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RIW 2000, 306
 
LG Braunschweig
Tätigkeit eines niederländischen Belastingsadviseur - Verstoß gegen Wettbewerbsrecht?

LG Braunschweig, Entscheidung vom 30. Juni 1999 - 9 O 690/99;

LG Braunschweig vom 30.06.1999 - 9 O 690/99
RIW 2000, 306 (Heft 4)
SachverhaltMit der Klage verfolgt die Klägerin Unterlassungsansprüche nach dem UWG. Die Klägerin ist die Steuerberaterkammer für das Bundesland X. Der Beklagte hat in den Niederlanden ein Diplom als »Belasting-Adviseur« abgelegt. In seinem Briefkopf bezeichnet er sich als »Belasting-Adviseur Berater in Steuer- und Wirtschaftsangelegenheiten« und »Steuerbüro Y«. Unter diesem Briefkopf hat der Beklagte auch ein Schreiben an das Finanzamt Z gerichtet. In diesem ist zusätzlich noch die Bezeichnung »Steuerberater (NL)« enthalten. Die Klägerin hat den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Beklagte beruft sich auf seine Zulassung als »Belasting-Adviseur« in den Niederlanden und ist der Ansicht, aufgrund geltenden EG-Rechts dürfe er sich sowohl als »Steuerberater« bezeichnen, als auch geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten. Die Klage hatte Erfolg.Aus den GründenVerstoß gegen WettbewerbsrechtII. Die Klage ist ... begründet, da der Klägerin der Unterlassungsanspruch aus §§ 1, 13 Abs. 2 UWG zusteht.1. Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich aus § 13 Abs. 2 Ziff. 2, da sie als Kammer freier Berufe zur Prozessführung für Verstöße nach § 1 UWG berechtigt ist (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 18. Aufl., § 13 Rdnr. 30 b).Verstoß gegen § 1 UWG i. V. m. §§ 3, 4, 5 StBerG2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich sachlich aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt »Rechtsbruch«, da der Beklagte die Bezeichnung »Steuerberater« entgegen den Vorschriften der §§ 3, 4, 5 StBerG führt.a) Die Ausübung der Hilfe in Steuersachen ist nach § 5 StBerG anderen als den in §§ 3, 4 StBerG genannten Personen verboten (Baumbach/Hefermehl, a. a. O., § 1 UWG, Rdnr. 686), wobei diese Bestimmungen auch dem Schutz der Allgemeinheit dienen, um der Gefahr der Irreführung des Publikums zu begegnen (Baumbach/Hefermehl, a. a. O., § 1 UWG Rdnr. 624; BVerfG Beschluss vom 15. 2. 1967, 1 BvR 569, 589/62 in BFH, Urteil vom 19. 7. 1994 - VII R 107/93 in BStBl. 1994, Teil II, S. 875). Die Bezeichnung als »Steuerberater« oder auch als »Steuerbüro« oder »Steuerberater/NL« ohne eine entsprechende im Inland erworbene Qualifikation stellt somit einen Verstoß gegen einewettbewerbsbezogene Schutzvorschrift dar, deren Missachtung grundsätzlich erheblich im Sinne des § 1 UWG ist (Baumbach/Hefermehl, a. a. O., § 1 UWG, Rdnr. 614).Handeln zu Zwecken des Wettbewerbsb) Durch die Bezeichnung »Steuerbüro« in seinem Briefkopf handelt der Beklagte auch ohne weiteres zu Zwecken des Wettbewerbs, da die Aufnahme einer Berufsbezeichnung in den eigenen Briefkopf und die Bezeichnung als »Steuerbüro« nicht ausschließlich als Hobby oder Befriedigung der eigenen Eitelkeit angesehen werden kann, sondern dazu dient, Steuerpflichtigen die Leistungen eines Steuerberaters anzubieten. Weiterhin hat der Beklagte auch unstreitig unter seinem Briefkopf an das Finanzamt Z. geschrieben, wobei unerheblich ist, wie die Klägerin zu diesem Schreiben gekommen ist.Keine Berufung auf EG-Rechtc) Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, aufgrund seines Diploms als »Belasting-Adviseur« in den Niederlanden dürfe er sich aufgrund geltenden EG-Rechtes auch in der Bundesrepublik Deutschland als »Steuerberater« oder »Steuerberater (NL)« bezeichnen und geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten. In seinem Urteil vom 19. 7. 1994 (BStBl. 