Gastbeitrag: Der klassische Interim-„Chief Restructuring Officer (CRO)“ und der neue „Restrukturierungsbeauftragte (RB)“ gem. § 73 ff. StaRUG
von Dr. Dieter Körner und Arnd Kumpmann, München
Am runden Tisch: Außergerichtliche Restrukturierung
I. Einleitung / Begriffsklärungen
Das am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetz („StaRUG“) regelt im deutschen Sanierungsrecht erstmals die Person eines RB (§§ 73 ff.).
Begriff und Funktion des CRO sind in Krisenunternehmen seit Langem etabliert. Das deutsche Recht kennt den Begriff CRO nicht. In der Praxis wird der CRO oft mit einer (General) Vollmacht gemäß § 167 BGB ausgestattet.
Insofern liegen den Begriffen CRO und dem Generalbevollmächtigten (GB) sowohl betriebswirtschaftlich als auch rechtlich eine interimistische Komponente zugrunde.1
II. Der RB gem. §§ 73 ff. StaRUG
1. Welcher Personenkreis kann bestellt werden?
Das deutsche StaRUG differenziert zwischen einem vom Gericht „von Amts wegen“ zu bestellenden, also notwendigen RB (§§ 73 ff.) und einem fakultativen, also „auf Antrag“ einer Partei zu bestellenden RB (§§ 77 ff.).
Der RB von Amts wegen ist nach § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 vom Gericht dann zu bestellen, wenn im Rahmen der Restrukturierung die Rechte von Verbrauchern und mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen berührt werden. Nach § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StaRUG ist zudem ein RB von Amts wegen zu bestellen, wenn der Schuldner eine Stabilisierungsanordnung beantragt.
Das Gericht kann einen RB auch von Amts wegen bestellen, damit dieser Prüfungen als Sachverständiger vornimmt und somit das Gericht unterstützt und entlastet (§ 73 Abs. 3 StaRUG).
Zum RB von Amts wegen kann nach § 74 Abs. 1 StaRUG jeder in Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder jede sonstige natürliche unabhängige Person mit einer vergleichbaren Qualifikation bestellt werden.
2. Aufgaben des RB
Während dem RB von Amts wegen primär eine überwachende Funktion zukommt, fällt dem wahlweisen RB gemäß der §§ 77 Abs. 1, 79 StaRUG die Funktion zu, die Verhandlungen zwischen den Beteiligten zu moderieren.
III. Fazit und Praxisrelevanz
Betrachtet man den vom StaRUG vorgesehenen Personen- und Aufgabenkreis des von Amts wegen oder auf Antrag bestellten RB ergibt sich ein gesetzliches Bild des RB gem. StaRUG ähnlich dem des „Sachwalters“ nach § 270b Abs. 1 bzw. §§ 270f Abs. 2, 274, 275 InsO.
Die Restrukturierungsgerichte können „jede in Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren erfahrene sonstige natürliche Person mit einer vergleichbaren Qualifikation“ berufen.
Es stellt sich die Frage, ob der klassische Interim-CRO zu diesem Personenkreis „mit vergleichbarer Qualifikation“ gehört. Dafür spricht, dass dieser über umfangreiche Restrukturierungs- und Insolvenzerfahrungen verfügt.
Der RB hat im Fall des § 74 Abs. 2 S. 2 besondere BWL-Kenntnisse aufzuweisen, da er ansonsten fachlich nicht in der Lage ist, eine Bescheinigung zu erstellen und diese den Gläubigern und dem Restrukturierungsgericht zu präsentieren, aus der sich ergibt, dass der Schuldner die Voraussetzungen einer Stabilisierungsanordnung erfüllt (§ 51 Abs. 1 und 29).
Es ist daher davon auszugehen, dass die 24 Restrukturierungsgerichte RB aus dem Personenkreis der bisherigen Sachwalter (§ 270b Abs. 1 bzw. § 270f Abs. 2, § 274, 275 InsO) bestellen werden, die meistens einer „multi-disziplinären Kanzlei“ von Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtanwälten angehören und die über den erforderlichen betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Hintergrund als auch über die notwendige Infrastruktur verfügen.
In größeren Restrukturierungsfällen ist davon auszugehen, dass bereits vor der Bestellung eines RB ein Interim-CRO mit Branchenkenntnissen seitens des Schuldners mandatiert wurde. Hier kann eine Zusammenarbeit von Interim-CRO und RB für den Schuldner sehr nützlich sein, indem der Interim-CRO sich auf die operative Restrukturierung und der per StaRUG zur Neutralität verpflichtete RB sich auf die Kommunikation, und die Moderation mit den Stakeholdern sowie auf die materiell- und verfahrensrechtlichen Aspekte in Zusammenarbeit mit den neuen Restrukturierungsgerichten konzentriert.
Verfasser: Dr. Dieter Körner in Kooperation mit Dipl.-Kfm. Arnd Kumpmann Dr. Dieter Körner ist Dipl.-Ing. und Dipl.-Kfm und ist geschäftsführender Vorstand des BRSI e.V.
Der Autor Arnd Kumpmann ist Diplom-Kaufmann und leitet seit Januar 2021 den Bereich Restrukturierungs- und Insolvenzberatung der multi-disziplinären BAY GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Rechtsanwaltsgesellschaft in München. Er schreibt derzeit an einer Master-Thesis zum StaRUG im berufsbegleitenden Masterstudiengang „Insolvenzrecht und Reorganisationsverfahren (LL.M).“ an der Hochschule Trier.
1 | Ausnahmen bestätigen die Regel: Die Manager Legende Bertold Beitz war Jahrzehnte Generalbevollmächtigter von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach und hat neben oder besser über den Organen des Krupp Konzern dessen Geschicke geleitet. |