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BB 2021, 2867
 

Im Blickpunkt

Abbildung 21

Nach der Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union Nr. 202/2021 vom 11.11.2021 zu den Schlussanträgen des Generalanwalts Ramos in der Rechtssache C-485/20 (HR Rail) vertritt dieser die Auffassung, dass ein Arbeitgeber im Rahmen “angemessener Vorkehrungen” verpflichtet ist, einen Arbeitnehmer, der die Eignung verloren hat, seinen Arbeitsplatz einzunehmen, an einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Kompetenz, Fähigkeit und Verfügbarkeit besitzt und diese Maßnahme keine unverhältnismäßige Belastung für den Arbeitgeber darstellt. Diese Regelung stellt eine vorbeugende Maßnahme dar, um die Beschäftigung – dies ist wesentlich – von Menschen mit Behinderung aufrechtzuerhalten, gerade auch wenn der Arbeitnehmer eine Probezeit absolviert. Ein Arbeitgeber sei im Rahmen der im Unionsrecht vorgesehenen “angemessenen Vorkehrungen” verpflichtet, einen Arbeitnehmer – auch einen Probezeitbeschäftigten –, der wegen des Eintritts einer Behinderung endgültig nicht geeignet ist, den bisherigen Arbeitsplatz im Unternehmen einzunehmen, an einem anderen Arbeitsplatz einzusetzen. Dies ist sicherlich ein mehr als nachvollziehbares Ansinnen. Man könnte sich aber die Frage stellen, ob sich über den vorliegenden Sachverhalt hinaus weitergehende Anforderungen für Tatbestände ergeben könnten, bei welchen ein Arbeitnehmer aufgrund einer personenbedingten Einschränkung – nicht notwendig einer Behinderung – seine Eignung verloren hat, seinen Arbeitsplatz einzunehmen. Wie stellen sich im Einzelfall insbesondere “angemessene Vorkehrungen” dar, dies unter Berücksichtigung einer arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht i. S. d. § 618 Abs. 1 BGB i.V. m. der Ultima Ratio einer Beendigungskündigung und der vom Generalanwalt angeführten Kriterien, vor allem eines finanziellen und sonstigen Aufwands, finanzieller Ressourcen, Gesamtumsatz des Unternehmens sowie Verfügbarkeit von öffentlichen Mitteln oder anderen Unterstützungsmöglichkeiten?

Prof. Dr. Christian Pelke, Redakteur Arbeitsrecht

 
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