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ZNER 2011, 571
Becker 

Editorial

Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung beläuft sich derzeit auf etwa 20 Prozent und soll bis 2020 auf mindestens 35 Prozent steigen. In entsprechendem Umfang wird Strom aus konventioneller Erzeugung verdrängt (werden). Dadurch verändert sich der Strommarkt – und die Veränderung ist epochal: Die Stromkonzerne verlieren Schritt für Schritt ihre beherrschende Stellung. Acht von noch siebzehn Atomkraftwerken mussten bereits abgeschaltet werden. Die Stromerzeugung aus Kohle wird zurückgefahren; die aus modernen Gaskraftwerken allerdings geht hoch. Denn diese Kraftwerke spielen für die Regelenergie eine entscheidende Rolle, solange noch keine ausreichenden Speicherkapazitäten existieren. Mit der Veränderung der Machtverhältnisse in der Stromerzeugung könnte auch die marktbeherrschende Stellung der Stromkonzerne erodieren. Säcker plädiert in seiner Studie Marktabgrenzung, Marktbeherrschung, Markttransparenz und Machtmissbrauch auf den Großhandelsmärkten für Elektrizität denn auch für eine Überprüfung der „Duopol-These“ des Bundeskartellamtes, nach der E.ON und RWE eine marktbeherrschende Stellung haben (vgl. Rezension von Jung).

Diese Entwicklung war der Anlass für die ZNER, sich mit dem neuen Strommarktdesign zu befassen. Die entscheidenden Impulse kommen aus der Marktheranführung der Erneuerbaren Energien (EE). Die Einzelheiten sind in § 33 a-i EEG 2012 geregelt. Der Schwerpunkt wird aufgemacht mit einem Aufsatz von Lackmann über grundsätzliche Überlegungen für ein Marktdesign nach der Energiewende. Lackmann war von 1999 bis 2008 Präsident des Bundesverbandes Erneuerbarer Energien (BEE) und ist ein ausgezeichneter Kenner der Entwicklung. Dementsprechend interessant sind seine Überlegungen. Mit der Marktintegration von Strom aus Erneuerbaren Energien hat sich bereits der Aufsatz von Wustlich/Müller in ZNER 2011, 380 (Heft 4), befasst. Er ist zur Herstellung eines Überblicks unerlässlich. Eine weitere Übersicht liefert Lehnert mit seiner rechtlichen Analyse der Regeln zur Direktvermarktung im EEG 2012, die im ersten Heft der ZUR erscheinen wird. Eine Abrundung liefern Müsgens/Peek mit ihrer Untersuchung zu Kapazitätsmärkten, die von vielen zur Überbrückung von Versorgungslücken gefordert werden. Schließlich ist auf die Veröffentlichung des BEE, Die Zukunft des Strommarktes, herausgegeben von Schütz und Klusmann, zu verweisen; herausgekommen beim Ponte Press Verlag.

Mit einem publizistisch vernachlässigten Bereich befasst sich der Aufsatz von Lüdemann und vom Unterzeichner zu den Aufsichts- und Verfassungsfragen im neuen Strommarkt. Es handelt sich um eine – über weite Strecken – Pionierarbeit. Die Kritik an der mangelnden Aufsicht des Spotmarktes der EEX in Leipzig und der EPEX Spot in Paris ist bereits bekannt. Aber durch die Marktheranführung der EE verändern sich auch die Aufsichtsfragen. Die Marktprämie hängt in ihrer Ausgestaltung von der Börsenpreisbildung ab. Also haben auch EE ein Interesse an einem integren Funktionieren des Preisbildungsprozesses. Zusätzlich liegen Verfassungsfragen auf dem Tisch: Der Gesetzgeber hatte schon bisher die stromintensiven Industrien bei der EEG-Umlage privilegiert. Nunmehr wurden sie mit dem sogenannten „Mitternachtsparagrafen“ von Netzentgelten entlastet. Damit entstehen weitreichende Abwägungsprobleme bei den beteiligten Grundrechtsträgern.

Aber auch im übrigen bietet das Heft Einiges: Klaue beleuchtet das Gutachten Energie 2011 der Monopolkommission, Krafczyk/Lietz die BGH-Rechtsprechung zu unwirksamen Preisanpassungsklauseln – hier Fernwärme. Diese Rechtsprechung ist schon seit mehreren Jahren ein „Dauerbrenner“. Der BGH betrachtet die anstehenden Rechtsfragen als geklärt.

Peter Becker

 
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