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SRNL 2022, 9
Gutheil/Nürnberg 

Unternehmensführung in Krisenzeiten

von Marion Gutheil, Düsseldorf und Claus Nürnberg, Aachen

Abbildung 7

Was tun in der Krise?

Die Corona-Pandemie oder auch der Krieg in der Ukraine haben mit den sich daraus ergebenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen, wie beispielsweise steigende Inflation, instabile Energieversorgung oder Zusammenbruch von nationalen und internationalen Lieferketten verdeutlicht, wie gefährdet viele Unternehmen sind und wie schnell sie in eine wirtschaftliche Schieflage geraten können.

Angst, Verunsicherung und die Sorge über die weitere Zukunft sowohl seitens der Beschäftigten als auch seitens der Arbeitgeber lähmen oft die Bereitschaft, erforderliche Entscheidungen zeitnah zu treffen und führen damit zu einer weiteren Verschärfung der Unternehmenskrise. Aufgrund eines kontinuierlichen Wirtschaftswachstums in den letzten Jahren ist bei Unternehmen zuweilen die Fähigkeit und Bereitschaft, sich auf mögliche Krisen vorzubereiten und diese zu bewältigen, aus dem Fokus geraten und muss zum Teil neu erlernt werden.

Trifft die Krise auf Unternehmen, welche bereits aufgrund von massiven Marktveränderungen, wie beispielsweise die Automobilindustrie mit einer Abkehr vom Verbrennungsmotor, besonders gefordert sind, kann sich die Krise sehr schnell zu einem existentiellen Problem für das Unternehmen entwickeln.

Die Politik hat in den letzten Jahren mit einer Vielzahl unterschiedlicher finanzieller Hilfspakete für Unternehmen bis hin zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht Maßnahmen mit dem Ziel ergriffen, die wirtschaftlichen Risiken der Unternehmen aus externen Krisenfaktoren abzufedern. Die ökonomische Effizienz solcher Unterstützungsmaßnahmen ist im Einzelfall nicht automatisch gegeben, da zuweilen die Maßnahmen nicht in time entschieden werden sowie nach dem Prinzip des Kompromisses definiert sind und damit im Einzelfall die Unternehmenskrise verschärfen, statt diese zu lösen.

Die Kombination aus dem Eintritt unerwarteter Krisen, einer mangelnden Vorbereitung auf Krisenbewältigung im Unternehmen einhergehend mit politisch zum Teil undifferenzierter Unterstützungsmaßnahmen kann schnell zu einer großen Verunsicherung bis hin zu Chaos im Unternehmen führen.

Die Aufgabe des Geschäftsführers / Unternehmers in der Krise?

Effiziente Krisenbewältigung bedeutet für den Unternehmer neben der Akzeptanz der Krise auch die Verunsicherung im Unternehmen bei Eintritt derselben schnellstens zu beenden und Strukturen zur Bewältigung aufzubauen. Kann in einer ersten Phase auf unerwartet eingetretene Krisen zunächst nur reagiert werden, muss unverzüglich eine „worst case“- Analyse zur Prognose der weiteren Krisenentwicklung oder auch neuer Krisen erfolgen, um sinnvolle Präventivmaßnahmen ausarbeiten zu können.

Die Entscheidungsbereitschaft des Unternehmers sowie die Fähigkeit der Organisation zur Krisenbewältigung in Kombination mit einer offenen Kommunikation gegenüber den Stakeholdern schafft Orientierung für alle Beteiligten und die entscheidenden Voraussetzungen zur Krisenbewältigung.

Die derzeitige Energiekrise verursacht durch eine Angebotsverknappung und daraus signifikant gestiegener Energiepreise, die Frage nach alternativen Optionen zur Sicherstellung der Energieversorgung sowie die langen Diskussionen der Bundesregierung bis zu einer Entscheidung über Maßnahmen zur Überwindung der Energiekrise verdeutlichen die besonderen Herausforderungen und die Schwierigkeit einer Krisenbewältigung durch das Unternehmen. In solchen Situationen muss der Unternehmer bereit sein, zuweilen die Begrenzung seiner eigenen Möglichkeiten zu erkennen. Dafür bedarf es oftmals auch der Hinzuziehung externen Sachverstandes.

