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CNL 2024, 4
Willms/Plath 

DoJ veröffentlicht Pilotprogramm zur Hinweisgeber-Incentivierung

Das US-Justizministerium (DoJ) hat am 1. August 2024 sein Corporate Whistleblower Awards Pilot Program (Pilotprogramm) zur monetären Belohnung von Hinweisgebern bekannt gegeben. Damit schließt sich das DoJ anderen US-Behörden an und stellt Hinweisgebern beträchtliche finanzielle Anreize für Meldungen, die zur erfolgreichen Verfolgung von Unternehmensstraftaten führen, in Aussicht. Wäre das auch ein Modell für Deutschland?

Abbildung 4

Wenn Geld Türen öffnet. Zum Beispiel zu Informationen von Hinweisgebern.

Das Pilotprogramm wurde erstmals von der Deputy General Attorney Lisa Monaco in ihrer Rede beim Annual White Collar Institute der American Bar Association am 7. März 2024 angekündigt. Es ziele darauf ab, Lücken in den bestehenden monetär belohnenden Hinweisgeberprogrammen anderer US-Behörden, namentlich der Security and Exchange Commission (SEC), der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) sowie des Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN), zu schließen. Deren Programme hätten sich zwar alle als wertvoll erwiesen, deckten aber nicht alle Formen von unternehmerischem Fehlverhalten ab, die das DoJ verfolgt.

Nach einer 90-tägigen Konsultation sämtlicher Interessengruppen („Policy Sprint“) wurde das Pilotprogramm Anfang August 2024 veröffentlicht; am 1. August 2024 trat es für die Dauer von drei Jahren in Kraft. Nach Ablauf dieses Zeitraums wird es einer erneuten Evaluierung unterzogen und geprüft, ob es verlängert oder angepasst werden soll. Das Ziel des Pilotprogramms ist einfach erklärt: Wer dem DOJ als Hinweisgeber hilft, erhebliches unternehmerisches Fehlverhalten aufzudecken, das der Behörde andernfalls verborgen geblieben wäre, kann Anspruch auf einen Teil der im Rahmen der Strafverfolgung eingezogenen Vermögenswerte (forfeiture) haben. Herzstück des Pilotprogramms ist es, Hinweisgeber durch monetäre Anreize zu motivieren, dem DOJ hilfreiche Informationen über relevantes unternehmerisches Fehlverhalten zukommen zu lassen.

Die Anwendbarkeit des Pilotprogramms ist an bestimmte Voraussetzungen genknüpft, die es zu berücksichtigen gilt. So hat es sich bei der offenzulegenden Information im Wesentlichen um „original information“ zu handeln, die Offenlegung hat freiwillig zu erfolgen, der Wahrheit zu entsprechen und es muss eine vollumfängliche Kooperation mit dem DOJ stattfinden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kommt eine monetäre Belohnung des Hinweisgebers überdies nur dann in Betracht, wenn die Informationen letztlich zu einer zivil- oder strafrechtlichen Einziehung von Vermögenswerten führt und sämtliche Geschädigten (zuvor) angemessen entschädigt worden sind.

Wenn es um finanzielle Anreize für Hinweisgeber in den USA geht, führt kaum ein Weg vorbei an der höchsten jemals gezahlten Belohnung: 2023 zahlte die SEC in einem nicht näher erläuterten Verfahren an einen Hinweisgeber 279 Mio. USD. Mit einer Belohnungshöchstgrenze von 50 Mio. USD ist das Pilotprogramm des DOJ hier sehr viel restriktiver aufgesetzt. Danach können Personen, die Informationen melden, die zu einer Vermögensabschöpfung von 1 bis 100 Mio. USD führen, bis zu 30 % dieses Abschöpfungsbetrags erhalten; bei Abschöpfungen zwischen 100 und 500 Mio. USD sind es bis zu 5 %. Abschöpfungsbeträge über 500 Mio. USD sind nach dem DoJ-Pilotprogramm nicht mehr Gegenstand einer weitergehenden Belohnung, so dass maximal 50 Mio. USD an einen Hinweisgeber ausgeschüttet werden können. Zudem wird das DOJ erst dann die Belohnung an einen Hinweisgeber auszahlen, wenn potenziell Geschädigte des Fehlverhaltens „so weit wie möglich“ entschädigt wurden.

Fehlen solche monetären Belohnungen und Abschöpfungsbeteiligungen von Hinweisgebern zur Incentivierung in Deutschland? Bedarf es also auch hierzulande einer Implementierung? Das ist nicht gesagt. Auf den ersten Blick scheint eine Einführung von Hinweisgeber-Incentivierungen, insbesondere im Sinne monetärer Belohnungen, vollkommen „systemfremd“, stellen die bisherigen deutschen Regulierungen doch lediglich auf den Schutz von Hinweisgebern vor Repressalien ab.

Die neuen Anreizmaßnahmen des DoJ sollten Unternehmen dennoch weltweit dazu bewegen, ihre Hinweisgebersysteme und internen Untersuchungsprozesse nicht nur minimal gesetzeskonform, sondern maximal effektiv auszugestalten und zwar auch mit Blick auf etwaige anonyme Meldungen. Denn so viel steht fest: Das DoJ wird intern verschmähte, übersehene oder vernachlässigte Meldungen mit Kusshand entgegennehmen.

Nicole Willms und Dr. Isabelle Plath

Der hier in Auszügen wiedergegebene Beitrag der Autorinnen, in dem sie den US-amerikanischen Hinweisgeber-Ansatz mit den in Deutschland vielerorts noch in der Umsetzung befindlichen Hinweisgeberschutzregularien vergleichen sowie praktische Überlegungen und Fragestellungen für die Gestaltung internationaler Compliance-Management-Systeme ableiten, erscheint in ausführlicher Fassung am 24. Oktober 2024 in der November-Ausgabe des Compliance-Beraters.

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Nicole Willms ist seit 2014 Partnerin bei Pohlmann & Company. Sie berät nationale und internationale Mandanten in den Bereichen Compliance und Corporate Governance.

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Dr. Isabelle Plath ist seit 2019 als Counsel bei Pohlmann & Company tätig. Ihr fachlicher Schwerpunkt liegt auf der Beratung von nationalen und internationalen Mandanten in den Bereichen der Präventiven Compliance, insbesondere zu Themen der Korruptions- und Geldwäscheprävention sowie internen Untersuchungen.

 
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