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SRNL 2023, 2
Mönning 

Editorial

Abbildung 1

Rolf-Dieter Mönning

„Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ Mit diesen Worten von Ben Gurion, dem Gründungsvater und ersten Premierminister des Staates Israel, schloss der VID-Vorsitzende Rechtsanwalt Dr. Christoph Niering seine Begrüßungsansprache zum deutschen Insolvenzverwalterkongress, der vom 08. bis 10.11.2023 in Berlin stattfand. Die auf den Tag 85 Jahre zurückliegende Reichspogromnacht nahm Niering zum Anlass, die mehr als 550 Teilnehmer an die Gräueltaten der Nationalsozialisten zu erinnern, deren Schergen auf dem gesamten Reichsgebiet Synagogen in Brand steckten, jüdische Geschäfte plünderten, vor Körperverletzung aber auch Mord und Totschlag nicht zurückschreckten und die Ausrottung jüdischen Lebens in Deutschland einleiteten. Von den Gewalttaten der Nazis zog Niering eine direkte Linie zu dem Terrorangriff der Hamas und ihren verbrecherischen Taten, die sie am 07.10.2023 an wehrlosen jüdischen Siedlern, fröhlich feiernden jungen Leuten aus aller Welt und ohne Rücksicht auf Alter oder Geschlecht ihrer Opfer verübten. Ihre grausamen Verbrechen bannten die Hamas-Terroristen auf Videos, die sie triumphierend und prahlend ihren Angehörigen und Landsleuten präsentierten. Die inzwischen zusammengeschnittenen Bilder sind von so unvorstellbarer Brutalität, dass sie bislang nur einem kleinen Kreis von ausgewählten Journalisten und internationalen Politikern vorgeführt wurden, von denen viele die Vorführung vorzeitig verließen, weil die Bilder nicht auszuhalten sind. Dies alles war Christoph Niering Anlass genug, in seiner Eröffnungsrede nicht etwa anstehende insolvenzrechtliche und restrukturierungsrechtliche Themen zu behandeln, deren Bedeutung angesichts dieser unvorstellbaren Gräuel in den Hintergrund treten mussten. Und so bleibt nur, sich angesichts des Elends und der scheinbaren Aussichtslosigkeit eines immer wieder scheiternden Friedensprozesses trotzdem auf den tröstlichen Satz Ben Gurions zu besinnen: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“ Kein Wunder, sondern Realität sollte, wie Niering zutreffend anmahnte die Verpflichtung jedes Bürgers dieses Landes sein, jüdisches Leben in Deutschland immer und überall zu schützen.

Von hier aus den Bogen zum Alltagsgeschäft zu spannen, fällt nicht leicht. Muss aber sein, weil die Entwicklung nicht stehen bleibt und die aktuelle Lage auch durch die Zunahme von Insolvenzen geprägt ist. Noch ist es keine große Welle, sondern bestenfalls leicht gekräuseltes Wasser. Aber Tatsache ist, dass sich in der Beratungspraxis immer mehr Geschäftsleiter melden, die unter Beachtung ihrer seit dem 01.01.2021 geltenden Pflicht zur Krisenfrüherkennung, Beratungsbedarf haben. In der Insolvenzpraxis bestätigt sich die Tendenz, schon bei mittelgroßen Verfahren auf das Instrument der Eigenverwaltung zurückzugreifen. Immer mehr wird der sich selbst verwaltende Schuldner zum Regelfall. Und da Sanierungsversuche immer häufiger scheitern, kommt dem Betrachter ein Satz von Albert Einstein in den Sinn, der seinerzeit schon meinte: „Gewaltige Probleme können nicht mit demselben Personal gelöst werden, welche jene Probleme hervorgebracht hat.“ Ist also die Eigenverwaltung ein Sanierungshemmnis? Oder wie der bekannte Stuttgarter Insolvenzverwalter Volker Grub bereits bei Einführung der Insolvenz ketzerisch meinte: „Wird der Bock zum Gärtner gemacht?“ Ein Thema, mit dem wir uns in diesem Heft beschäftigen.

Die innenpolitische Diskussion wird seit Wochen durch das Haushaltsdrama und die fieberhafte Suche nach Einsparpotentialen oder zusätzlichen staatlichen Einnahmenquellen bestimmt. Und da wundert es nicht, dass auch wieder die Erbschaftssteuer ins Blickfeld gerät. Eine leistungslose Wohltat, denn die wenigsten Erben haben irgendetwas dazu beigetragen, dass der liebe Verstorbene sie mit seinem Vermögen bedenken kann. Und ist nicht auch die Aussicht, eines Tages gut zu erben, dafür verantwortlich, dass der Leistungswille in der Gesellschaft erlahmt? Als Alternative zur Vererbung kommt daher immer häufiger auch der Gedanke zur Gründung einer Familienstiftung ins Spiel, mit der gemeinnützige Zwecke im kulturellen und sozialen Bereich verfolgt werden. Da wurde es höchste Zeit, das Stiftungsrecht zu modernisieren, was seit dem 01. Juli 2023 erfolgt ist. Notwendig wurde die Reform aber auch deshalb, weil kleine Stiftungen in den letzten Jahren in Notlagen geraten sind, da die Anlage des Stiftungsvermögens keine Rendite mehr erwirtschaftet hat. Auch dieses Thema, das in der öffentlichen Wahrnehmung häufig nur eine Randnotiz ist, behandeln wir im aktuellen Magazin.

Am Ende bleibt nur der Rat, ungeachtet allen Elends in der Welt, nicht die Zuversicht zu verlieren. Wir wünschen unseren Lesern nicht nur eine anregende Lektüre, sondern auch ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Start in das Neue Jahr 2024.

Abbildung 2

SRNL 2023 S. 2 (3)

Abbildung 3

 
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