Im Blickpunkt
Das BAG entschied mit Urteil vom 19.5.2022 – 2 AZR 467/21 laut PM Nr. 18/22, dass das Fehlen der sog. Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit führt. Die Beklagte sah sich zu mehreren Kündigungen von Arbeitsverträgen veranlasst. Mit ihrer Klage hat die Klägerin u. a. geltend gemacht, dass die ihr zugegangene Kündigung nach § 134 BGB nichtig sei, weil die Beklagte nicht zuvor gegenüber der Agentur für Arbeit die Angaben gemäß § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG gemacht habe. Das LAG Hessen hatte mit Urteil vom 18.6.2021 – 14 Sa 1228/20 die Massenentlassungsanzeige der Beklagten für unwirksam gehalten und der Kündigungsschutzklage aus diesem Grund stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte vor dem Zweiten Senat des BAG zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LAG. Neben noch zu klärenden tatsächlichen Sachverhalten führte das BAG laut der PM aus, dass die streitbefangene Kündigung nicht nach § 134 BGB nichtig sei, weil die Beklagte nicht zuvor gegenüber der Agentur für Arbeit die Angaben gemäß § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG gemacht habe. Laut BAG führt ein Verstoß gegen letztere Vorschrift nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige. Über diese gesetzgeberische Entscheidung dürfen sich die nationalen Gerichte nicht im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung hinwegsetzen. Eine solche ist auch nicht geboten. Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei geklärt, dass die in § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG vorgesehenen Angaben nicht gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20.7.1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen, geändert durch die Richtlinie (EU) 2015/1794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.10.2015, in der Anzeige enthalten sein müssen.
Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht