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ZNER 2023, 457
Lehnert 
ZNER 2023, Heft 06, Umschlagteil S. 457 (I)

Editorial

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass für Corona-Hilfen bestimmte Mittel nicht für den Klima- und Transformationsfonds eingesetzt werden dürfen. Keine guten Nachrichten für den Klimaschutz? Auf kurze Sicht sicherlich, denn nun fehlen erstmal wichtige Mittel für die grüne Transformation der Wirtschaft, und die Auseinandersetzung, wie und in welcher Höhe die Mittel ersetzt werden können, ob die Schuldenbremse gelockert werden soll/muss und wie die Prioritätensetzung im Haushalt zukünftig aussehen soll, wird zumindest Zeit brauchen.

Die vorliegende ZNER widmet sich in gewohnt aktueller Weise diesem wichtigen Urteil, und zwar mit einem Beitrag von Felix Ekardt, der die Entscheidung juristisch, aber auch rechtspolitisch einordnet. Juristisch lässt sich sicherlich streiten über dieses Urteil. Eine rechtspolitische Erkenntnis ist aber, dass eine Aufweichung oder gar Abschaffung der Schuldenbremse zwar äußerst unwahrscheinlich erscheint, Mittel für den Klimaschutz aber auch auf andere Weise gewonnen werden können, z. B. durch die Streichung klimaschädlicher Subventionen. Das wäre sogar ein doppelter Gewinn, indem mehr Geld für den Klimaschutz vorhanden ist und gleichzeitig Anreize für klimaschädliches Verhalten wegfallen.

Aus Deutschland nach Europa: Ein wesentliches europarechtliches Instrument für den Klimaschutz ist vor wenigen Wochen endlich in Kraft getreten: Die neue Erneuerbare-Energien-Richtlinie, vielfach auch RED III genannt, gilt seit dem 20. November 2023. Sie wird europaweit einen wesentlichen Impuls für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Reduzierung von Treibhausgasen setzen. Die ambitionierten Maßnahmen betreffen alle Sektoren der Energiewirtschaft und nun auch die Industrie, und das Erneuerbare-Energien-Ziel ist mit 42,5 % ordentlich, auch wenn es aus Sicht vieler noch üppiger hätte ausfallen können oder müssen. Yola Traum gibt gemeinsam mit dem Autor dieses Editorials einen rechtlichen Überblick über die RED III. Klar ist danach jedenfalls, dass die nationale Umsetzung der RED III uns in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen wird.

Ein Herzstück der RED III stellen die Vorschriften zum Planungs- und Genehmigungsrecht dar. In vielen Staaten und in vielen Bereichen – und nicht nur bei der Windenergie in Deutschland – hat sich gezeigt, dass langsame Verfahren und fehlende Genehmigungen ein wesentliches Hindernis für den zügigen Ausbau der Erneuerbaren sind. Die RED III nimmt sich diesem Thema nun umfassend an. Christine Kliem widmet sich intensiv den neuen Vorschriften und zeigt dabei wesentliche Grundlinien aber auch eine Reihe offener Fragen auf.

Ein nicht minder wichtiges Thema als die RED III ist die Umstellung der Wärmeversorgung. Das GEG als zentrales Instrument hat dabei in diesem Jahr zahlreiche emotionale Diskussionen ausgelöst, und die inhaltliche Auseinandersetzung konnte vielfach kaum mehr sachlich geführt werden. Das den Diskussionen zugrunde liegende Thema des Spannungsfelds zwischen klimapolitischen Notwendigkeiten einerseits und individueller Belastung andererseits ist dabei auch Gegenstand des Aufsatzes von Sebastian Walther, der sich mit den individuellen Grenzen des GEG aus verfassungsrechtlicher Perspektive auseinandersetzt. Unabhängig vom Ergebnis ein wichtiger Beitrag zur wieder sachlicheren Diskussion dieses für die Energiewende so wichtigen Themas.

Schließlich geht es um Speicher – ein Thema, das uns schon oft in dieser Zeitschrift beschäftigt hat, weil es – leider – nach wie vor viele unklare und unbefriedigend gelöste Rechtsfragen gibt. Sascha Bentke beschäftigt sich im ersten Teil seines auf zwei Hefte verteilten Aufsatzes mit dem sog. Ausschließlichkeitsgrundsatz. Das klingt erstmal akademisch, ist bei näherem Hinsehen aber ein auch praktisch wichtiges Thema, da der Grundsatz vielfach ein Hindernis für die Nutzung von Speichern ist. Die jedenfalls nicht abschließend geklärte Rechtslage dazu sollte dringend klargestellt werden, um die Investitionssicherheit für Speicher als wichtige Bausteine für die Flexibilisierung des Stromsystems zu stärken.

BVerfG, RED III, GEG, Speicher – dieses Heft greift wie selten komprimiert zentrale aktuelle energierechtliche und -politische Themen auf. Und daneben enthält auch der Rechtsprechungsteil wie gewohnt eine Reihe spannender Entscheidungen. Ich wünsche viel Spaß bei der hoffentlich bereichernden Lektüre!

Dr. Wieland Lehnert

 
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