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DSB 2016, 75
Kramer 

„Datenschutz ist schön, aber Sicherheit hat Vorrang“

Abbildung 1

Dr. Philipp Kramer
Chefredakteur
Datenschutz-Berater

Wenn Menschen durch Terroranschläge zu Tode kommen, ist das schockierend und traurig. Natürlich muss es auch darauf ankommen, alles daran zu setzen, das künftig zu verhindern und Täter und ihre Hintermänner zur Rechenschaft zu ziehen. Man ist auch schnell auf der Suche, welche Faktoren neben den Tätern solche Anschläge befördert haben. Und hier ist wieder der Datenschutz ins Spiel gebracht worden, wenn der Bundesinnenminister ruft: „Datenschutz ist schön, aber in Krisenzeiten, und darüber hinaus, und wir sind in Krisenzeiten, hat die Sicherheit Vorrang“. Aus Sicht von uns Datenschützern ist es dann erste Pflicht, der Bevölkerung aufzuzeigen, dass Datenschutz und Sicherheit kein Widerspruch sind, auch wenn Datenschutz mit anderen Interessen (seien sie staatlich oder wirtschaftlich) abzuwägen ist. Bei unternehmerischer Datenverarbeitung ist eine Datenverarbeitung nur zulässig, wenn kein Grund zur Annahme eines überwiegenden Geheimhaltungsinteresses besteht. Und bei staatlicher Datenverarbeitung? Datenverarbeitung ist hier dann zulässig, wenn die Behörde zuständig ist und die Datenverarbeitung erforderlich und verhältnismäßig ist. Damit lässt sich für einen Innenminister eine Menge machen. Sicher, vor allem die Verhältnismäßigkeit setzt Grenzen. Die Grenzen werden allerdings von höchster Stelle, nämlich vom Bundesverfassungsgericht, ausformuliert und haben mit Datenschutz allein wenig zu tun, sondern mit Grundrechten.

Um Täter im Rechtsstaat zur Rechenschaft zu ziehen, stehen die Strafverfolgungsregelungen (wie die Strafprozessordnung) zur Verfügung. Und Datenschutzregeln begleiten die bekannten Grenzen der Strafprozessordnung, die unser Rechtsstaat den Strafverfolgungsbehörden seit Jahrzehnten setzt. Ein Innenminister wird in Krisenzeiten immer wieder einmal das Überschreiten dieser Grenzen fordern, auch um zu erklären, weshalb der Staat Anschläge nicht verhindern konnte. Das ist quasi seine Funktion. Doch bisher fehlt jeder öffentliche Beweis, dass Anschläge durch ein bestimmtes Instrumentarium hätten verhindert werden können. Damit ist der Staat auch heute in der Defensive, nicht der Datenschützer.

Ihr

Dr. Philipp Kramer

 
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