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ZNER 2023, 97
Altrock 
ZNER 2023, Heft 02, Umschlagteil S. 97 (I)

Editorial

Und wieder gibt es Neuigkeiten aus Brüssel: Einerseits konnten sich Europäisches Parlament, Rat und Kommission auf eine neue Erneuerbare Energien-Richtlinie (RED III) verständigen: Der Anteil des Stroms aus Erneuerbaren soll bis 2030 schneller wachsen als bisher vorgesehen – und zwar auf 42,5 Prozent am Bruttoenergieverbrauch. Zudem verständigte man sich auf neue Regelungen für einen weiterentwickelten Emissionshandel. Schließlich kommt die Wasserstoffregulierung nun voran: Wer wird Wasserstoffnetze betreiben dürfen? Welche Entflechtungsregelungen werden gelten?

Auch auf nationaler Ebene wird weiter an der Gesetzgebungsschraube gedreht: Unter anderem wird aktuell das StromPBG in zwei Schritten etwas nachgebessert. Gerade sieht es aber nicht so aus, als ob damit die zum Teil grundsätzlichen Mängel des Gesetzes – u. a. die Behandlung von konzerninternen, anlagenbezogenen Vermarktungsverträgen und Absicherungsgeschäften sowie die Nichtregelung des Umgangs mit Kraftwerken, die verschiedene Brennstoffe einsetzen – angepackt werden würden. Konstruktiver sind da die Vorschläge für Änderungen im Genehmigungsrecht, die der Digitalisierung, aber auch der Privilegierung von Agri-PV-Vorhaben im Außenbereich dienen. Daneben wurde der Entwurf einer PV-Strategie der Bundesregierung vorgelegt, damit die erhofften 215 GW PV-Erzeugung im Jahr 2030 in Deutschland auch tatsächlich realisiert werden.

Das aktuelle Heft der ZNER spiegelt diese aktuellen Entwicklungen wieder: Zunächst werden im Beitrag von Lehnert/Klewar die aktuellen Rechtsfragen zur Erlösabschöpfung nach dem StromPBG erörtert. Seinen Ursprung hat auch dieses Gesetz in Brüssel: Mit der NotfallmaßnahmenVO vom 06. 10. 2022 wurde als Reaktion auf die hohen Energiepreise eine Obergrenze für Markterlöse für Strom von 180 Euro je MWh europaweit eingeführt. Allerdings konnten die Mitgliedstaaten darüber hinausgehen. Deutschland tat dies und schuf eine gestehungsformabhängige, gestaffelte Abschöpfung. Diese will die unterschiedlichen Gestehungskosten der Erzeugungsarten über zugelassene Erlöse und Sicherheitsaufschläge pauschal berücksichtigen. Diese werden aber nicht gegen die IST-Erlöse gespiegelt, sondern im Regelfall gegen Erlöse, die an der Börse erzielt werden können, aber nicht immer werden. Lehnert/Klewar beleuchten insbesondere die Folgen der Regelungen für Betreiber von EE-Anlagen.

Der Aufsatz von Otto/Wegner befasst sich mit den Optionen zur Weiterentwicklung der Außenbereichsprivilegierung von PV-Freiflächenanlagen. Hintergrund sind die jüngst geschaffene, punktuelle Außenbereichsprivilegierung. Laut der Entwurfsfassung der PV-Strategie des BMWK soll eine Ausweitung dieser Privilegierung geprüft werden. Der Beitrag zeigt auf, welche Ausgestaltungsmöglichkeiten bestehen, damit die Außenbereichsprivilegierung zu einem wichtigeren Baustein der Flächenbereitstellung für PV-Freiflächenanlagen ausgebaut werden kann. Als wesentliche Stellschrauben für die inhaltliche Ausgestaltung nennen die Autoren die Definition der von der Privilegierung erfassten Flächen- und Anlagentypen sowie etwaige Größenbeschränkungen, die auf einen bestimmten Flächenanteil pro Gemeindegebiet und/oder eine bestimmte Anlagengröße bezogen sein könnten. Weiterhin ist wesentlich, ob eine Privilegierung unbedingt ausgestaltet wird und daher in ihrer Reichweite die gemeindliche Steuerung weitgehend verdrängt. Alternativ könnte sie als subsidiär gegenüber gemeindlicher Steuerung ausgestaltet werden und die kommunalen Planungsträger allein zu konstruktiver planerischer Tätigkeit veranlassen.

Ein kurzer Beitrag beschäftigen sich mit der Rolle der heimischen Rohstoffversorgung für die Versorgungssicherheit (Kolloquium-Bericht von Fischer). Ein weiterer Beitrag (von Klewar/Riedel) bespricht ausführlich zwei aktuelle Beschlüsse des Bayrischen VGH. In beiden Fällen waren Bemühungen eines Naturschutzverbandes, einen Windpark mit drei Anlagen im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen zu verhindern, vorläufig erfolglos. Die Entscheidungen äußern sich zum Verhältnis von immissionsschutzrechtlicher Genehmigung für die Windenergieanlagen zur Rodungserlaubnis und zur Baugenehmigung für die Zufahrtswege. Ein dritter kurzer Beitrag von Daitinger/Sailer bespricht schließlich eine Aufsehen erregende Entscheidung des OVG Greifswald u. a. zu § 2 EEG, also dem Vorrang, der Erneuerbaren Energien -Projekten nun dadurch zugewiesen wird, weil diese Projekte von überragendem öffentlichem Interesse sind. Das OVG gibt dieser Norm hier eine weitergehende Bedeutung, als bisher angenommen – sehr spannend!

Im Rechtsprechungsteil finden sich über die diesmal drei besprochenen Entscheidungen eine ganze Reihe weiterer, sehr lesenswerte Urteile zum Energierecht und zum Energieverwaltungsrecht.

Martin Altrock

 
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