R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
 
 
STB 2024, I
Rossmanith 

Steuerklassenkombination III und V abschaffen – wieso Herr Bundesfinanzminister?

Abbildung 1

In ihrem Koalitionsvertrag hat die Ampelregierung vereinbart, dass sie die Steuerklassen reformieren. Konkret handelt es sich dabei um Verheiratete und Lebenspartnerschaften. Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP hat nun im Rahmen des Gesetzesentwurfs für das “Zweite Jahressteuergesetz 2024” einen entsprechenden Vorschlag eingebracht. Demnach ist geplant, wie bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, die bisherige Steuerklassenkombination III und V abzuschaffen und durch die “Steuerklasse IV mit Faktor” zu ersetzen. Geplant ist dabei, die Steuerklassen zum 1.1.2030 umzustellen.

Hierbei ist zu erwähnen, dass der Vorschlag von Bundesfinanzminister Christian Lindner nichts Neues ist. Bereits seit dem Jahr 2010 können Ehegatten und Lebenspartnerschaften die Steuerklassenkombination IV und IV mit Faktor wählen. Die Gesetzesgrundlage findet sich dafür im § 39f EStG. Dabei ist der Faktor ein vom Finanzamt zu bildender Multiplikator, der die Lohnsteuer bei der Steuerklassenkombination IV und IV verringert. Das Faktorverfahren wird aber in der Praxis kaum genutzt, da es viel zu kompliziert ist. Nach dem Gesetzesentwurf ist die Berechnungsgrundlage für die entsprechenden Faktoren das Vorjahreseinkommen und das Verfahren soll in Zukunft weitgehend automatisiert erfolgen. Damit erklärt sich auch die lange Vorlaufzeit bis zum Beginn des Jahres 2030. Und, dass die Umstellung teuer wird, liegt auf der Hand, wenn man sich die Infrastruktur unserer Finanzverwaltung anschaut. Deshalb steht zurecht im Gesetzesentwurf, dass die Umstellung zum automatisierten Faktorverfahren der Finanzverwaltung zwischen den Jahren 2025 und 2029 Kosten von ca. 62 Mio. Euro bescheren wird!

Die gesetzliche Zielsetzung der neuen Steuerklassenkombination IV mit Faktor ist, die hohe Lohnsteuer im Vergleich zur Steuerklasse V zu mindern, die Lohnsteuer zwischen den Ehegatten und Lebenspartnern fairer zu verteilen, die Lohnsteuer der jährlichen Einkommensteuer anzunähern und einen Anreiz zu schaffen, eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Da in der Praxis überwiegend Ehefrauen die unvorteilhafte Steuerklasse V gewählt haben, da ihre Ehepartner höhere Gehälter erzielen, bleibt diesen ein unverhältnismäßig geringes Monatseinkommen übrig. Somit vertritt die SPD im Bundestag die Ansicht, dass die Steuerklasse V viele Frauen hindert, sich im Beruf weiter zu engagieren und die angestrebte Steuerreform vor allem die Frauenerwerbstätigkeit fördern würde. Dieser Gedankengang muss jedoch angezweifelt werden, wenn man der 2021 veröffentlichten Untersuchung des Bundesrechnungshofes folgt. Denn in 94 % der vom Bundesrechnungshof geprüften Fälle, gingen geringer verdienende Ehegatten und Lebenspartner unabhängig vom Faktorverfahren bereits einer sozialversicherungspflichtigen (Vollzeit-)Erwerbstätigkeit nach. Das Faktorverfahren, so der Bundesrechnungshof, führt zwar für geringer Verdienende zu weniger Lohnsteuer als in der Steuerklasse V, gleichzeitig jedoch für besser Verdienende zu einer höheren Lohnsteuer als in der Steuerklasse III. Ehegatten und Lebenspartner zahlten in Summe überwiegend mehr Lohnsteuer als dies bei der Steuerklassenkombination III und V der Fall gewesen wäre.

Die in Summe höher zu bezahlende Lohnsteuer beim Faktorverfahren begründet sich gegenüber der Steuerklassenkombination III und V darin, dass beide ihren eigenen Grundfreibetrag oder gegebenenfalls Kinderfreibetrag lohnsteuermindernd in Anspruch nehmen und die steuermindernde Wirkung des Splittingverfahrens beim Lohnsteuerabzug bei beiden berücksichtigt wird. Bei der Steuerklassenkombination III und V werden die lohnsteuermindernden Sachverhalte nur der Steuerklasse III zugerechnet mit der Folge, dass die monatlich abzuführende Lohnsteuer geringer ausfällt und sich somit ein monatlich deutlich höheres Nettoeinkommen ergibt. Deshalb ist die Steuerklassenkombination III und V bei Ehegatten und Lebenspartnerschaften sehr beliebt, da unterjährig mehr Liquidität zur Verfügung steht und die endgültige Steuerbelastung das Finanzamt erst im Steuerbescheid berechnet, auf Basis der zuvor abgegebenen Steuererklärung. Laut Statistischem Bundesamt haben 39 % der Paare im Veranlagungsjahr 2020 die Steuerklassenkombination III und V gewählt. Im Regelfall müssen die zusammenveranlagten Ehepaare oder Lebenspartnerschaften eine Steuernachzahlung tätigen. Und je größer der Einkommensunterschied zwischen beiden ist, desto höher fällt die Steuernachzahlung aus. Sie nehmen dieses aber gerne in Kauf, wenn unterjährig mehr Liquidität zur Verfügung steht. Im Ergebnis gibt der Staat bei der Steuerklassenkombination III und V den Ehepaaren und Lebenspartnerschaften von Jahr zu Jahr und immer wieder aufs Neue einen zinslosen Kredit. Durch den neuen Gesetzesentwurf unseres Bundesfinanzministers soll damit Schluss sein. Und mit der Reform der Steuerklassen stünden Ehepaare und Lebenspartnerschaften mit wenig Geld ein hartes Jahr bevor. Denn im ersten Steuerjahr müssten sie die Nachzahlung aus zuvor gesparten Steuern nach alter Rechtslage bezahlen und mit niedrigen Nettoeinkünften nach neuer Rechtslage auskommen. Sehr sozial nach der SPD!

Als Hauptgrund für die Abschaffung der Steuerklassenkombination III und V lässt sich der Einstieg vom Ausstieg des Ehegattensplittings deuten. Zwar hebt das FDP-geführte Finanzministerium hervor, dass es gerade darum nicht geht. Wenn man aber die Aussage von der grünen Familienministerin Lisa Paus aus der “Berliner Morgenpost” zitiert, dann gehe es im ersten Schritt um das Ende des Ehegattensplittings.

Wir können froh sein, dass Christian Lindner unser Bundesfinanzminister ist. Aber lieber Herr Bundesfinanzminister, bei diesem Thema haben Sie sich verrannt. Somit Finger weg von der Abschaffung der Steuerkombination III und V!

Prof. Dr. Jonas Rossmanith, StB, Professur für Unternehmensbesteuerung, nationale und internationale Rechnungslegung an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Mitglied des Kammervorstandes der Steuerberaterkammer Stuttgart.

 
stats