Keine Kompetenzen: Der Gläubigerbeirat nach StaRUG
von Prof. Dr. Rolf-Dieter Mönning, Aachen
Der Gläubigerbeirat: Diskussionen ja – Kompetenzen nein
Mit dem im Dezember 2020 in großer Eile und nach einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren verabschiedeten SanInsFoG wurde mit dem Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) ein rechtlich strukturiertes Sanierungsverfahren eingeführt, das seit dem 01.01.2021 in Kraft ist. Es vergrößert die Auswahl an Sanierungsinstrumenten im Werkzeugkasten des Insolvenzrechts. Gleichzeitig bewirkt es einen für die deutsche Rechtsordnung beachtlichen Wandel von einem gläubigerzentrierten zu einem schuldnerzentrierten Sanierungsansatz. An diesem Punkt unterscheidet sich das StaRUG von einer Sanierung im Insolvenzverfahren. Denn hier muss jede Reorganisation des insolventen Unternehmensträgers oder eine übertragende Sanierung an dem Ziel ausgerichtet werden, die bestmögliche und gleichmäßige Befriedigung der beteiligten Gläubiger zu gewährleisten. Und dies gilt auch in der Eigenverwaltung, obwohl das Schutzschirmverfahren ausdrücklich mit der Überschrift „Verfahrens zur Vorbereitung einer Sanierung“ gekennzeichnet ist. Deutschland tut sich generell schwer, sich gedanklich vom autoritären Amtsverfahren unter Herrschaft eines Insolvenzgerichtes zu lösen. Und so weist auch das StaRUG wieder eine Reihe von Prüfungs- und Überwachungsaufgaben auf, die eine missbräuchliche Inanspruchnahme verhindern sollen. Das StaRUG ist daher weniger schlank geraten, als es die Restrukturierungsrichtlinie der EU-Kommission, die mit dem SanInsFoG jetzt in deutsches Recht transformiert wurde, hätte er-warten lassen können.
Nur der Schuldner kann ein Restrukturierungsvorhaben betreiben. Er kann es völlig privatautonom, also gerichtsfrei gestalten, oder den Restrukturierungsplan nach Anzeige eines Restrukturierungsvorhabens an das zuständige Restrukturierungsgericht der gerichtlichen Leitung und Überwachung unterstellen. Die Einbeziehung der Gläubiger hat in diesem schuldnerzentrierten Restrukturierungsvorhaben lange keine Rolle gespielt. Erst auf den allerletzten Metern des Gesetzgebungsvorhabens hat man sich der Gläubiger erinnert und in letzter Sekunde noch eine Vorschrift ins Gesetz aufgenommen, die die Einsetzung eines Gläubigerbeirates ermöglicht (§ 93 StaRUG).
Bei näherer Betrachtung handelt es sich dabei aber um Kosmetik. Denn der Gläubigerbeirat hat keine Kompetenzen, sieht man einmal davon ab, dass ein einstimmiger Beschluss des Gläubigerbeirates das Gericht bei der Auswahl des Restrukturierungsbeauftragten bindet.
Nicht in jedem Restrukturierungsvorhaben kann ein Gläubigerbeirat eingesetzt werden. Bei einem ausschließlich privatautonomen und gerichtsfreien Vorhaben ist für den Gläubigerbeirat kein Platz. Aber auch im gerichtlich überwachten Restrukturierungsvorhaben kann ein Gläubigerbeirat nur dann eingesetzt werden, wenn die Forderungen sämtlicher Gläubiger durch einen Restrukturierungsplan gestaltet werden sollen, und die Restrukturierungssache zusätzlich gesamtverfahrensartige Züge aufweist, womit ein neuer Begriff in das Restrukturierungsgeschehen Einzug gehalten hat. Damit hat es der Schuldner selbst in der Hand, ob er von vornherein die Einsetzung eines Gläubigerbeirates verhindert oder ermöglicht. Denn grundsätzlich kann sich das Restrukturierungsverfahren auch auf die Einbeziehung weniger Gläubiger beschränken. Das entscheidet allein der Schuldner. Und dies ist auch richtig, wenn man es mit dem schuldnerzentrierten Ansatz des Verfahrens ernst meint.
Das Gesetz sieht eine Unterstützungs- und Überwachungsaufgabe für die Gläubigerbeiräte vor. Es geht also darum, durch den Einsatz externen Sachverstandes die Restrukturierungs- und Sanierungsaussichten zu erhöhen. Auch sollen Interessengegensätze unter den Gläubigern überwunden und spezielle Kompetenzen eines Beiratsmitgliedes genutzt werden können. Das Gesetz definiert keine Maßnahme des Schuldners, deren Wirksamkeit von einer Zustimmung des Gläubigerbeirates abhängt. Insoweit unterscheidet sich der Gläubigerbeirat des StaRUG elementar vom Gläubigerausschuss der Insolvenzordnung.
Das Gesetz enthält keine Vorgabe für die Größe des Gläubigerbeirates. Zweckmäßigerweise wird man, wie schon beim
Geht man vom ursprünglich seitens der EU-Kommission verfolgten Ansatz aus, ein zügiges, gerichtsfreies und möglichst schlankes Restrukturierungsverfahren in allen Staaten der Europäischen Union zu etablieren, wird man im Regelfall auch dort, wo die Einsetzung eines Gläubigerbeirates grundsätzlich zulässig wäre, darauf verzichten. Denn die Einbeziehung eines derartigen Gremiums führt automatisch zu mehr Abstimmungsbedarf und dadurch bedingt zu Reibungsverlusten, was die Durchführung einer Restrukturierungssache schwerfälliger macht. Die Etablierung eines Gläubigerbeirates ergibt aber dann Sinn, wenn es gilt, mit Hilfe von einflussreichen Fachleuten oder Gläubigervertretern Widerstände zu überwinden und zusätzlichen Sachverstand für die Abwicklung zu mobilisieren. Der Gläubigerbeirat lebt nur durch seine fachliche Autorität, aber nicht durch gesetzlich eingeräumte Kompetenzen.
Professor Dr. Rolf-Dieter Mönning (Mönning Feser Partner) gründete 1980 die Kanzlei Mönning& Georg und zählt zu den führenden Verwaltern und Restrukturierungsberatern (erneut: „Beste Anwälte im Bereich Restrukturierung und Insolvenz“ Handelsblatt 2020). Er wird seit 1979 mit der Abwicklung von Konkurs-, Vergleichs-, Gesamtvollstreckungs- und Insolvenzverfahren und der Beratung von Krisenunternehmen beauftragt und hat bis heute über 3.500 Verfahren aller Größenordnungen mit Schwerpunkt Fortführung und Sanierung bearbeitet. Er veröffentlicht und referiert regelmäßig im In- und Ausland zu insolvenzrechtlichen Themen und ist u.a. Herausgeber und Autor des Handbuchs „Betriebsfortführung in Restrukturierung und Insolvenz“. Bis zur Emeritierung war er Professor für Unternehmensrecht an der Fachhochschule Aachen.