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ZLR 2022, 153
 

Dietrich Gorny †

Am 23. Januar 2022 ist Dietrich Gorny verstorben, der die ZLR viele Jahre als Mitglied des Redaktionsbeirats und als geschätzter Autor begleitet hat. Wir sind sehr traurig. Mit Dietrich Gorny verlieren wir nicht nur eine der großen Persönlichkeiten des Lebensmittelrechts, sondern auch einen Freund, der uns, das Redaktionsteam, über lange Zeit engagiert unterstützt hat. Unvergessen und auch zukünftig wertvoll bleiben seine profunden Beiträge zum Lebensmittelrecht und seine vielfältigen Anregungen, die sich für unsere Leser in zahlreichen Themenbereichen bemerkbar gemacht haben.

Als Justiziar und Geschäftsführer eines internationalen Süßwarenkonzerns kam Dietrich Gorny bereits früh in seiner Laufbahn mit dem Lebensmittelrecht in Berührung. Schon damals, vor mehreren Jahrzehnten, ging es um rechtlich zentrale Fragen für die Branche, die uns zum Teil auch heute noch beschäftigen. Als Beispiele lassen sich die damals wie heute kontroversen Diskussionen über Werbebeschränkungen nennen oder das Ringen um die Voraussetzungen für eine Werbung mit Zahnfreundlichkeit. Auch die Europäisierung des Rechts der Kakaoerzeugnisse war für ihn zu dieser Zeit bereits ein wichtiges Thema.

Gerade mit der immer stärker auf das Lebensmittelrecht einwirkenden europäischen Harmonisierung hat Dietrich Gorny früh ein Thema gefunden, das nicht nur seine berufliche Tätigkeit geprägt hat, sondern auch ganz persönlich sein weiteres Leben. Denn sein Interesse an der Europäisierung des Lebensmittelrechts führte ihn mitten in die zum Teil sehr eigenständigen rechtlichen Interpretationen anderer EU-Mitgliedstaaten, insbesondere Frankreichs und Italiens. Damit verbunden waren vielfältige persönliche Kontakte zu Lebensmittelrechtsspezialisten in anderen europäischen Ländern. Diesem ausgeprägten Interesse daran, über den Tellerrand des nationalen Rechts und der nationalen Auslegung europäischen Rechts zu blicken, verdanken wir zahlreiche wissenschaftliche Beiträge, die häufig kreative und eigenständige Lösungswege für zentrale Rechtsfragen beschreiben. Damit hat Dietrich Gorny auch selbst die Entwicklung des Lebensmittelrechts maßgeblich geprägt.

Nach seiner Zeit im Unternehmen gründete Dietrich Gorny vor über 30 Jahren in Frankfurt eine Rechtsanwaltskanzlei, die noch heute unter anderem auf das Lebensmittelrecht und die für die Lebensmittelindustrie wichtigen angrenzenden Gebiete spezialisiert ist. Auch als Anwalt blieben insbesondere die europäischen Bezüge des Lebensmittelrechts ein zentraler Bereich seiner Tätigkeit. Zu den bekannten anwaltlichen Erfolgen von Dietrich Gorny gehören von ihm erstrittene höchstrichterliche Entscheidungen wie etwa das “D’arbo naturrein”-Urteil des EuGH aus dem Jahre 20001, das in besonderem Maße zur Entwicklung des europäischen Verbraucherleitbildes beigetragen hat und in diesem Zusammenhang weiter vielfach zitiert wird.

ZLR 2022 S. 153 (154)

Seine Erfahrungen und Interessen brachte er in verschiedene Organisationen ein, die sich mit dem Lebensmittelrecht befassen, in mehreren dieser Organisationen bekleidete Dietrich Gorny hohe Ämter. So war er lange Jahre Präsident der European Food Law Association (EFLA) und Co-Vorsitzender des Fachausschusses Arzneimittel- und Lebensmittelrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht (GRUR) sowie Mitglied in weiteren Fachausschüssen, z. B. im Rechtsausschuss des Deutschen Lebensmittelverbandes.

Neben allen beruflichen Verpflichtungen blieb die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den zentralen Themen des Lebensmittelrechts immer ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit von Dietrich Gorny. Zahlreiche Veröffentlichungen haben nachhaltig zur Entwicklung des Lebensmittelrechts beigetragen. Zu erwähnen sind etwa sein Kommentar zur Lebensmittel-Basisverordnung und viele weitere Werke zu wichtigen Themen des Lebensmittelrechts wie etwa zur Lebensmittelhygiene, für die er als Herausgeber verantwortlich zeichnete. Er vermochte es, kreative Gedanken pointiert zu formulieren und seine Auffassungen somit für den Leser klar zum Ausdruck zu bringen. Dass der Blick über den Tellerrand in Form von Ausflügen in die verschiedenen Sprachfassungen von EU-Rechtsakten meist nicht fehlen durfte, ist zu einem Markenzeichen des Autors Dietrich Gorny geworden.

Kaum zu zählen sind seine Beiträge in unserer Zeitschrift: Schon 1978 erschien ein Aufsatz aus seiner Feder zu einem der Themen, die ihn in dieser Zeit besonders beschäftigten.2 Es folgte eine Vielzahl weiterer Beiträge und Urteilsanmerkungen über insgesamt mehr als vier Jahrzehnte! Die Themengebiete dieser Beiträge lassen sich an dieser Stelle auch nicht ansatzweise auflisten – sie betreffen die gesamte Bandbreite des nationalen und europäischen Lebensmittelrechts. Seine letzte Urteilsanmerkung verfasste Dietrich Gorny noch zum Jahreswechsel, zusammen mit Christian X. Meier. Es kann nicht überraschen, dass es um ein Urteil des EuGH zur EU-weit einheitlichen Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) ging und dass dabei verschiedene Sprachfassungen der LMIV eine gewichtige Rolle spielten.3 Das Erscheinen dieser Anmerkung in Heft 1/2022 der ZLR hat er leider nicht mehr erlebt.

Wir sind Dietrich Gorny zu großem Dank verpflichtet und werden sein Andenken in Ehren halten.

Die Redaktion

1

Urteil vom 4.4.2000 – C-465/98, ZLR 2000, 317.

2

“Zur Unwirksamkeit des absoluten Verkehrsverbotes nach § 14 Kakao-Verordnung”, ZLR 1978, 399.

3

Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 11.11.2021 – C-388/20 – “wiederholende Nährwertdeklaration”, ZLR 2022, 80.

 
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