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CB 2021, 453
Hastenrath 

Der Kurs der Sterne ist bestimmbar ...

„Verhalten, Einstellungen und Überzeugungen von Menschen sind für die Compliance ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt.“

... aber nicht das menschliche Verhalten. Dies stellte bereits 1721 Isaac Newton fest, nachdem er ein kleines Vermögen in der „Southsea-Bubble“ verlor. Was hat dies mit der Compliance 2021 zu tun? Als langjähriger Compliance-Experte fragt man sich manchmal nach Sinn und Unsinn der Compliance-Bestrebungen. Nach wie vor finden Regelverstöße statt, die auch eine Compliance-Abteilung nicht verhindern kann. Woran könnte dies liegen? Und, viel interessanter, gibt es hierfür eine Lösung? Und hier schließt sich der Kreis zu dem eingängigen Zitat. Es geht um das Verhalten von Menschen, konkret, um das der Mitarbeiter. Und diese sind als Teilmenge der Menschen eben nicht berechenbar oder jedenfalls nur bedingt berechenbar.

Ein Beispiel: Die Compliance-Richtlinie im Unternehmen A zum Umgang mit Geschäftspartnern war etabliert. Dann kam die Corona-Pandemie. Unternehmen A kämpft. Die Rohstoffe zur Produktion sind stark verteuert und knapp. Bei der nächsten Anfrage eines Einkaufsmitarbeiters von A lässt der Lieferant durchblicken, dass der bei A dringend benötigte Rohstoff nur dann geliefert werden kann, wenn er einen kleinen Corona-Zuschlag von 1.500 USD erhält. Der Mitarbeiter von A, wissend, dass sein Unternehmen mit dem Rücken zur Wand steht, zahlt den Betrag über einen Berater in Form einer Scheinrechnung.

Wäre dieses Verhalten im Dezember 2019 wahrscheinlich gewesen? Nein. Im Jahr 2021? Ja. Hat dies etwas mit dem Training des CCOs zu tun? Nein. Diese Veränderung im Verhalten des Mitarbeiters ist nur auf die Veränderung der Rahmenbedingungen, hier Corona, zurückzuführen. Damit sind wir wieder beim Eingangszitat. Und es zeigt sich auch 300 Jahre später eins: Es geht um das Verhalten, die Einstellungen und Überzeugungen von Menschen (Behavioral Sciences). Dies ist für die Compliance ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Wird diese Grundlage nicht beachtet, dann wird es auch in Zukunft noch Compliance-Verstöße geben.

Was könnten also drei hilfreiche Erkenntnisse für die Compliance-Arbeit sein, um diesem Fakt Rechnung zu tragen?

1. „Tell me why“ oder Regeln sind Regeln, aber noch lange nicht alles

Einer der ersten Bausteine nach der Risikoanalyse sind Compliance-Richtlinien zu den Hauptrisiken. Diese haben heute fast alle Unternehmen, was ein großer Fortschrift gegenüber vor zehn Jahren ist. Damit diese Regeln auch befolgt werden, empfiehlt sich zusätzlich immer noch die Erklärung, warum etwas getan wird, das „Why“. Menschen ändern ihr Verhalten eher, wenn ihnen die Hintergründe klar sind.

Ein Beispiel aus einem Code of Conduct:

Der Absatz befasst sich mit der Produktsicherheit. Inhaltlich folgt der Überschrift folgende Erläuterung: „Unser Unternehmen bietet sichere und qualitative Produkte an, bei denen die Effektivität, die Effizienz und die Hygiene im Mittelpunkt stehen.“

Die Regel oder Vorgabe ist damit formuliert. Es fehlt jedoch die Erklärung, das „Why“, warum diese Regelung so wichtig ist. Das „Why“ könnte wie folgt ergänzt werden:

„Unser Unternehmen ist einer der weltweit führenden Hersteller von umweltfreundlichen Verpackungs-Lösungen. Diese hart erarbeitete Stellung können wir nur halten, wenn unsere Produkte sicher sind und höchsten Qualitätsansprüchen genügen.“

2. Juristen und Kommunikation

Nach wie vor dominieren Juristen die Funktion des (Chief) Compliance Officers. Juristen können vieles. Adressatengerechte Kommunikation gehört nicht unbedingt dazu. Daher kann die kritische Auseinandersetzung mit der Art und Weise der Darbietung von Richtlinien und Schulungen durchaus gewinnbringend sein. Spreche ich die Sprache des Businesses? Die Sprache des Businesses besteht nicht aus Artikeln, Paragraphen, Fußnoten und kleingedruckten Flussdiagrammen sondern kurzen, prägnanten Darstellungen, die bestenfalls verknüpft sind mit unternehmenseigenen Szenarien und Beispielen.

3. Compliance, Geschäftsleitung und ROI

Compliance kostet Geld. Es ist keine Selbstverständlichkeit für eine Supportfunktion wie Compliance zusätzliche Stellen zu genehmigen. Viele Abteilungen treten an die Geschäftsleitung mit vergleichbaren Bitten heran. Daher kann es sich empfehlen, der Geschäftsleitung den Nutzen von Compliance, den ROI, näherzubringen.1

Abbildung 1

Dr. Katharina Hastenrath ist Dozentin für Compliance an der ZHAW und der BECK AKADMIE; zuvor war sie (C)CO bei mehreren, internationalen Unternehmen. Sie berät zudem zu (strategischen) Compliance-Fragen.

1

Vgl. dazu die in CB 2020, 314 beschriebene Studie der ZHAW unter https://www.zhaw.ch/storage/sml/institute-zentren/zwc/upload/kpi-roi-rendite_von_compliance.pdf.

 
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