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SRNL 2022, 18
Slobbe 

Der Restrukturierungsplan als Instrument zur Regulierung der Folgen der Gesellschaftsinsolvenz für den Gesellschafter-Geschäftsführer

von Simon Slobbe, Münster

Abbildung 18

Restrukturierungsplan für Gesellschafter-Geschäftsführer?

Der Grund, warum gerade Gesellschafter-Geschäftsführer noch zu oft den Insolvenzantrag über das Vermögen ihrer Gesellschaft hinauszögern, sind die persönlichen Folgewirkungen, die nicht überblickt werden können, hier zu nennen insbesondere

  • Bürgschaftsinanspruchnahmen durch die Hausbanken,

  • Rückforderung von Darlehen, die dem Gesellschafter durch die Gesellschaft gewährt wurden,

  • Organhaftungsansprüche,

  • Anfechtungsansprüche,

  • Haftung gegenüber dem Finanzamt und/oder

  • Haftung gegenüber Sozialversicherungsträgern.

Mit dem nachfolgenden Beitrag soll die Idee besprochen werden, ob nicht der Restrukturierungsplan für den Gesellschafter-Geschäftsführer ein alternativer Lösungsansatz wäre, die vorstehenden Verbindlichkeiten unter Meidung eines Insolvenzverfahrens zu regulieren.

Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Bisher musste der Gesellschafter-Geschäftsführer ein Moratorium / außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan vorlegen. Hierbei mussten alle Verbindlichkeiten einbezogen werden, also auch die bisher ungestörten Verbindlichkeiten aus dem Privatbereich. Für die Wirksamkeit des Moratoriums war regelmäßig die Zustimmung aller Gläubiger notwendig. Nur so konnte ein Insolvenzverfahren vermieden werden.

Im Restrukturierungsplan kann der Gesellschafter-Geschäftsführer entscheiden, welche objektiv abgrenzbaren Verbindlichkeiten einbezogen werden sollen. So können beispielsweise private Verbindlichkeiten außen vor gelassen werden.

Gerade, wenn die Zustimmung nicht aller Gläubiger erwartet wird, ist der Restrukturierungsplan ein sinnvolles Instrument. Es wird nur eine Summenmehrheit der Gläubigerforderungen innerhalb der Gruppen von 75% benötigt, einer Kopfmehrheit bedarf es nicht. Bei mehreren Gläubigergruppen wird die Mehrheit der Gruppen benötigt, wobei bei zwei Gruppen auch die Zustimmung nur einer Gruppe genügt.

Aber ist dem Gesellschafter-Geschäftsführer überhaupt gestattet, einen Restrukturierungsplan vorzulegen? Hierzu müsste der Gesellschafter-Geschäftsführer eine restrukturierungsfähige Person im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 2 StaRUG sein.

Gemäß § 30 Abs. 1 StaRUG können die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens grundsätzlich von jedem insolvenzfähigen Schuldner in Anspruch genommen werden. Für natürliche Personen gilt dies nach § 30 Ab. 1 Satz 2 StaRUG nur, soweit sie unternehmerisch tätig sind.

Das StaRUG selbst definiert nicht, was unter einer unternehmerischen Tätigkeit zu verstehen ist und verwendet auch den Begriff des Unternehmers nicht. Allerdings dient das StaRUG der Umsetzung der RL (EU) 2019/1023 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz). Gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 9 der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz ist ein Unternehmer eine natürliche Person, die eine gewerbliche, geschäftliche, handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt.

Das Gesetz kennt mehrere Fälle, in denen es als Unternehmer nicht nur diejenige Person behandelt, die das Unternehmen unmittelbar innehat, sondern auch solche Personen, die den Unternehmensinhaber beherrschen und leiten.

