Die Bedeutung von Kultur für Banken-Compliance
Unter dem Titel „Banking im Wandel: Struktur oder Kultur? – eine europäische Perspektive“ diskutierten Experten am 19. November 2020 anlässlich der 22. Euro Finance Week in Frankfurt am Main. Auf dem Podium waren sich die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Auslandsbanken, Silvia Schmitten-Walgenbach, Prof. Dr. Christian Strenger, Mitglied des Aufsichtsrates DWS Investments, und Dr. Andreas Burger, Partner | Financial Advisory bei Deloitte weitgehend einig, dass die Kultur eine starke Rolle spielt bei der Verwicklung in Compliance-Fälle.
Die 22. Euro Finance Week in Frankfurt bot Ende 2019 wieder an fünf Konferenztagen ein breites Angebot an Vorträgen, Diskussionen und Begegnungen für die Finanzbranche.
Schon vor der Finanzkrise habe es Strukturen gegeben. Doch an die hätten sich einfach viele nicht gehalten. Darum sei es eine Frage des Verhaltens, warum die Banken Vertrauen verloren haben. Unbestritten habe es auch falsche Strukturen gegeben, aber vor allem waren es die falschen Personen, gewichtige Persönlichkeiten, die aber nicht viel Verständnis dafür hatten, wie Kultur in die Ebenen gebracht werden kann. Die Investmentbanking-Spirale habe dann gezeigt, dass Menschen einfach nicht mehr beachtet haben, was ein „ehrbarer Kaufmann“ darf.
Die Reaktion auf die Finanzkrise war Regulierung. Davon sei inzwischen genügend vorhanden. Denn die Wertekultur sei wichtiger als zu viele Vorschriften, die Geschäft verhindern. Die entscheidende Frage sei nun: Wie übertragen wir die Struktur in Kultur?
Die Antwort auf die Frage, was Compliance-Kultur denn überhaupt sei, fiel den Diskussionsteilnehmern nicht leicht. Kultur bestimme sich unter anderem durch die Offenheit des Umgangs zwischen den Hierarchien und auch mit Fehlern. Essenziell sei Respekt vor dem anderen, vernünftiger Umgang mit Kritik und aus Fehlern zu lernen.
Im internationalen Vergleich sei man bei der Messung von Kultur in Unternehmen außerdem schon weiter als in Deutschland. Die erfolge zum Beispiel über Mitarbeiterbefragungen, die Auswertung von sozialen Medien oder Exit-Interviews mit aussteigenden Senior Managern. Damit lasse sich zwar kriminelles Verhalten nicht verhindern, aber Kulturinformationen könnten so systematischer ausgewertet und damit richtiges Verhalten gefördert werden.
Problematisch sei, dass gerade die Deutschen immer genaue Vorschriften haben wollten. Das führe aber dazu, dass viel Energie darauf verwendet werde, Lücken im System zu finden. Die Cum-ex-Fälle seien ein Beispiel für legales aber nicht legitimes Verhalten. Heutzutage müsse die Legitimität aber einer öffentlichen Diskussion standhalten, der Verweis auf die Legalität reiche nicht mehr.
chk
Die 23. Euro Finance Week findet statt vom 16. – 20. November 2020 in Frankfurt am Main.