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SRNL 2023, 2
Mönning 

Editorial

Abbildung 1

Rolf-Dieter Mönning

Als vor gut 20 Jahren das Herz- und Kreislaufzentrum Dresden Insolvenz anmelden musste, war das Medienecho gewaltig. Das hatte es bis dahin nicht gegeben. Ein Spezialkrankenhaus mit über 700 Mitarbeitern und 300 Mio. EUR Umsatz. Errichtet in public-private-partnership zwischen einem großen Baukonzern und dem Freistaat Sachsen. Träger der Spezialklinik war ein gemeinnütziger Verein. Ein großer Teil seiner Mitglieder hielt es jedoch eher mit dem Prinzip der Eigennützigkeit. Einige couragierte Vereinsmitglieder, darunter zwei Chefärzte, zogen die Reißleine und offenbarten dem Wissenschaftsminister des Freistaats das ganze Ausmaß an Korruption und Misswirtschaft. Ein rasch eingesetzter Notvorstand zog die Konsequenzen und stellte Insolvenzantrag. Der Wirtschaftskrimi ging weiter: Den Vorsitzenden des Trägervereins fand man erschossen in seinen Geschäftsräumen. Das Vorstandsmitglied einer als Gläubigerin beteiligten Krankenkasse fuhr ungebremst in eine Betonmauer. In einer aufwändigen Radikalkur wurden alle toxischen Verbindungen gekappt, während das medizinische Leistungsgeschehen unter Volllast weiterlief. Der Betrieb wurde in eine Auffanggesellschaft eingebracht, deren Anteile ich schließlich nach mehr als einem Jahr Betriebsfortführung unter Insolvenzbedingungen erfolgreich an eine große private Krankenhausgesellschaft verkaufen konnte.

Der Fall blieb lange ein Einzelfall. Er taugte nicht als Vorbild für die Sanierung von Krankenhäusern unter Insolvenzbedingungen. Auch als sich die einsetzende Notlage vieler Krankenhäuser abzeichnete, schien Insolvenz als Sanierungsinstrument kein Thema zu sein. Die Bundesländer würden schon ihren gesetzlichen Finanzierungspflichten zur Deckung der Investitionskosten nachkommen, glaubte man. Und die Kommunen, Kirchen, frei gemeinnützigen und privaten Träger, der zuletzt noch fast 2.000 Krankenhäuser in Deutschland würden ebenfalls alles daran setzen, Schieflagen ihrer Einrichtungen zu vermeiden. Annahmen, die lange richtig waren, aber jetzt überholt sind. Denn nur noch 30 % der Häuser schreiben schwarze Zahlen, 40 % verzeichnen Liquiditätsengpässe. Es trifft vor allem die kleineren Einheiten. Fast die Hälfte dieser Krankenhäuser verfügt über weniger als 150 Betten. Die Erlöse sinken, die Kosten steigen und jetzt kommt auch noch die Inflation als zusätzlicher Krisentreiber hinzu.

Für schlecht beratene Betreiber und ihre Geschäftsleitungen ist die Insolvenz zwangsläufig der letzte Ausweg, um strafrechtliche und haftungsrechtliche Risiken zu vermeiden. Gut beratene Häuser planen rechtzeitig und nutzen die Werkzeuge im Instrumentenkasten des Sanierungs- und Insolvenzrechts, bevor der Ruf der Einrichtung ruiniert ist, Leistungsträger abwandern und alle Ressourcen aufgebraucht sind. Krankenhausinsolvenzen sind im Sanierungsgeschehen angekommen. Inzwischen gibt es fast 50 Verfahren verteilt über die gesamte Republik. Wo die Voraussetzungen für eine Erhaltung und Sanierung noch gegeben sind, sind es meist in Eigenverwaltung geführte Verfahren, häufig in der Schutzschirmvariante in Verbindung mit einem Insolvenzplan. Das hat auch psychologische Gründe. Denn Verfahren in Eigenverwaltung werden von großen Teilen der Bevölkerung nicht als Insolvenzverfahren wahrgenommen. So begegnet man den Befürchtungen potenzieller Patienten und den niedergelassenen Ärzten als Zuweisern, dass in einem insolventen Krankenhaus Spritzen mehrfach verwendet, medizinische Geräte nicht mehr regelmäßig gewartet werden und die Verpflegung noch schlechter ist als ohnehin angenommen. Eine Sorge, die auch schon vor 20 Jahren in dem Insolvenzverfahren der Dresdener Herzklinik vor allem von der Boulevardpresse geschürt wurde. Glücklicherweise ohne Erfolg.

Jede erfolgreich gemanagte Krankenhausinsolvenz wird weitere Betreiber und ihre Geschäftsführungen ermutigen, auf die tauglichen Sanierungsinstrumente des deutschen Insolvenzrechts zurückzugreifen. Mit dem aktuellen Heft wollen wir daher auch dazu beitragen, die Scheu zu nehmen und vorhandene Befürchtungen zu zerstreuen. Es ist schwierig – aber es geht!

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Ihr

Rolf-Dieter Mönning

 
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