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ZFWG 2023, 101
Ruttig 

Evaluierung – auch § 5 GlüStV?

Abbildung 1

Die erste Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages wirft ihre Schatten voraus. Gemäß § 32 Satz 1 GlüStV sind die Auswirkungen des Staatsvertrages, insbesondere des § 4 Absatz 4 und 5, der §§ 4a bis 4 d, 6 a bis 6 j, 9, 9 a, 21, 22 a, 22 b und 22 c auf die Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten von den Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder unter Mitwirkung der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder und des Fachbeirats zu evaluieren. Ein Zwischenbericht soll bis zum 31.12.2023 vorgelegt werden.

Nicht in der illustren Aufzählung der mit besonderem Augenmerk zu evaluierenden Normen enthalten, ist § 5 GlüStV, die maßgebliche Vorschrift für die Glücksspielwerbung. Das ist verwunderlich und bedauerlich zugleich. Werbung ist nach der Konzeption des Staatsvertrages für die Erfüllung des Kanalisierungsauftrags zentral. Keine Diskussion vergeht ohne den Hinweis, dass Spielerinnen und Spieler ohne Werbung in den Schwarzmarkt flüchten. Ein Argument, dem man die Spitze nehmen könnte, wenn die Bewerbung illegaler Glücksspielangebote unmöglich gemacht würde, das aber auch gerade erst von der GGL mit Verweis auf die Steuereinnahmen aus Sportwetten widerlegt worden ist. Gleichzeitig dürfen Art und Umfang der Werbung den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwiderlaufen. So bestimmt es § 5 Abs. 2 GlüStV. Ein schwieriger Spagat, der seit Jahren misslingt. Allein, wenn man die TV-Werbung betrachtet, den am stärksten genutzten Werbekanal. Auch heute noch, gut anderthalb Jahre nach Inkrafttreten des 4. Glücksspieländerungsstaatsvertrages und der nur einen Monat später ergangenen BGH-Entscheidung „Rundfunkhaftung“ (Urt. v. 22.7.2021 – I ZR 194/20, ZfWG 2021, 471) floriert die bundesweite und Millionen Euro schwere TV-Werbung für Glücksspiele, die vermeintlich nur auf Schleswig-Holstein ausgerichtet ist. Nachdem dieses Modell jahrelang, bis zum Erhalt von Erlaubnissen, von Anbietern virtueller Automatenspiele und privaten Rundfunkveranstaltern praktiziert worden ist, scheint nun Online-Poker zu folgen.

Ob alle nunmehr zugelassenen Glücksspielformen ausreichend oder zu stark beworben werden, ist, wen wundert es, höchst umstritten. Vor allem an der omnipräsenten Sportwettenwerbung wächst aber die Kritik und bilden sich Interessengruppen wie das Fan-Bündnis „Unsere Kurve“ oder das „Bündnis gegen Sportwetten-Werbung“, dessen Schirmherrschaft der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung Burkhard Blienert übernommen hat. Müsste nicht mit besonderem Augenmerk evaluiert werden, warum die sogenannte Embargozeit in § 5 Abs. 3 GlüStV nicht für Sportwettenwerbung gilt und hinterfragt werden, warum sie nicht mit den Werbezeitbeschränkungen des Jugendschutzes übereinstimmt? Jörg Ukrow, stellvertretender Direktor der Landesmedienanstalt Saarland, hat genau dies kürzlich getan und darauf hingewiesen, dass im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag eine Sperrzeit zwischen 23:00 und 6:00 Uhr gilt, wenn durch mediale Inhalte eine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder oder Jugendliche anzunehmen ist. Wie rechtfertigt sich also die Privilegierung im Glücksspielrecht?

Von einem Totalverbot von Glücksspiel- und damit auch von Sportwettenwerbung hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen. Aber wie eng muss die Verzahnung von Sport und Sportwette sein? Muss man nicht auch kritisch prüfen, ob Sportereignisse und ihre Bewerbung, sei es vor Ort, also in den Stadien und Sportstätten, oder medial in den Übertragungspausen, wirklich so eng zusammengehören, wie es ständig, wenn auch „nur“ durch Dachmarkenwerbung, suggeriert wird? Die Diskussion darüber ist in vollem Gange.

Prof. Dr. Markus Ruttig, Köln*

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