R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
 
 
BB 2025, I
Müller 

RegE eines Gesetzes zur Modernisierung des Berufsrechts der Wirtschaftsprüfer: mehr Freiheit und mehr Kontrolle für die Wirtschaftsprüfung

Abbildung 1

Der Gesetzgeber beabsichtigt mit der Novellierung der WPO eine Modernisierung des Berufsrechts sowie eine Stärkung der Berufsaufsicht und der Qualitätskontrolle.

Als einem der ersten Gesetzgebungsverfahren der neuen Legislaturperiode hat sich der Bundestag mit dem wiedereingebrachten Gesetz zur Modernisierung des Berufsrechts der Wirtschaftsprüfer (BT-Drs. 21/16) zu befassen. Der Bundesrat hat bereits seine Nichtzustimmungsbedürftigkeit in der Sitzung vom 14.2.2025 bestätigt (BR-Plenarprotokoll 1051, S. 16, TOP 35). Die konkreten Ziele sind etwas heterogen. Einerseits geht es um die Fortentwicklung des Berufsrechts der Wirtschaftsprüfer, andererseits kommt es aber auch zu Verschärfungen durch höhere Sanktionen, Eingriffsrechte der Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) und Anforderungen der Qualitätskontrolle. Anders als bei vielen anderen Gesetzgebungsverfahren ist Anstoß nicht eine umzusetzende europäische Regulierung, sondern der Berufsstand selbst bzw. die diesen vertretende Kammer (WPK) sowie die APAS haben der Politik grundsätzlich sinnvolle Verbesserungsvorschläge unterbreitet, die nun zusammengefasst umgesetzt werden sollen.

Zentral bei den Berufsrechtsänderungen ist die vorgesehene Einführung eines Syndikus-Wirtschaftsprüfers und eines Syndikus-vereidigten-Buchprüfers. Damit wird das Berufsrecht nach jahrelangem Bitten mit den Berufsrechten der Rechtsanwälte und der Steuerberater harmonisiert. Die Tätigkeit als “Professional Accountant in Business” ist international weit verbreitet und wird auch unter Einhaltung bestimmter Vorgaben etwa zur Unabhängigkeit in dem von dem International Ethics Standards Board for Accountants herausgegebenen Code of Ethics grundsätzlich als zulässig angesehen. Bislang musste sich ein Wirtschaftsprüfer nach § 46 Wirtschaftsprüferordnung (WPO) beurlauben lassen, um etwa die Position eines Chief Financial Officer anzutreten. Als Bedingung für den Syndikus-Wirtschaftsprüfer wird in § 44c WPO-E konkretisiert, dass nicht mehr als 5 % der Anteile an dem Arbeitgeberunternehmen oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen vom Syndikus-Wirtschaftsprüfer gehalten werden dürfen. Zudem dürfen keine Abschlussprüfungen nach § 316 HGB durchgeführt werden. Im Gesetzesvorschlag findet sich auch bereits das Verbot an der Teilnahme an Prüfungen des Nachhaltigkeitsberichts nach § 324b HGB-E, obwohl das Umsetzungsgesetz zur Corporate Sustainanbility Reporting Directive (CSRD) noch nicht wieder in den neuen Bundestag eingebracht wurde. Bleibt zu hoffen, dass dies ein Zeichen dafür ist, dass mit einer zügigen Aufnahme eines Gesetzgebungsverfahrens auch zur Umsetzung der (abgeänderten) CSRD gerechnet werden darf.

Während mit diesem Vorhaben dem ohnehin mit Nachwuchsproblemen kämpfenden Berufsstand weiteres Potential an die Wirtschaft abhanden zu kommen droht, stärkt der Gesetzentwurf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, indem es ihnen ermöglicht werden soll, ihre angestellten Mitarbeiter (gedacht ist z. B. an IT-Experten, Fraud-Spezialisten, Nachhaltigkeitsexperten, aber auch Bilanzbuchhalter und Controller wären mögliche sinnvolle Kandidaten) an der Gesellschaft zu beteiligen und diese so stärker an sie zu binden. Zudem soll der Betrieb von Zweigstellen einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht mehr zwangsläufig von einem Wirtschaftsprüfer geleitet werden, sodass auch hier andere Personen außerhalb des Berufsstands tätig werden und sich die Wirtschaftsprüfer auf ihre Kerngeschäfte konzentrieren können. Für angrenzende Berufsgruppen, wie etwa selbstständige Bilanzbuchhalter, könnte dies eine Chance sein, sich im Rahmen klar definierter Zuständigkeiten künftig stärker in prüfungsnahe Prozesse einzubringen.

Angesichts der wachsenden Komplexität von Prüfungen der Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung, die einen Wirtschaftsprüfer als verantwortlichen Prüfer benötigen, der aber seine Expertise im Team mit anderen Experten auf die aktuellen Herausforderungen hin zielgerichtet erweitern muss, sind die Vorschläge sehr zu begrüßen.

Differenzierter sind die auf Erkenntnissen aus den von der APAS und der WPK durchgeführten berufsaufsichtlichen Verfahren beruhenden Änderungen in Ermittlungsverfahren zu sehen, um diese noch effektiver und transparenter zu gestalten. Aus den Erfahrungen der bei der WPK angesiedelten Kommission für Qualitätskontrolle mit den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ergeben sich Änderungen zur weiteren Verbesserung der Effektivität und Qualität der Qualitätskontrolle.

Die Transparenz über die Ergebnisse einer von der APAS bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die die Jahresabschlüsse von Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen, durchgeführten Inspektion soll durch die Einführung einer Informationsmöglichkeit der APAS an Unternehmen von öffentlichem Interesse in Bezug auf die Inspektionsergebnisse gesteigert werden. Ein Mehr an Transparenz und Kontrolle wirkt aber nicht immer positiv und kann auch unerwünschte Gegenreaktionen auslösen.

Die vorgeschlagenen Änderungen zeugen von einer wohlabgestimmten Mischung aus der Umsetzung von Wünschen des Berufsstands nach mehr Freiheiten einerseits und der Einarbeitung von Erfahrungen aus Aufsichts- und Qualitätskontrollverfahren andererseits – so kann Lobbytätigkeit sinnvoll für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft wirken. Bleibt zu hoffen, dass dies im weiteren Gesetzgebungsverfahren erhalten bleibt und dabei auch angrenzende Berufsbilder, wie z. B. Aktuare, Bilanzbuchhalter, Controller, Forensiker, IT-Fachleute oder Nachhaltigkeitsexperten, mitgedacht werden, deren Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität nicht weniger wertvoll ist.

Prof. Dr. Stefan Müller ist Inhaber der Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfungswesen, der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg und bestellter Prüfer im Wirtschaftsprüfungsexamen.

 
stats