Gestaltung von Investorenprozessen aus Sicht unterschiedlicher Mandanten-Kategorien – Spezifische Anforderungen an einen M&A-Berater
von Artur Deichmann, Köln
Was will der Investor?
M&A-Berater führen Investorenprozesse im Auftrage unterschiedlicher Kategorien von Mandanten durch, die in Teilen abweichende Ziele verfolgen. Die jeweiligen Zielvorgaben der Verkäufer und die auf Investorenseite vorhandene Erwartungshaltung müssen bereits bei Mandatierung klar herausgearbeitet sein, damit das Transaktionsvorhaben erfolgreich abgeschlossen werden kann.
Finanzinvestoren streben an, innerhalb der Halteperiode eines Unternehmens den Kapitaleinsatz zu vervielfachen (vgl. Riegger, 2008, S. 233 f.). Insbesondere aufgrund der beschränkten Fondslaufzeit werden im Rahmen der Unternehmensveräußerung Zusicherungen zur Beschaffenheit des Transaktionsobjektes ungern im Kaufvertrag abgegeben („Clean Exit“, vgl. Ellrott, 2012, S. 593). Im Krisenfall müssen der Verlust von Beteiligungen durch Insolvenz oder ein Kapitalnachschuss zur Verlustabdeckung unbedingt vermieden werden, eine spätere Insolvenz nach Veräußerung des Zielunternehmens unter der Verantwortung des jeweiligen Erwerbers wird jedoch als weniger kritisch erachtet. Ausgeschlossen wird in der Regel ein negativer Kaufpreis zur Überwälzung zukünftiger Verluste auf den Erwerber. Der M&A-Berater strebt hierbei eine Kaufpreismaximierung bei sehr begrenzter Risikoübernahme seines Mandanten an. Hinsichtlich als Verkäufer auftretender Finanzinvestoren ist auch hervorzuheben, dass „über die Management-Beteiligung die Interessen von Investor und Management gleichgerichtet sind und der Verkauf auch für das Management – zumal wenn es in den Genuss von Ratchets [(mit den Anteilen des Managements verbundene Sonderrechte)] kommt – finanziell zumeist äußerst attraktiv ist […]“ (Ellrott, 2012, S. 595). Darüber hinaus ist bei einem derartigen Verkauf „die Abstimmung zwischen verkaufendem Finanzinvestor und Management […] unerlässlich, weil der Private-Equity-Fonds als Hauptverkäufer den Kaufinteressenten auch zu diesem Transaktionsaspekt frühzeitig die wesentlichen Eckdaten nennen muss […]“. Hierzu zählt auch die Bereitschaft des Managements, die eigene Beteiligung fortzuführen bzw. an der Seite des neuen Mehrheitsgesellschafters erneut zu investieren (vgl. Ellrott, 2012, S. 596).
Konzerne hingegen trennen sich dann von Geschäftsfeldern bzw. Tochtergesellschaften, wenn dieseaufgrundverschiedenster
Die Veräußerung von Familienunternehmen ist oftmals eine sensible Angelegenheit und stellt einen massiven Einschnitt dar. Daher gilt es, ein Gefühl der Niederlage zu vermeiden und gleichzeitig eine längerfristige Fortexistenz des zu veräußernden Unternehmens unter Wahrung seiner Identität und Kultur anzustreben (vgl. Böhm, 2020, S. 229). Im Krisenfall ist ein negativer Kaufpreis in der Regel unwahrscheinlich und Gewährleistungen sowie Garantien im Kaufvertrag können nur in begrenztem Umfang akzeptiert werden. Auch hier gilt es, den Kaufpreis zu maximieren, da in der Zukunft für die veräußernde Familie die Möglichkeit zur Erwirtschaftung von Geschäftsführergehältern und Entnahme von Gewinnen entfällt. Gelingt der erste Verkaufsversuch nicht, besteht in der Regel die Möglichkeit, einige Jahre später erneut eine Marktansprache zu starten. Der Käufer erwartet in der Regel für eine Übergangszeit einen weiteren Verbleib des bestehenden Managements in der Geschäftsleitung. Im Falle des Erwerbs des Familienunternehmens durch einen Finanzinvestor wird häufig eine Rückbeteiligung durch in der Geschäftsleitung weiter mitwirkenden Familienmitglieder sowie externe Manager erwartet, um wie auch bei anderen Transaktionen „für das Management adäquate Anreize zu schaffen und eine Gleichschaltung der Interessen von Investor und Management zu gewährleisten […]“ (Schalast et al., 2011, nach Böhm, 2020, S. 234). Der Share Deal wird präferiert, Asset Deals sind möglich.