Nach der Rechtsprechung zu den §§ 15 ff. AktG ist ein Gesellschafter – ohne Rücksicht auf seine Rechtsform – dann Unternehmer im konzernrechtlichen Sinne, wenn er neben der Beteiligung an der Aktiengesellschaft anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen hat, die nach Art und Intensität die ernsthafte Sorge begründen, er könne wegen dieser Bindung seinen aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die Aktiengesellschaft zu deren Nachteil ausüben. Das ist u.a. regelmäßig dann der Fall, wenn er maßgeblich an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist und somit die Möglichkeit besteht, dass er sich unter Ausübung von Leitungsmacht auch in anderen Gesellschaften unternehmerisch betätigt (BGH, Beschluss vom 17.03.1997 – II ZB 3/96, NJW 1997, 1855, 1856; BGH, Urteil vom 16.09.1985 SRNL 2022 S. 18 (19)– II ZR 275/84, DNotZ 1986, 358, 360). Maßgebend für die Qualifikation eines Gesellschafters als verbundenes Unternehmen ist somit die Möglichkeit, bestimmenden Einfluss auf mehrere andere Unternehmen ausüben zu können.

Ein ähnliches Abgrenzungsproblem wie § 30 Abs. 1 Satz 2 StaRUG wirft auch § 304 InsO auf. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften über das Regelinsolvenzverfahren für natürliche Personen, die eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben. Der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter einer GmbH ist im Sinne des § 304 InsO selbständig wirtschaftlich tätig (BGH, Beschluss vom 12.02.2009 – IX ZB 215/08 Rn. 5; LG Hamburg, Beschluss vom 15.01.2013 – 326 T 115/12, NZI 2013, 307, 307; Sternal in Uhlenbruck, InsO, § 304 Rn. 17; Pollmächer in Graf-Schlicker, InsO, § 304 Rn. 10). Entscheidend ist für die Rechtsprechung also auch insoweit, dass der Schuldner bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann bzw. konnte, die unmittelbar unternehmerisch tätig ist.

Diese Wertungen sind auf § 30 Abs. 1 Satz 2 StaRUG zu übertragen. Es wäre mit der Einheitlichkeit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren, wenn eine natürliche Person zwar als herrschendes Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. AktG betrachtet würde und ein Regelinsolvenzverfahren beantragen könnte, ihr dagegen die Eigenschaft als Unternehmer im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 2 StaRUG und damit die Möglichkeit, ihre Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit nach Maßgabe des StaRUG zu restrukturieren, abgesprochen würde.

Sofern also der Gesellschafter-Geschäftsführer über die notwendige Mehrheit verfügt, um seine Gesellschaft zu beherrschen, dürfte der Weg zur Sanierung über den Restrukturierungsplan offen sein.

Wichtig ist, dass bereits zu Beginn der Verhandlungen mit den Gläubigern ein Stillhalten vereinbart wird. Dies wird indes nur bei einem klar definierten Fahrplan und einer guten Quotenperspektive möglich sein. Sofern nämlich eine gerichtliche Bestätigung des Plans erforderlich wird, ist die diese gem. § 63 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG zu versagen, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist. Auf die aus der Gesetzbegründung herauslesbare Ausnahme, dass die Zahlungsunfähigkeit dann kein Grund sei, die Bestätigung zu versagen, wenn die Bestätigung bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit unmittelbar bevorsteht, sollte man sich als Planverfasser nicht verlassen. Auch bei den Ausnahmen in § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG bewegt man sich auf dünnem Eis. Von Anfang an obstruierende Gläubiger versperren schließlich oftmals den Weg des Restrukturierungsplans. Erforderlich sind daher eine klare Kommunikation, Transparenz und schlussendlich die wirtschaftliche Attraktivität des Restrukturierungsplans, um im Sinne des Gesellschafter-Geschäftsführers erfolgreich sein zu können.

Abbildung 19

Nach dem erfolgreichen Abschluss des dualen Studiengang zum Betriebswirt (VWA) bei der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie zu Münster und einem mittelständischem Bekleidungsunternehmen, studierte Simon Slobbe Rechtswissenschaften an der Westfälische Wilhelms-Universität Münster und absolvierte sein Referendariat beim Landgericht Münster, dass er mit einem Prädikatsexamen abschloss. Von 2005 bis 2009 war Herr Slobbe bei einer Wirtschaftsrechtskanzlei in Münster und Dortmund als Rechtsanwalt tätig. Seit 2009 ist er mit MÖNIG Wirtschaftskanzlei assoziiert und hat die Standorte Dortmund, Düsseldorf und Bochum aufgebaut. Seit dem Jahr 2016 ist er dort Partner.

 
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