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CNL 2020, 2
Kuthe/Dresler-Lenz 

Compliance bei der Emission von Green Bonds

Ein neuer Typ von Öko-Aktivisten trägt Nadelstreifen: 16 deutsche Finanzmarktakteure haben sich im Juni verpflichtet, Kredite und Investments nach Klimaschutzzielen auszurichten. Umweltfreundliche, soziale und nachhaltige Investitionen liegen im Trend. Entsprechend zweckgebundene Anleihen („Green Bonds“) sind oft weit überzeichnet. Wie ein Green Bond gestaltet, verwaltet und verwendet werden muss, beschreiben Dr. Thorsten Kuthe und Meike Dresler-Lenz ausführlich in Ausgabe 10/2020 des Compliance-Beraters. Lesen Sie hier eine erste Bestandsaufnahme zum Thema.

Abbildung 1

Ernten, was man sät: Umweltschutz spielt für Finanzmarktakteure eine immer größere Rolle.

Alle Akteure der „schönen grünen Finanzwelt“ fürchten den Imageschaden, den es bedeuten würde, wenn sich herausstellen sollte, dass ihr Green Bond nicht wirklich der Umwelt hilft, sondern nur „grün gewaschen“ wurde. Nur, wie lässt sich das vermeiden?

Für Emittenten besteht die Möglichkeit, mit ihrem Green Bond einen oder mehrere grüne Standards einzuhalten, die Investoren das Erkennen und Vergleichen nachhaltiger Investitionen erleichtern sollen. Einen einzigen, verbindlichen Standard gibt es bisher nicht – schon gar nicht weltweit. In Europa sind vor allem die Green Bond Principles (GBP), der Climate Bonds Standard (CBS) (CBS) und der geplante EU Green Bond Standard (GBS) relevant.

Alle drei genannten Standards sind freiwillige Leitlinien und haben vier Kernkomponenten: (1) Sie definieren ihren jeweiligen Begriff des „Green Bond“ durch eine Beschreibung der „grünen“ Zwecke, zu denen der Emissionserlös verwendet werden darf. Und sie machen Vorgaben (2) für den Prozess der Bewertung und Auswahl der Vorhaben, die im Rahmen dieser Zwecke finanziert werden, (3) für die Verwaltung des Emissionserlöses sowie (4) für die Berichterstattungspflichten des Emittenten.

Die GBP wurden von einer Gruppe großer Investmentbanken initiiert und werden von der International Capital Market Association („ICMA“) laufend weiterentwickelt. Es ist üblich, die Ausrichtung eines Green Bond nach den Leitlinien der GBP durch einen unabhängigen externen Prüfer bestätigen zu lassen („Second Party Opinion“). Die dazu durchgeführte Prüfung und die Aussage der Opinion kann in ihrem Umfang variieren und muss sich nicht zwingend auf die vollständige Übereinstimmung mit den GBP erstrecken. Zusätzlich empfehlen die GBP die externe Prüfung der zweckentsprechenden Verwendung der Mittel aus dem Green Bond, z.B. durch einen Wirtschaftsprüfer.

Der CBS ist das Werk der ebenfalls aus der Finanzindustrie geborenen „Climate Bonds Initiative“ und kann nur für Green Bonds genutzt werden, die Klimaschutzprojekte finanzieren. Anders als für die GBP gibt es für den CBS ein eigenes Gremium („Climate Bonds Standard Board“) aus unabhängigen Mitgliedern, das nicht nur den Standard verabschiedet, sondern auch zur Bestätigung der CBS-Konformität zugelassene Prüfer („Verifier“) akkreditiert und Anträge auf Zertifizierung nach dem Climate Bonds Standard selbst prüft.

Die Bestätigung der Einhaltung des CBS durch einen zugelassenen unabhängigen Verifier ist im CBS-Zertifizierungsprozess („Pre-Issuance Certification“) obligatorisch. Und im Rahmen einer „Post-Issuance Certification“ ist 24 Monate nach Begebung des Bonds nochmals eine Prüfung durch einen Verifier vorzunehmen.

Auch die EU-Kommission arbeitet – unterstützt durch einen Expertenausschuss – an einem Green Bond-Standard. Der aktuelle Entwurf dafür sieht eine obligatorische Überprüfung der Inhalte des bei der Emission zu veröffentlichenden Rahmendokuments und des endgültigen Berichts über die Verwendung der Emissionserlöse durch einen externen Gutachter vor.

Erst nach einer Konsultationsphase, die noch bis zum 2. Oktober 2020 läuft, will die EU-Kommission im vierten Quartal 2020 darüber entscheiden, wie der Green Bond Standard weiter vorangebracht wird. Trotzdem beeinflusst er bereits jetzt als Orientierungshilfe die Marktpraxis – zumal seine Definition der „grünen“ Zwecke, die EU Taxonomie Verordnung, bereits am 22. Juli 2020 in Kraft getreten ist.

Die EU-Taxonomie und der EU Green Bond Standard haben das Potenzial, die Entwicklung und die Globalisierung des Marktes für grüne Anleihen ein gutes Stück voran zu bringen. Viele kleine und mittlere Unternehmen („KMUs“) fürchten aber anscheinend nach wie vor den mit einem Green Bond verbundenen internen Compliance-Aufwand. Offensichtlich genügte die Hoffnung auf geringere Finanzierungskosten dadurch, dass Anleger für das gute Gewissen auf etwas Rendite verzichten („Greenium“) bisher nicht, um diese diffuse Sorge aufzuwiegen. Mit den klaren Regeln des EU Green Bond Standard wird nun deutlicher und auch für kleine Emittenten kalkulierbar, welcher Aufwand mit einem Green Bond verbunden ist und welcher nicht. Berichterstattung und Prüfung werden auf das Wesentliche beschränkt und rationalisiert. Vielleicht wagen sich jetzt ja auch KMUs in grüne Wasser und bereichern den Green Bond-Markt mit ihrer besonderen Innovationskraft. Wünschenswert wäre es, wenn ihnen dieser Schritt zusätzlich mit Fördergeldern oder Steuervorteilen erleichtert würde. Mit EU Taxonomie und Green Bond Standard gibt es jetzt ja klare Prüfungskriterien für eine Förderungswürdigkeit.

Dr. Thorsten Kuthe, RA, und Meike Dresler-Lenz, RAin

Abbildung 2

Dr. Thorsten Kuthe ist Rechtsanwalt und Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Köln. Seine Kernkompetenzen liegen im Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht/Public M&A. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist dabei die Begleitung von Anleiheemissionen sowie die kapitalmarktbezogene Compliance-Beratung von Unternehmen.

Abbildung 3

Meike Dresler-Lenz ist Rechtsanwältin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Köln. Ihre Kernkompetenzen liegen im Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht/Public M&A. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist dabei die Begleitung von Anleiheemissionen sowie die kapitalmarktbezogene Compliance-Beratung von Unternehmen.

 
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