R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
 
 
BB 2024, 2995
 

Im Blickpunkt

Abbildung 19

Eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, behandelt teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeit schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. Sie verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter (§ 4 Abs. 1 TzBfG), wenn die in ihr liegende Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Fehlen solche sachlichen Gründe, liegt regelmäßig zugleich eine gegen Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 7 Abs. 1 AGG) verstoßende mittelbare Benachteiligung wegen des (weiblichen) Geschlechts vor, wenn innerhalb der betroffenen Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind (BAG, Urteil vom 5.12.2024 – 8 AZR 370/20, PM Nr. 34/24 vom gleichen Tag). Die Klägerin ist bei dem Beklagten als Pflegekraft in Teilzeit tätig, wobei die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten ganz überwiegend Frauen umfasste. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di geschlossene Manteltarifvertrag (MTV) Anwendung, welcher auch für weitere in Teilzeit Beschäftigte in der Gruppe anzuwenden ist. Nach § 10 Ziff. 7 S. 2 MTV sind mit einem Zuschlag von 30 v. H. zuschlagspflichtig Überstunden, die über die monatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können. Alternativ zu einer Auszahlung des Zuschlags ist eine entsprechende Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto vorgesehen. Das Arbeitszeitkonto der Klägerin wies ein Arbeitszeitguthaben aus. Der Beklagte hat der Klägerin für diese Zeiten in Anwendung von § 10 Ziff. 7 S. 2 MTV weder Überstundenzuschläge gezahlt, noch im Arbeitszeitkonto eine Zeitgutschrift vorgenommen. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin, ihrem Arbeitszeitkonto als Überstundenzuschläge weitere Zeiten gutzuschreiben und die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des BAG teilweise Erfolg. Dieser hat der Klägerin die verlangte Zeitgutschrift zugesprochen und eine Entschädigung i. H. v. 250 Euro zuerkannt. Auf Grundlage der Vorgaben des EuGH ging der Senat davon aus, dass § 10 Ziff. 7 S. 2 MTV insoweit wegen Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten unwirksam ist, als er bei Teilzeitbeschäftigung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlags vorsieht.

Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht

 
stats