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CNL 2023, 4
Neumann/Zawilla 

Anreizsysteme und Compliance – von der Finanz-Compliance lernen

In den vergangenen Jahren gab es im Zusammenhang mit Bonuszahlungen, Prämien und sonstigen Anreizen immer wieder Negativschlagzeilen.

Falsch gesetzte oder schlecht durchdachte Anreize sind bestenfalls nur unwirksam, bergen jedoch zusätzlich die Gefahr, dass sich diese kontraproduktiv oder dysfunktional auswirken. Risiken für Fehlverhalten lassen sich jedoch minimieren. Ein Beispiel liefert die „Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssystemen von Instituten (Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV))“.

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Anreizsysteme: Für einen Bonus streckt sich mancher gern zur Decke.

Betriebliche Anreizsysteme können Unternehmen dabei unterstützen, Unternehmensmitglieder zu motivieren und auf die Unternehmensziele auszurichten. Sie bergen jedoch auch mehrere Risiken, die zu unerwünschten Effekten führen können:

Je nach Ausgestaltung können Anreize zu Konkurrenzverhalten unter Kollegen führen und unkollegiales Verhalten fördern. Die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf das Betriebsklima, den Wissensaustausch, die Informationsweitergabe und die Gesamt-Teamperformance werden im Zeitverlauf negative Auswirkungen auf weitere Unternehmenskennzahlen haben.

Richten sich die Anreize ausschließlich auf wirtschaftliche Unternehmenskennzahlen, kann dies dazu führen, dass Mitarbeitende zur Erreichung der Ziele unternehmensschädigende Risiken eingehen. Ein Beispiel aus der Praxis liefert hier eine Airline, die ihre Piloten dazu aufgefordert hat, möglichst wenig Kerosin zu tanken.

Wird ein Ziel im Unternehmen stark priorisiert und incentiviert, kann es zu einer starken Fokussierung auf das priorisierte Ziel und gleichzeitig zur Vernachlässigung anderer wichtiger Ziele und Aufgaben führen. Obendrein kann eine Überfokussierung auf ein einzelnes Ziel zu einer fehlenden Berücksichtigung von externen Faktoren, wie beispielsweise regulatorischen Änderungen, Marktentwicklungen und Innovationen führen und unternehmerische Einbußen zur Folge haben.

Interessenkonflikte entstehen dort, wo unternehmerische Interessen den persönlichen entgegenstehen. Hier entsteht das Risiko, dass professionelles Urteilsvermögen oder Handeln, das sich auf ein primäres Interesse der Institution bezieht, durch ein sekundäres Interesse unangemessen beeinflusst wird. Beispielsweise werden unternehmerisch notwendige, sinnvolle oder richtige Entscheidungen nicht im Sinne des Unternehmens getroffen, da sonst der eigene Bonus gefährdet wäre.

Bei jedem Anreiz besteht schließlich die Gefahr, dass Beschäftigte zur Zielerreichung die Grenzen des Erlaubten oder ethisch Vertretbaren überschreiten könnten. Dies kann in Form von Manipulationen von Zahlen, Fehlberatungen von Kunden, Verschleierung von Risken etc. sein.

Einer zu starken einseitigen Fokussierung kann durch eine Kombination von finanziellen und nicht-finanziellen Anreizen, die sowohl wirtschaftliche als auch kulturelle Ziele berücksichtigen, entgegengewirkt werden. Die abteilungs- und funktionsspezifischen Ziele sollten dabei immer auf die Gesamtstrategie des Unternehmens einzahlen und Risiken für Fehlverhalten minimieren. Ein Beispiel, wie dies gelingen kann, liefert die „Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV))“. Diese regelt die Vergütung in Finanzinstituten, um eine langfristig stabile und nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. Hiermit einhergehend besteht die Pflicht, dass die Kontrolleinheiten eines Kreditinstitutes (hierzu gehören der Compliance-Bereich und die Interne Revision) bei der Ausgestaltung dieser Vergütungssysteme, insbesondere für das kundenbezogene Wertpapier- und Anlagegeschäft, institutionalisiert mit einzubinden bzw. zu beteiligen sind und diese auch regelmäßig zu überprüfen haben.

Dies lässt sich auf die Erarbeitung betrieblicher Anreizsysteme übertragen: Es empfiehlt sich auch hier, frühzeitig unterschiedliche Querschnittsfunktionen im Unternehmen – wie beispielsweise den Compliance-Beauftragten – mit einzubeziehen, um mögliche Risiken vor der Implementierung zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zum Risikomanagement integrieren zu können.

Alwina Neumann und Peter Zawilla

Einen ausführlichen Beitrag von Alwina Neumann und Peter Zawilla zum richtigen Umgang mit Anreizsystemen lesen Sie in Ausgabe 7 des Compliance-Beraters, der am 29. Juni 2023 erscheint.

Abbildung 5

Alwina Neumann ist Geschäftsführerin der CORE Developing Culture GmbH. Als Wirtschaftspsychologin (M.Sc., Masterthesis: Ethische Führung und Integrität des Mitarbeiters) und systemischer Coach (DGfC) legt sie den Fokus auf eine werteorientierte Unternehmenskultur.

Abbildung 6

Peter Zawilla ist geschäftsführender Gesellschafter der CORE Developing Culture GmbH sowie der FMS Fraud & Compliance Management Services GmbH. Er ist Experte für die Implementierung von Compliance und Fraud Management Systemen.

 
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