Abschaffung der einseitigen Begünstigung zu beseitigen ist, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben (so wohl die Empfehlung der sog. Ruding-Kommission 1992, BT-Drucks. 13/4138 S. 15, 217; vgl. auch Hinnekens, EC Tax Review 1994 p. 146; Knobbe-Keuk, IWB 0002 S. 613; dies. EC Tax Review 1992 p. 22; dies. Festschr. f. F. Klein 1994, S. 347; Ohler, WM 1996 S. 1801; Dautzenberg, DB 1996 S. 2248; Rädler, Lausterer, Blumenberg, EC Tax Review 1997 p. 86; CFE News, European Taxation, May 1997 p. 181; Rädler, Festschrift f. H. Debatin 1997, S. 335; Schön, a. a. O., S. 743; Herzig, a. a. O., S. 627; Herzig/Dautzenberg, DB 1997S. 8; Herzig/Dötsch, DB 1998 S. 8; Sass, FR 1998 S. 1). Eine Vorlage an den EuGH erübrigt sich daher auch insoweit.Unterstellt, das deutsche Voll-Anrechnungsverfahren würde als solches gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen und sei daher nicht (mehr) anzuwenden, wäre zwar die Einkommensteuer der Kläger, die in den Streitjahren erhebliche weitere inländische Dividenden mit Anrechnungsguthaben bezogen, niedriger festzusetzen. Gleichzeitig würde aber auch die Möglichkeit zur Anrechnung der deutschen Körperschaftsteuerbeträge entfallen (vgl. BFH-Urteil v. 27. 3. 1996 I R 87/95, BStBl. II S. 473). Damit würden die Kläger wirtschaftlich letztlich schlechter gestellt. In Anbetracht des Klageantrages, der eindeutig auf eine höhere Steuerfestsetzung gerichtet ist, um in den Genuß der Anrechnung weiterer (ausländischer) Körperschaftsteuerbeträge zu kommen und der damit im Ergebnis eine geringere Steuerzahllast zum Ziel hat, käme dies nach Auffassung des Senats einer Verböserung gleich. Eine Verböserung ist dem Gericht jedoch nicht möglich (vgl. von Groll, in Gräber, Kommentar zur FGO, 4. Aufl. 1997, Rz. 2 und 5 zu § 96).(5) Aus den gleichen Gründen liegt nach Auffassung des Senats offensichtlich weder ein Verstoß gegen Art. 8 a EWG-Vertrag, noch gegen die sonstigen Grundfreiheiten des EG-Vertrages vor (Art. 52, 58, 59 bzw. 73 b Abs. 2 EGV).c) Die Klage ist in ihrem Hauptantrag unbegründet.Die hier strittigen ausländischen Körperschaftsteuern rechnen nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Zu den nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtigen Einkünften rechnet nur die sog. Bardividende, d. h. die von der Gesellschafterversammlung der ausländischen Kapitalgesellschaft jeweils beschlossene und von den ausländischen Kapitalgesellschaften ausbezahlten Dividenden. Dazu gehört die - nach dem EStG anrechenbare - Körperschaftsteuer nicht (vgl. Gablers, Wirtschaftslexikon, 10. Aufl., unter »Bardividende«).Die hier strittigen ausländischen Körperschaftsteuerbeträge gehören auch nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Es handelt sich hierbei nicht um Körperschaftsteuerbeträge, die nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG auf die Einkommensteuer der Kläger anzurechnen sind, wie dies (u. a.) § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG voraussetzt. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG ist im Fall einer Gewinnausschüttung - unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - nur die Körperschaftsteuer einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft auf die Einkommensteuer der Kläger anzurechnen. Diese Voraussetzung liegt hier unstrittig nicht vor. Ob die weiteren Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG für eine Körperschaftsteuer-Anrechnung vorliegen (insbesondere die der Ziffer b), kann daher dahinstehen.Zur Anrechnung gem. § 34 c EStG2. ... b) Der Hilfsantrag ist unbegründet.Die ausländischen Steuern sind nach keiner deutschen Rechtsnorm, insbesondere nicht nach § 34 c EStG auf die deutsche Einkommensteuer der Kläger anrechenbar. Bei den hier strittigen ausländischen Steuern handelt es sich nicht um eine der deutschen Einkommensteuer vergleichbare Steuer der Kläger.Nach § 34 c Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfallende Steuer anzurechnen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Steuern, deren Anrechnung hier beantragt wird, betreffen nicht nur ein anderes Steuersubjekt (d. h. die ausländischen Kapitalgesellschaften und nicht die Kläger), sondern auch andere Einkünfte (d. h. den Gewinn der ausländischen Kapitalgesellschaft, nicht die Kapitaleinkünfte der Kläger).Dies gilt nach Auffassung des Senats auch für die in Dänemark und Spanien den dortigen Steuerpflichtigen gewährte pauschale Einkommensteuerermäßigung in Höhe von 15 bzw. 10% der bezogenen Dividenden. Insoweit handelt es sich weder um eine in Dänemark bzw. Spanien gegenüber den Klägern festgesetzte Steuer, noch wurden entsprechende Beträge von den Klägern bezahlt. Unabhängig davon ist eine Steuerermäßigung analog dem pauschalen »spanischen Steuerabzug« auch nach § 34 c Abs. 6 EStG nicht möglich.
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