Schreitet die Krise im Unternehmen durch fortlaufende Verluste aufgrund gestiegener Energiepreise, einer Kaufzurückhaltung der Kunden sowie aufgrund fehlender finanzieller Mittel zur Investition in eine regenerative Energieversorgung weiter voran, kann dies die weitere Existenz des Unternehmens SRNL 2022 S. 9 (10)gefährden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird ein Sanierungskonzept erforderlich, welches wichtige Themen wie u.a. Kostensenkung, Liquiditätsbeschaffung oder auch eine geänderte strategische Ausrichtung berücksichtigt, um das Unternehmen wieder zu stabilisieren.

Der Gesetzgeber hat erkannt, dass eine Unternehmenskrise selten durch ein singuläres Ereignis ausgelöst wird, sondern vielmehr sich über Zeiträume hinweg entwickelt. Gemäß dem am 01.01.2021 in Kraft getretenen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) sind Mitglieder der Geschäftsführung haftungsbeschränkter Unternehmen, wie etwa der GmbH, verpflichtet, fortlaufend die Entwicklungen, welche den Fortbestand des Unternehmens gefährden könnten, zu überwachen und nötigenfalls geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Die Geschäftsführung hat also bereits eine gesetzliche Verpflichtung geregelt, ein Krisenfrüherkennungssystem zu etablieren, dass die negative Entwicklung im Unternehmen erkennen lässt und diesen durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken. Das Gesetz konkretisiert dieses Frühwarnsystem allerdings nicht. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind im Umgang mit den daraus resultierenden Anforderungen häufig überfordert. Hilfen für die Entwicklung von Frühwarnsystemen finden sich nach den gesetzlichen Vorgaben auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Justiz (https://www.bmj.de/DE/Themen/FinanzenUndAnlegerschutz/Fruehwarnsysteme/Fruehwarnsysteme.html) und unter www.existenzgruender.de. Die dort aufgestellten Checklisten geben eine erste Orientierungshilfe zur Implementierung dieser Systeme im Unternehmen. Fachkundige Unterstützung kann hilfreich sein.

Der Geschäftsleiter sollte die Anforderungen durch das StaRUG nicht unterschätzen. Verstöße, die zu einem Schaden führen, können den Geschäftsleiter (persönlich) schadensersatzpflichtig machen.

Der Unternehmer muss also künftige Risiken erkennen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit abschätzen und den notwendigen Präventionsaufwand in ein angemessenes bzw. angepasstes Verhältnis setzen, ohne dabei die Höhe eines möglichen Schadens aus den Augen zu verlieren.

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Marion Gutheil, verantwortlich für den Düsseldorfer Standort der MÖNIG Wirtschaftskanzlei, ist seit über 20 Jahren im Sanierungs- und Insolvenzbereich tätig. Sie ist Fachanwältin für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Mediatorin und seit mehr als 10 Jahren bestellte Sachwalterin und Insolvenzverwalterin. Daneben unterstützt sie Unternehmen in der Restrukturierung sowie der Vorbereitung und Begleitung von Eigenverwaltungsverfahren und bietet juristische Beratung und Prozessvertretung im insolvenznahen Bereich an.

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Diplom-Kaufmann Claus Nürnberg ist als Senior-Partner bei der WED+ Unternehmensberatung GmbH tätig und unterstützt seit vielen Jahren Unternehmen in der Krise bei der Entwicklung und Umsetzung von Sanierungs- und Restrukturierungskonzepten. Im Rahmen eines Interimsmanagements übernimmt er die operative Verantwortung, bis ein definiertes Ziel erreicht ist und ein dauerhaftes Management eingesetzt werden kann. In seiner langjährigen Tätigkeit hat er sich besonders auf Handels- und Dienstleistungsunternehmen spezialisiert.

 
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