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CNL 2022, 8
 

Neue Regeln für große Online-Plattformen

Am 24. März 2022 einigten sich die Verhandlungsführer von Parlament und Rat auf neue EU-Regeln zur Begrenzung der Marktmacht großer Online-Plattformen. Der Digital Markets Act (DMA) wird bestimmte Praktiken großer Plattformen verbieten, die als „Gatekeeper“ fungieren. Dies ermöglicht der Kommission, Marktuntersuchungen durchzuführen und nicht konformes Verhalten zu sanktionieren.

Abbildung 10

WhatsApp? Die größten Messaging-Dienste müssen sich künftig kleineren Anbietern öffnen.

Bisher haben sich Wettbewerbsverfahren gegenüber Digitalunternehmen häufig über Jahren hingezogen. Bis eine rechtskräftige Entscheidung vorlag, war häufig bereits ein unumkehrbarer Schaden für Wettbewerber und Verbraucher entstanden. Der DMA soll nun ein schnelleres und effektiveres Einschreiten der EU-Kommission ermöglichen.

Der vereinbarte Text zielt auf große Unternehmen ab, die sogenannte „Kernplattformdienste“ anbieten, die am anfälligsten für unlautere Geschäftspraktiken sind. Um als „Gatekeeper“ bezeichnet zu werden, müssen diese Unternehmen auch bestimmte Dienste wie Browser, Messenger oder soziale Medien anbieten, die in der EU monatlich mindestens 45 Mio. Endnutzer und jährlich 10.000 Geschäftsnutzer haben.

Die EU-Gesetzgeber einigten sich darauf, dass sich die größten Messaging-Dienste (wie WhatsApp, Facebook Messenger oder iMessage) öffnen und mit kleineren Messaging-Diensten zusammenarbeiten müssen. Nutzer/innen müssen ihre Messengerdienste in Zukunft dann nicht mehr danach auswählen, wo die meisten Freunde und Bekannten sind. Vielmehr sind zukünftig qualitative Merkmale, wie z.B. ein hohes Datenschutzniveau, wettbewerbsentscheidend. Zugleich wird die Wahlfreiheit von kleinen Messengerdiensten und Nutzern gewahrt. Das heißt: Diese können frei entscheiden, ob sie die Funktion anbieten bzw. nutzen wollen. Eine Verpflichtung besteht lediglich für die Dienste der Gatekeeper, wie z.B. WhatsApp.

Für personalisierte Werbung werden strenge Regelungen eingeführt. Gatekeeper dürfen diese nur noch mit Einwilligung der Endnutzer/innen ausspielen. Zugleich wird sichergestellt, dass Nutzer/innen nicht z.B. durch sog. dark patterns (Benutzerschnittstellen-Design, das darauf ausgelegt ist, den Benutzer zu Handlungen zu verleiten, die dessen Interessen entgegenlaufen) in eine Einwilligung gedrängt werden können. Die Regelung kann so dazu beitragen, die Datenschutzgrundverordnung besser durchzusetzen und die Datensammlungswut großer Digitalunternehmen zu begrenzen.

Die Wahlmöglichkeiten für Verbraucher werden gestärkt, indem Gatekeeper verpflichtet werden, ihnen den Wechsel ihrer Standarddienste zu erleichtern. Bisher verwenden zwischen 90 und 95 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer die vorinstallierten Standarddienste wie z.B. den Webbrowser.

Hält sich ein Gatekeeper nicht an die Regeln, kann die Kommission Geldbußen von bis zu 10 Prozent seines weltweiten Gesamtumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr und 20 Prozent bei wiederholten Verstößen verhängen. Bei systematischen Verstößen kann ihnen die Kommission den Erwerb anderer Unternehmen für eine bestimmte Zeit verbieten.

Der Digital Markets Act (DMA) ist Teil eines umfassenden Regulierungspakets für Online-Plattformen, das die EU-Kommission bereits am 15. Dezember 2020 vorgelegt hatte. Außer dem DMA umfasst es das Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act), das die inzwischen 20 Jahre alte E-Commerce-Richtlinie ergänzen und Teile von ihr aktualisieren soll. Über das Gesetz über digitale Dienste wird noch verhandelt. Wenn der endgültige Text verabschiedet wird, werden beide Verordnungen nach kurzer Übergangsfrist unmittelbar in allen EU-Staaten gelten.

chk

 
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