Kann der Arbeitgeber von den Beschäftigten einen Selbsttest verlangen?
von Claus Nürnberg, Aachen
Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten laut SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 14.04.2021, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens zweimal pro Kalenderwoche einen Corona-Test anzubieten.
Freiwillige Pflicht? Coronatest bei Arbeitnehmern
Die Tests sind für den Mitarbeiter freiwillig auf Kosten des Arbeitgebers, der diese verpflichtend anbieten muss. Die Zeit zur Durchführung eines Testes ist keine Arbeitszeit und damit besteht für den Arbeitnehmer auch kein Vergütungsanspruch für diese Zeit.
Eine immer wieder diskutierte gesetzliche Verpflichtung zum Testen wird bisher seitens der Arbeitgeber, Wirtschaftsverbände oder auch der Politik abgelehnt. Die Einführung einer Testpflicht würde nach deren Meinung ein Ausbremsen der Bereitschaft zu Tests riskieren und könnte zu Unsicherheiten führen. Auch fehlt für eine generelle Testpflicht bisher die gesetzliche Grundlage. Andererseits würden klare Regeln Diskussionen, Missstimmungen in der Belegschaft oder auch Ausgrenzungen von Mitarbeitern und in der Folge ein negatives Betriebsklima vermeiden. Statt gesetzlicher Testpflicht wird auf eine Motivations- und Verantwortungsstrategie der Mitarbeiter gesetzt, sich testen zu lassen.
Die Verantwortung des Mitarbeiters gegenüber den Arbeitskollegen/-kolleginnen oder auch die Vermeidung eines möglichen Betriebsstillstandes im Falle eines Corona-Infektionsherdes sind dabei häufig genutzte Argumente. Gerade jetzt bei den aktuell sinkenden Inzidenzen werden Freizeitaktivitäten, Reisen etc. zwingend an die Durchführung eines Testes und Vorlage des Ergebnisses geknüpft. Dies verschafft eine zusätzliche Akzeptanz für die Tests und eine weitere Motivation. Der landesweit hohe Besucherandrang der letzten Tage bei den Testzentren beweist dies eindrucksvoll. Es ist richtig und wichtig, die Lockerung von Infektionsschutzmaßnahmen an die Durchführung von Tests zu knüpfen. So können Leichtsinn oder Nachlässigkeit reduziert werden.
Erfahrungsgemäß gibt es aber, wenn auch nur in einer Minderheit, die Corona-Leugner, die eine Erkrankung oder auch Infektionsrisiken als nicht existent bezeichnen oder Corona-Tests ablehnen. Was passiert, wenn dieser Fall im Unternehmen auftritt?
Was kann der Arbeitnehmer machen, wenn der Mitarbeiter einen Test ablehnt?
Da keine generelle gesetzliche Testpflicht besteht, hilft eventuell ein Blick in die Arbeitsverträge.
Nach ggf. arbeitsvertraglicher oder tarifvertraglicher Regelung darf der Arbeitgeber bei gegebener Veranlassung – also nicht willkürlich – durch einen Vertrauensarzt oder das Gesundheitsamt feststellen lassen, ob der Mitarbeiter dienstfähig oder frei von ansteckenden Krankheiten ist.
Der Anlass zur Untersuchung könnte sich aus der Fürsorgepflicht für den Mitarbeiter selbst, aus der Fürsorgepflicht für die übrigen Mitarbeiter oder auch aus einer Sicherstellung der operativen Geschäftstätigkeit des Unternehmens ergeben. Das Interesse des Arbeitsgebers an der geforderten Untersuchung ist abzuwägen gegen das Interesse des Mitarbeiters an der Wahrung seiner Intimsphäre und körperlichen Unversehrtheit.
Der Arbeitgeber sollte einen Selbsttest verlangen, wenn es dafür eine konkrete Begründung (Arbeitsschutz) und ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers (Fürsorgepflicht) gibt. Dies kann z.B. ein begründeter Infektionsverdacht beim Mitarbeiter selbst sein oder eine bereits vorliegende Corona-Erkrankung in der häuslichen/betrieblichen Umgebung.
Sollte sich der Mitarbeiter trotzdem einem Test verweigern, dürfte für den genannten Fall eine Beschäftigungsverweigerung ohne Vergütungsfortzahlung die Konsequenz sein.
Auch wenn eine generelle gesetzliche Testpflicht in Unternehmen nicht unbedingt erforderlich scheint, ist eine verlässliche gesetzliche Regelung im Falle von Arbeitnehmern, die den Test verweigern, zwingend erforderlich.
Diplom-Kaufmann Claus Nürnberg ist als Senior-Partner bei der WED+ Unternehmensberatung GmbH tätig und unterstützt seit vielen Jahren Unternehmen in der Krise bei der Entwicklung und Umsetzung von Sanierungs- und Restrukturierungskonzepten. Im Rahmen eines Interimsmanagements übernimmt er die operative Verantwortung, bis ein definiertes Ziel erreicht ist und ein dauerhaftes Management eingesetzt werden kann. In seiner langjährigen Tätigkeit hat er sich besonders auf Handels- und Dienstleistungsunternehmen spezialisiert.