Editorial
Die ZNER macht den Aufsatzteil auf mit der Fortsetzung des Aufsatzes von Lüdemann und Konar zur Überwachung von Stromgroßhandels- und Emissionshandelsmarkt (im Anschluss an ZNER 1/2015). Insbesondere geht es dabei um den Emissionshandel, der offensichtlich überwachungsbedürftig ist (Stichwort: Phishing). Die Autoren legen den Finger auf die Wunden nach REMIT und ACER und sagen der neuen Markttransparenzstelle (MTS) keine einfache Aufgabe voraus. Sie plädieren auch angesichts der Missbrauchsfälle im Emissionshandel für eine Intensivierung der Aufsichtsstruktur und beleuchten kritisch die Tätigkeit der DEHSt. Primäre Aufsichtsinstanz solle die BaFin sein, aber verstärkt durch die BNetzA, weil diese bereits den Handel mit Energiegroßhandelsprodukten überwache und der Emissionshandel die Preisstellung auf dem Großhandelsmarkt erheblich beeinflusse.
Die ZNER widmet dem Tod von Günther Cramer, Mitgründer des Weltmarktführers auf dem Wechselrichtermarkt SMA und großem Visionär in der PV-Branche, einen Nachruf. Die Teilnahme an der Trauerfeier hat den Verfasser dieser Zeilen außerdem bewogen, sich vertieft mit der Krise zu befassen, in die die gesamte PV-Branche in den letzten Jahren geraten ist; paradoxerweise gerade in einer Zeit, in der der PV-Zubau boomte. Die Gründe sind komplex und die Reaktionen des Gesetzgebers waren überzogen. Daher sollte die ganz grundsätzliche Nachdenkphase, die sich der Gesetzgeber mit dem Grün-/Weißbuchprozess verordnet hat, als Beispielsfall der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu komplexen Sachverhalten eingeordnet und in diesen verfassungsrechtlichen Rahmen eingebettet werden.
Der Rechtsprechungsteil ist wiederum gekennzeichnet vom Prinzip Überfluss. Die Redaktion versucht gleichwohl, den Überblick zu behalten. Eine landgerichtliche Entscheidung ragt heraus. Deswegen macht die Redaktion vorab darauf aufmerksam:
Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 09.12.2014 über die Klage der GASAG und ihrer Netzbetriebstochter NBB gegen die Gaskonzessionsvergabe des Landes Berlin entschieden. Der Hauptantrag der Klägerinnen auf eine Zuschlagserteilung zugunsten eines ihrer Angebote wurde abgewiesen. Der Hilfsantrag auf Unterlassung der Konzessionierung des landeseigenen Betriebes „Berlin Energie“ hatte Erfolg. Die Urteilsgründe wurden am 12.03.2015 veröffentlicht (in diesem Heft). Die Kartellkammer am Landgericht Berlin hält die Bewerbung rechtlich unselbständiger kommunaler Unternehmen um Strom- und Gaskonzessionen offenbar für grundsätzlich unzulässig, da ihnen die erforderliche Rechtspersönlichkeit oder jedenfalls funktionale Eigenständigkeit fehle. Zudem liege ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot vor, wenn die Kommune als „Richter in eigener Sache“ über die Bewerbung eines eigenen Unternehmens entscheiden muss. Diese Rechtsansicht des Landgerichts Berlin, die zu Ende gedacht auch eine Bewerbung von kommunalen Eigenbetrieben oder Eigengesellschaften ausschließen würde, steht offenkundig nicht mit der Gesetzeslage und der Rechtsprechung des BGH in Einklang. Da sollen sich kommunale Unternehmen gerade am Konzessionswettbewerb beteiligen, lediglich eine In-House-Vergabe ist unzulässig.
Das Urteil des Landgerichts Berlin ist ein weiteres Beispiel dafür, wie einzelne Gerichte durch eine extensive Auslegung allgemeiner kartellrechtlicher Verbotsnormen kommunale Handlungsmöglichkeiten im Bereich der örtlichen Daseinsvorsorge einschränken oder faktisch unmöglich machen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Aber nach Schatten auch Licht: Das OLG Celle hatte den Altkonzessionär zur Mitteilung der kalkulatorischen Restwerte verpflichtet (ZNER 2014, 83). Die Revision gegen dieses Urteil hat der BGH am 14. April zurückgewiesen. Damit ist davon auszugehen, daß der BGH eine grundsätzliche Verpflichtung des Altkonzessionärs aus § 46 Abs. 2 S. 4 EnWG sieht, die kalkulatorischen Restwerte herauszugeben.
Peter Becker