Insolvenzverwalter im Regelverfahren suchen bei limitierter Liquidität und somit zeitlich begrenzter Fortführungsmöglichkeit eine Lösung, die alle Stakeholder im Vergleich zur mit hohen Kosten verbundenen Unternehmensliquidation besserstellt (vgl. Niering & Hillebrand, 2020, S. 22). Das nach objektiven Kriterien beurteilte, insgesamt beste Angebot obsiegt, wobei Insolvenzverwalter hinsichtlich der erzielten Insolvenzquote untereinander im Wettbewerb stehen (vgl. https://www.pluta.net/insolvenzverwaltung.html, abgerufen am 10.8.2021). Da sich das Fenster für einen Unternehmensverkauf nach einigen Monaten schließt (vgl. Niering & Hillebrand, 2020, S. 23 f.), muss ein Misserfolg im Investorenprozess unbedingt vermieden werden. Die Übernahme von Risiken im Kaufvertrag durch den Verkäufer wird ausgeschlossen oder durch escrow account betraglich limitiert (vgl. Oldiges & Dr. Herbst, Modul 10, 2009, S. 26) und der Investor hat durch einen Asset Deal die Möglichkeit, sein neues Unternehmen vollständig gegen Risiken der Vergangenheit abzuschotten (vgl. Wegmann & Siebert, 2020, S. 32 bzw. Niering & Hillebrand, 2020, S. 37). Der Insolvenzverwalter zieht die nicht veräußerten Forderungen ein, ein negativer Kaufpreis ist ausgeschlossen. Die weitere Mitarbeit der vorhandenen Geschäftsführung hängt in der Regel von der Einschätzung durch den erwerbenden Investor ab.
Dementgegen streben Eigenverwalter an, eine Neuordnung des Gesellschafterkreises nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. Niering & Hillebrand, 2020, S. 54) und unter Erzielung maximaler Zugeständnisse durch Gläubiger und Lieferanten den Insolvenzplan mit einem minimalen Kapitalbetrag zu refinanzieren, um schlussendlich ein von Altlasten befreites Unternehmen bei unveränderter Gesellschafterstruktur fortzuführen. Der M&A-Berater hat hier häufig die Funktion, flankierend zu den Aktivitäten der Altgesellschafter und einer möglichen Betriebsstillegung, Alternativen zu sondieren (vgl. Niering & Hillebrand, 2020, S. 54), wobei alternative Investorenkonzepte umso objektiver bewertet werden, je kompetenter und entscheidungsfreudiger der Gläubigerausschuss besetzt ist. Naturgemäß mündet die Eigenverwaltung im Zuge der Reorganisation des Rechtsträgers in einen Share Deal.
Artur Deichmann, Dipl. Kfm. und Bankkaufmann, ist Managing Partner bei SSC Consult in Köln. Seine Tätigkeitsgebiete umfassen u.a. die M&A-Beratung im Mittelstand mit Schwerpunkten in der Unternehmernachfolge, bei Konzernausgliederungen und im Rahmen der Strukturierung tragfähiger Fortführungslösungen für Unternehmen im Insolvenzumfeld.