Editorial
Auch wenn die Zubauzahlen der Windenergie immerhin wieder etwas zunehmen, stockt der Ausbau der Windenergie noch immer. Die Ursachen sind vielfältig und überwiegend bekannt, doch die Beseitigung der Hemmnisse durch Gesetzgeber und Behörden lässt auf sich warten. Immerhin ein wichtiger Aspekt der Förderung von Windenergieprojekten ist durch die EEG-Novelle 2021 angegangen worden, nämlich das Thema der Akzeptanz mit der Beteiligung der Kommunen und damit auch der Bürger in den von Windenergieanlagen betroffenen Gemeinden. Die Schaffung eines bundesweiten Instruments dürfte praktisch von außerordentlicher Bedeutung für neue Projekte vor Ort sein. Denn die Aussicht auf dauerhafte und verlässliche Zahlungen für die Kommunen wird die Perspektive auf Windenergieprojekte vor Ort verändern. Dies als Ablasshandel - wie man manchmal hört – abzutun, greift viel zu kurz. Denn es geht darum, dass bei den Menschen, die tatsächlich von den Anlagen betroffen sind, auch etwas hängen bleibt – und das ist fair, angemessen und längst überfällig.
Aus rechtlicher Perspektive ist das Instrument der kommunalen Beteiligung an Erneuerbare-Energien-Projekten aus verschiedenen Blickwinkeln sehr interessant und herausfordernd. Dies beginnt bei der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit, geht über eine Vielzahl von Fragen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten bei der praktischen Umsetzung – von der strafrechtlichen Relevanz über steuerrechtliche Fragen (Schenkungssteuer, kommunaler Finanzausgleich) bis zum Zivilrecht (Formerfordernisse) und EEG-rechtlichen Fragen – und endet bei der vertraglichen Umsetzung durch die Anlagenbetreiber und Gemeinden. Dieses Heft widmet sich diesen spannenden Themen mit einem Schwerpunkt, wobei es nicht bei der rein rechtlichen Perspektive stehen bleibt, sondern den ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Rahmen mit betrachtet. Dabei hat uns der Gesetzgeber bei der Entstehung dieses Hefts mit seiner Geschwindigkeit fast überholt, indem der gerade neu geschaffene § 36k EEG für Windenergieanlagen in § 6 EEG verschoben und auch auf Solaranlagen erstreckt wurde. Doch wir konnten Stand halten und haben die aktuellen Änderungen in den Beiträgen voll berücksichtigt. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den besonderen Fragen der Solarenergie steht allerdings noch aus und bleibt folgenden Heften vorbehalten.
Dieses Heft beginnt mit einem Beitrag von Salecki/Hirschl, die das neue Instrument der kommunalen Beteiligung in einen breiteren Rahmen der Akzeptanzinstrumente stellen. Dabei begrüßen sie einerseits das neu geschaffene Instrument im EEG, machen aber gleichzeitig sehr deutlich, dass es nur ein Element eines notwendigen deutlich breiter angelegten Instrumentenbaukastens zur Akzeptanzsteigerung sein kann und auf Ebene der Gesetzgebung und auch in der Praxis hier zukünftig noch deutlich mehr geschehen muss.
Weidinger befasst sich in seinem Beitrag ausführlich mit verfassungsrechtlichen Fragen des neuen § 6 EEG (ehemals § 36k EEG). Dabei ist zu bedenken, dass die Entstehung des Instruments wesentlich dadurch beeinflusst wurde, dass ein verfassungsrechtlich sicherer Weg der Beteiligung von Kommunen geschaffen werden sollte. Dies dürfte gelungen sein – aber die Kritik an dem Instrument reißt trotzdem nicht völlig ab. Weidinger stellt jedoch überzeugend dar, dass die verbliebenen Kritikpunkte nicht geeignet sind, die (finanz-)verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Instruments in Frage zu stellen.
Baur und Vollprecht stellen gemeinsam mit dem Verfasser dieses Editorials schließlich die rechtliche und praktische Umsetzung der kommunalen Beteiligung an Windenergieanlagen und analysieren die dabei entstehenden Rechtsprobleme. Dabei können sie auf die vielfältigen Erfahrungen bei der Entstehung des von der FA Wind entwickelten Mustervertrags zurückgreifen. Dieser außerordentlich fruchtbare Prozess ist in einen Vertrag gemündet, der zukünftig den Branchenstandard abbilden dürfte und damit für die notwendige Rechtssicherheit in diesem komplexen und mit Fallstricken versehenen Bereich sorgen soll.
Schließlich geht Sondershaus auf weitere wichtige Aspekte der praktischen Umsetzung der Kommunalbeteiligung bei Windenergieprojekten ein. Zum Einen verweist er nochmal allgemein auf die Bedeutung guter Kommunikation bei Windenergieprojekten vor Ort. Zum Anderen zeigt er auf, welche große Hebelwirkung die Erstreckung des Instruments der kommunalen Beteiligung auf Bestandsanlagen haben könnte.
Außerhalb des Themenschwerpunkts, aber passend auch im Themenspektrum der lokalen Akzeptanz steht der bemerkenswerte Aufsatz von Boos, der sich mit der mangelnden Umsetzung der Vorgaben aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie zu Energiegemeinschaften in das deutsche Recht auseinandersetzt. Hintergrund ist dabei u. a. die Verweigerung von verschiedenen Privilegien, die in Deutschland nur Eigenversorgern, nicht aber Erzeugungsprojekten zugutekommen, die von mehreren Personen gemeinschaftlich vor Ort betrieben werden. Die aufgezeigte Rechtswidrigkeit der fehlenden Umsetzung soll übrigens jetzt durch zahlreiche Verbände getragen in eine politische und rechtliche Auseinandersetzung münden, an deren Ende Deutschland möglicherweise doch noch die wichtige Rolle von Energiegemeinschaften auch rechtlich stärker verankern muss.
RA Dr. Wieland Lehnert, LL. M.