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CNL 2025, 4
Schulz 

Effektive Compliance-Schulungen – Strategische Aspekte

Effektives Compliance-Management hat sich zu einer zentralen Grundlage regelkonformer und verantwortungsvoller Unternehmensführung entwickelt. Für die langfristig erfolgreiche Etablierung der notwendigen Strukturen und Maßnahmen spielen Compliance-Schulungen eine Schlüsselrolle. Das gilt vor allem in Zeiten der Transformation, in denen sich Unternehmen und ihre Leitungsorgane mit vielen neuen rechtlichen Anforderungen konfrontiert sehen. Prof. Dr. Martin R. Schulz gibt hier einen Überblick zur Funktion von Schulungen als Element eines effektiven Compliance-Managements. Sein ausführlicher Beitrag mit weiteren Aspekten zum Thema erscheint in CB 9/2025.

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Compliance-Schulungen: Sie zählen zu den Grundanforderungen an wirksame Compliance-Management-Systeme.

Unternehmen und ihre Stakeholder sind mit einer Vielzahl komplexer Regelungen konfrontiert. Informationsdefizite und Verständnislücken sind dabei oft kaum zu vermeiden. Denn die Normenflut und die damit verbundenen Rechtspflichten schwellen weiter an – trotz anhaltender Forderungen nach Deregulierung. Lücken, Unklarheiten und Interpretationsspielräume sorgen bei vielen Normen für Zweifelsfragen und „Graubereiche“ – fahrlässige Regelverletzungen der Normadressaten sind nicht selten die Folge. Dieses Problem lässt sich mit Compliance-Schulungen adressieren. Sie bieten eine große Chance, Informationsdefizite zu beseitigen, den Anwendungsbezug der Regelungen im Unternehmenskontext zu vermitteln und gleichzeitig ein Verständnis für Sinn und Zweck von Compliance-Maßnahmen zu fördern. Compliance-Schulungen zählen daher zu den wichtigsten Maßnahmen, welche die Leitungsorgane in Erfüllung ihrer Compliance-Pflicht organisieren und kontrollieren müssen.

Die Compliance-Pflicht stellt eine rechtsformunabhängige Pflichtaufgabe eines jeden Geschäftsleiters und einer jeden Geschäftsleiterin dar, die in allen Unternehmen zu erfüllen ist. Die Geschäftsleitung muss alle erforderlichen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Regelverstöße möglichst zu verhindern, die eingeleiteten Compliance-Maßnahmen zu kontrollieren sowie Fälle von „Non-Compliance“ konsequent aufzuklären und zu sanktionieren.

Die konkrete Ausgestaltung der unternehmensspezifischen Compliance-Maßnahmen liegt dabei grundsätzlich im Gestaltungsermessen der Geschäftsleitung. Mit Blick auf die Wirksamkeit von Compliance-Maßnahmen im Sinne tatsächlicher Regelbefolgung empfiehlt sich allerdings die Beachtung derjenigen Grundanforderungen und Leitsätze, die Rechtsprechung und Rechtswissenschaft zur Beurteilung von Compliance-Fällen entwickelt haben. Hierzu zählen insbesondere die klare Festlegung von Zuständigkeiten auf Ebene der Geschäftsleitung für das Thema Compliance, die systematische Erfassung und Steuerung relevanter Compliance-Risiken, die Beachtung rechtlicher Delegationserfordernisse bei Übertragung von Compliance-Aufgaben, die Organisation von Informations- und Berichtsstrukturen, die Etablierung von Compliance-Regelwerken und Schulungen sowie die Organisation von Kontroll- und Sanktionsmechanismen in Bezug auf Regelverstöße. Zudem müssen die Compliance-Maßnahmen regelmäßig angepasst und aktualisiert werden. Diese Grundanforderungen sind auch bei Compliance-Schulungen zu beachten. Eine Organisationspflicht für Compliance-Schulungen kann bereits aus besonderen gesetzlichen Vorgaben folgen, ist aber auch Bestandteil der Compliance-Pflicht. Ferner muss die Geschäftsleitung Compliance-Schulungen auch deshalb organisieren, um den durch die Gerichte entwickelten Instruktionspflichten zu genügen und eine persönliche Haftung nach §§ 130, 9 OWiG zu vermeiden. In der Rechtsprechung finden sich diverse Fälle, bei denen bereits die unzureichende Anleitung der Mitarbeitenden als Pflichtverletzung der Geschäftsleitung gewertet wurde.

Daher muss die Geschäftsleitung adäquate Vorkehrungen für die Durchführung, die Kontrolle und die Aktualisierung von Compliance-Schulungen treffen. Sofern sie die Durchführung von Compliance-Schulungen (z.B. an Compliance Officer) delegiert, bleibt sie für die sachgerechte Auswahl, Instruktion und Kontrolle der Trainer verantwortlich. Da sich der rechtliche Rahmen für Unternehmen häufig ändert, ist eine kontinuierliche Anpassung und Aktualisierung der Compliance-Schulungen erforderlich. Auch diesen Prozess sollte die Geschäftsleitung organisieren, um Qualität und Wirksamkeit der Schulungen nachhaltig zu gewährleisten. Die ebenso notwendige Dokumentation der Schulungsmaßnahmen sollte Lernkontrollen einschließen, damit bei Compliance-Schulungen (ebenso wie bei anderen Compliance-Maßnahmen) der Nachweis eines „lebenden Compliance-Systems“ gelingt.

Last but not least hängt der Erfolg von Compliance-Schulungen eng mit der gelebten Compliance-Kultur zusammen. Auch hier spielen Geschäftsleitung und Führungskräfte die entscheidende Rolle, denn sie prägen „Tone and Conduct at and from the Top“. Indem sie sicherstellen, dass Schulungen adressatengerecht und praxisorientiert erfolgen und zugleich zugrunde liegende Werte vermittelt werden (Beispiel: Unbestechlichkeit als Grundlage für Anti-Korruptionsregeln) erhöhen sie die Akzeptanz bei den Schulungsteilnehmenden. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Bejahung der Richtigkeit von Regeln durch die Normadressaten eine zentrale Rolle für die Regelbefolgung spielt.

Abbildung 5

Prof. Dr. Martin R. Schulz, LL.M (Yale), ist Rechtsanwalt und Counsel bei CMS in Frankfurt am Main. Ferner ist er Professor für Wirtschaftsrecht an der IU Internationale Hochschule, Erfurt. Er ist Herausgeber und Co-Autor des Handbuchs „Compliance-Management im Unternehmen – Erfolgsfaktoren und praktische Umsetzung“ (3. Aufl. 2025).

Prof. Dr. Martin R. Schulz, LL.M. (Yale)

Mehr zu Schulungen als Element eines effektiven Compliance-Managements, zur Organisation von Schulungen als Bestandteil der Compliance-Pflicht und zur Verankerung von Compliance-Schulungen in der Unternehmensorganisation lesen Sie im ausführlichen Beitrag von Prof. Dr. Martin R. Schulz in Ausgabe 9/2025 des Compliance-Beraters, der am 21. August 2025 erscheint.

CNL 2025 S. 4 (5)

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