1994, Teil II, S. 875) hat sich der BFH ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob sich im europäischen Ausland als Steuerberater zugelassene Personen oder Gesellschaften auch in der Bundesrepublik Deutschland mit der geschäftsmäßigen Beratung in Steuerangelegenheiten befassen dürfen. Dazu hat er unter Ausführung der Rechtsprechung des EuGH ausgeführt, dass eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit, die sich aus dem Erfordernis einer bestimmten beruflichen Qualifikation ergibt, dann zulässig ist, wenn diese in Anbetracht der Besonderheit bestimmter Dienstleistungen durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (BFH a. a. O. S. 876 unter Bezugnahme auf EuGH, Urteile in EuGHE 1974, 1299 ff.). Bei der Regelung des Steuerberatergesetzes über die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen handele es sich aber auch nach der Rechtsprechung des BVerfG um Vorschriften, die im Allgemeininteresse geboten seien (BVerfG, Beschluss - vom 27. 1. 1982 -1 BvR 807/80, BStBl. II 1982, 281, 286). Somit hat der BFH es als im Einklang mit den Ausführungen des EuGH stehend gesehen, wenn von denjenigen eine bestimmte berufliche Qualifikation verlangt wird, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten. Diese Rechtsansicht macht sich auch die Kammer zu eigen, da es im Interesse der Steuerpflichtigen geboten ist, dass die Personen, die sich als Steuerberater bezeichnen, auch über eine durch Prüfungen dokumentierte Qualifikation für die Hilfeleistung in Steuersachen in der Bundesrepublik Deutschland verfügen.d) Auch soweit sich der Beklagte auf Zeitungsberichte über angeblich erlassene Richtlinien zur Liberalisierung des Dienstleistungsrechts bezieht, führt dies nicht zur Zulässigkeit der von ihm geführten Bezeichnungen. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Bezeichnung als »Steuerberater« aufgrund der Anerkennung als »Belasting-Adviseur« wäre, dass eine entsprechende Richtlinie zur Anerkennung erlassen worden und diese entweder in nationales Recht umgesetzt worden oder die Frist zur Umsetzung bereits abgelaufen wäre, so dass dem Beklagten eventuell deshalb ein Benennungsrecht zustehen würde oder aber der Rechtsstreit eventuell auszusetzen wäre. Der Kammer ist jedoch weder eine bereits erlassene Richtlinie bekannt, die eine Anerkennung von »Belasting-Adviseuren« ohne jede zusätzliche fachliche Prüfung in der Bundesrepublik Deutschland vorsieht, noch dass eine solche bereits in nationales Recht umgewandelt worden wäre.Irreführende Werbunge) Schließlich verstößt die Bezeichnung »Steuerbüro« auch gegen das Verbot irreführender Werbung nach § 3 UWG, da aufgrund der geltenden Rechtslage angesprochene Verkehrskreise davon ausgehen, dass der Beklagte eine durch Prüfungen nachgewiesene Befähigung zur Bearbeitung deutscher Steuerangelegenheiten hat. Dass der Beklagte in seinem Briefkopf zusätzlich die Bezeichnung »Belastung-Adviseur« trägt, steht dem nicht entgegen, da der Betrachter damit nicht eine Eingrenzung des Begriffes Steuerberater verbindet, sondern im Gegenteil sogar von einer zusätzlichen Qualifikation des Beklagten für Steuerberatungen auch in den Niederlanden ausgeht.Insgesamt kann daher die Klägerin den Beklagten auf Unterlassung sowohl der Bezeichnung als Steuerberater, als auch der Hilfeleistung in Steuersachen in Anspruch nehmen, da eine entsprechende Tätigkeit des Beklagten ohne Erfüllung der Voraussetzungen nach §§ 3-4 StBerG gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt.Hinweis der Redaktion:Rechtsanwalt Dr. Jens M. Schmittmann sandte der Redaktion die Entscheidung zu. Das OLG Braunschweig führt die Berufung unter Az. 2 U 128/99.

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