Editorial
Unruhige Zeiten: Die Kritik am „Klimapaket“ der GroKo (hämisch: dem „Klimapäckchen“) brandet vehement, während die GroKo seltsamerweise zufrieden ist. Selbst Svenja Schulze, Bundesumweltministerin von der SPD, verteidigt es, wahrscheinlich weil sie ihr Klimaschutzgesetz durchgesetzt hat, mit verbindlichen Vorgaben für die Ressorts, einem Vorhaben, das anfangs massiv bekämpft worden war.
Aber der Schwerpunkt des vorliegenden Heftes ist nicht das Klimapaket, sondern ein weiteres Ereignis mit Langzeitwirkung, „der E.ON-RWE-Deal, Marktbeherrschung und Shareholder-Value-Politik mit behördlicher Zustimmung“, wie Kurt Berlo und Oliver Wagner vom Wuppertal-Institut ihren hochinteressanten Artikel überschrieben haben.
Ja: Tatsächlich haben die Kartellbehörden der EU und Deutschlands die Zerlegung der Innogy SE freigegeben, obwohl E.ON in Europa zukünftig 50 Millionen Kunden mit Strom und Gas beliefern und einen großen Anteil der Verteilnetze betreiben wird, die insgesamt einen Umsatz von 20 Milliarden Euro darstellen. Und RWE erhält im Gegenzug von E.ON nicht nur Atom- und Kohlekraftwerke, sondern vor allem E.ONs Erzeugungskapazitäten in Erneuerbaren Energien – und obendrauf eine Beteiligung von 16,7 % an E.ON.
Auf einen weiteren Aspekt des Deals weisen Berlo und Wagner hin, dessen Einfluss auf den Konzessionswettbewerb (hier sind die Autoren langjährige Experten): E.ON wird zukünftig 56 % aller Stromnetz- und 45 % aller Gasnetzkonzessionen halten. Kein Wunder, dass die Autoren empfehlen, sogenannte „change of control“-Klauseln in den Konzessionsverträgen für Rekommunalisierungen zu nutzen und die europarechtliche Freigabe zu beklagen.
Ines Zenke und Tigran Heymann von BBH zeichnen den Gang der kartellbehördlichen Freigaben nach: „Jetzt ist es (standes-)amtlich – Fusion von E.ON und RWE/innogy erhält abschließenden Segen der Kartellbehörden“. Und auch sie warten auf Schritte der „kritischen Wettbewerber“.
Der Verfasser dieser Zeilen hat sich schon im Magazin Cicero (5/2018) mit der Frage befasst, wer – E.ON oder RWE – den besseren Deal gemacht hat. Da auch diese Frage aktuell bleibt, hat die ZNER diesen Artikel nachgedruckt; auch wegen der Einschätzung, an der der Verfasser festhält: Es ist E.ON.
Der zweite Schwerpunkt des Heftes ist die Windkraft; aber nicht wegen der Misere des Zubaus onshore 2019 oder der strittigen Abstandsregelung, sondern wegen zweier – relevanter – Sonderthemen:
Monika Agatz, behördliche Windkraft-Expertin (siehe ZNER 2017, 469, wo sie die neuen LAI-Hinweise zum Schallschutz bei WKAs dargestellt hat), beleuchtet in einer sehr gründlichen Untersuchung das Verhältnis zwischen zivil- und immissionsrechtlichem Nachbarschutz und empfiehlt den behördlichen Weg; schon wegen der Sachkunde der involvierten Behörden und der (voraussichtlich) geringeren Kosten und des geringeren Zeitaufwandes dieses Weges.
Dann folgt der Artikel von Sabine Häffner, Mirco Kron und Michael Frey, die sich mit den Voraussetzungen des Repowerings von WKAs in Baden-Württemberg befassen. Sie zeigen auf, dass selbst in diesem Bundesland mit seinem grünen Umweltminister die direkte Steuerung des Repowerings noch verbesserungsfähig ist.
Peter Becker